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Der international renommierte Philosoph Byung-Chul Han widmet sich der Schönheit der Erde und der Natur. Ein ungewöhnliches Buch über die Arbeit im Garten, über Jahreszeiten und die Romantik, über ein verändertes Zeitgefühl, Kants "Kritik der reinen Vernunft" und Schuberts "Winterreise".
Eines Tages fasst Byung-Chul Han den Entschluss, sich täglich der Gartenarbeit zu widmen. Drei Frühlinge, Sommer, Herbste und Winter tut er dies. Seinen Berliner Garten nennt er Bi-Won (koreanisch: Geheimer Garten). Je länger er dort verweilt, desto mehr Respekt bekommt er vor der Schönheit der Erde. Er…mehr

Produktbeschreibung
Der international renommierte Philosoph Byung-Chul Han widmet sich der Schönheit der Erde und der Natur. Ein ungewöhnliches Buch über die Arbeit im Garten, über Jahreszeiten und die Romantik, über ein verändertes Zeitgefühl, Kants "Kritik der reinen Vernunft" und Schuberts "Winterreise".

Eines Tages fasst Byung-Chul Han den Entschluss, sich täglich der Gartenarbeit zu widmen. Drei Frühlinge, Sommer, Herbste und Winter tut er dies. Seinen Berliner Garten nennt er Bi-Won (koreanisch: Geheimer Garten). Je länger er dort verweilt, desto mehr Respekt bekommt er vor der Schönheit der Erde. Er erfährt, was Fürsorge bedeutet und dass der Garten, ja jede Pflanze ein eigenes Zeitbewusstsein hat. Er lernt wieder, über die Erde zu staunen, über ihre Fremdheit, über ihre Einmaligkeit. Hans Philosophie des Gartens ist ein Liebesbekenntnis an die Erde und die Natur und ein Aufruf an die Menschheit, sie zu schonen.
Autorenporträt
Byung-Chul Han, Jahrgang 1958, studierte zunächst Metallurgie in Seoul, anschließend in Freiburg im Breisgau und in München Philosophie, deutschsprachige Literatur und katholische Theologie. 1994 wurde er mit der Studie "Heideggers Herz. Zum Begriff der Stimmung bei Martin Heidegger" promoviert. 2000 habilitierte sich Byung-Chul Han an der Universität Basel und war bis 2010 Privatdozent am dortigen philosophischen Seminar. Im selben Jahr wechselte er an die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, an der er bis 2012 als Professor für Philosophie und Medientheorie tätig war. Seit dem Wintersemester 2012 lehrt er Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. 2015 erhielt er Le Prix Bristol des Lumières, 2016 wurde ihm der Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung verliehen. Zu Byung-Chul Hans Forschungsschwerpunkten gehören die Philosophie ab dem 18. Jahrhundert im Allgemeinen, die Ethik, die Phänomenologie, die Ästhetik sowie die Sozial-, Kultur-, Religions- und Medienphilosophie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2018

Vom Seinsmangel des Gänseblümchens

Erkenntnisse auf der Knieschutzmatte: Byung-Chul Han hat drei Jahre lang umgegraben und dabei den Garten als das höchste Schöne entdeckt.

Wenn es dem Buchmarkt an einem nicht mangelt, dann sind das Gartenbücher. Selbstversorgung auf dem Balkon, Aussaattage nach Maria Thun, das Einmaleins des Obstbaumschnitts - zu jedem erdenklichen Thema findet sich was. Nur nicht die Antwort auf die Frage, was das alles soll. Welcher tiefere Sinn steckt darin, sich in seiner Freizeit den Buckel krumm zu machen? Macht Gärtnern glücklich? Wonach sucht der Mensch überhaupt?

Hier wäre die Philosophie gefordert. Leider hat sich seit den Zeiten eines Vergil kein bedeutender Denker mehr mit dem Thema Gartenbau beschäftigt. Folglich ist die Erkenntnis kaum über das "ora et labora" der Klostergemeinschaft hinausgelangt. Unkraut jäten, buddeln, Gießkanne schleppen: Was soll der Geistesarbeiter damit? Soll er den Dreck unterm Fingernagel studieren? Über das geheime Leben des Gänseblümchens sinnieren?

Warum nicht, hat sich der Kulturphilosoph Byung-Chul-Han gesagt und ein Traktat zum "Lob der Erde" verfasst. Die Gänseblümchen in seinem Garten, so erfahren wir, hätten ihn zunächst erfreut, weil sie so schlicht sind. Bald aber habe er entdeckt, dass sie zum Wuchern neigen und den Rasen verdrängen. Also habe er mit allen Mitteln versucht, sie zu entfernen. Im Winter jedoch habe er das Gänseblümchen wieder liebgewonnen, weil seine Blüten so unerschrocken der Kälte standhalten. Bellis perennis, die ausdauernde Schöne, sei eine Blume, "die mit metaphysischem Begehren ausgestattet ist, eine wahre platonische Blume, ein Abbild der Unvergänglichkeit".

Metaphysik, Platon, Begehren - wir sind gleich mittendrin. Der unverzichtbare Zettelkasten fördert in diesem Zusammenhang zutage, dass schon Max Scheler darauf hingewiesen hat, dass Augustinus auf mysteriöse Weise den Pflanzen ein Verlangen zugesprochen habe, "vom Menschen angeschaut zu werden, als geschähe ihnen durch die liebegeleitete Erkenntnis ihres Seins ein Analogon der Erlösung". Der Autor paraphrasiert die Fundstelle auf seine Weise: "Erkenntnis ist nicht Erwerb, nicht mein Erwerb, nicht meine Erlösung, sondern Erlösung des anderen. Erkenntnis ist Liebe. Der liebende Blick, die liebesgeleitete Erkenntnis erlöst die Blume aus ihrem Seinsmangel. Der Garten ist ein Ort der Erlösung."

Der Kritiker Magnus Klaue hat in der Wochenzeitung "Die Zeit" einmal konstatiert, Hans bevorzugte Stilform sei offenbar die der "komatösen Parataxe", also eine erschöpfende Aneinanderreihung kurzer Hauptsätze, bei der Behauptung auf Behauptung folgt, ohne dass sich irgendetwas daraus ergibt. Im vorliegenden Fall dreht es sich alles um den Begriff der Liebe. So erfahren wir, dass Liebe Wärme, ja sogar Herzenswärme ist, die dem härtesten Frost zu trotzen vermag, wie der Autor in einer eiskalten Nacht notiert hat, in der ihm trotz spätem Frost wundersamerweise keine einzige Pflanze, keine einzige Blume erfroren sei, weil er sie gewärmt habe mit seiner Liebe.

So auch im Frühling: "Frühling ist eine besondere Zeit. Im Frühling ist meine Liebe zum Garten besonders groß." Des weiteren: "Ich liebe sehr Blumen, die Schatten lieben. Ohne Schatten ist das Licht kein Licht. Ohne Licht kein Schatten. Schatten und Licht gehören zusammen. Der Schatten formt das Licht." Und Fingerhut, so der nächste Satz, heißt auf Lateinisch Digitalis. Woran sich eine Betrachtung der digitalen Kultur anschließt, die den Menschen zum Fingerwesen verkümmern lässt.

Von Byung-Chul Han wissen wir, dass er 1959 in Südkorea geboren wurde und in Seoul ein Studium der Metallurgie begonnen hat, um sich später in München und Freiburg der Literatur, der Philosophie und der katholischen Theologie zu widmen. Promoviert wurde er mit einer Studie über "Heideggers Herz". Es folgten in kurzen Abständen Monographien über den Tod, den Zen-Buddhismus, die Macht, gute Unterhaltung, Hyperkulturalität, die Kunst des Verweilens, die Müdigkeitsgesellschaft, die Topologie der Gewalt, die Agonie des Eros, digitale Rationalität, Neoliberalismus und die Errettung des Schönen, was dem Autor in gewissen Kreisen den Ruf eingetragen hat, mit ihm sei ein neuer Stern am Philosophenhimmel aufgegangen.

Nach seiner Habilitation lehrte Han als Privatdozent an der Universität Basel, wechselte 2010 an die Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und gab von 2012 an ein Gastspiel als Professor beim Aufbau des Studium Generale an der Universität der Künste in Berlin. Offenbar hat er sich seither gänzlich aus dem akademischen Leben zurückgezogen. Im Klappentext seines neuen Buches heißt es, er habe drei Jahre lang "bis zur körperlichen Erschöpfung" einen Garten in der Nähe des Wannsees umgegraben.

Gleich zu Anfang hat er dabei eine Erleuchtung gehabt: "Es gibt keine biologische Evolution. Alles verdankt sich einer göttlichen Revolution. Ich habe es erfahren. Die Biologie ist letzten Endes eine Theologie, eine Lehre Gottes." Die Knieschutzmatte aus Schaumstoff wird ihm zum Gebetsteppich: "Ich preise Deine Schöpfung, deren Schönheit. Danke! Grazie!" So weit zum Glauben. Was ist mit dem Denken? Das geht so: "Denken ist Danken. Philosophie ist nichts anderes als Liebe zum Schönen und Guten. Der Garten ist das schönste Gute, das höchste Schöne, to kalon." Griechisch kann der Mann also auch.

Nur ein kleiner Schritt noch und man ist bei den unergründlichen Weisheiten des Fernen Ostens angelangt, die dem philosophierenden Gärtner ebenfalls am Herzen liegen. Hat doch bereits Laotse gelehrt: "Die Welt ist wie eine geheimnisvolle Schale. Man kann sie nicht fassen." Das hätte Monsieur Gung aus der "Lindenstraße" kaum besser formulieren können.

Passagenweise liest sich der Text wie eine jener therapeutischen Übungen, bei denen der Patient aufgefordert wird, einfach mal alles hinzuschreiben, was ihm durch den Kopf geht. Das liest sich dann beispielsweise so: "Schneeglöckchen sind echte Winterblüher. Es gibt verschiedene Sorten. Einige sehen wirklich bezaubernd aus." Oder, einmal nicht durch die liebesgeleitete Brille betrachtet: "Überall liegen noch Eichenblätter. Ich hasse sie. Sie verwandeln alles ins Gleiche. (. . .) Sie sind Untote meines Gartens. Unsere heutige Gesellschaft ist wohl auch überwuchert von gleichmachenden Untoten. Der deutsche Neoliberalismus etwa, als eine Art hässlicher Eichenwald aufgefasst, gleicht den untoten Eichenblättern. (. . .) Gerade fällt mir auf, dass in dem Wort Gleiche bereits Eiche enthalten ist."

Und so weiter. Man ist am Ende versucht, dem Autor zwei Ratschläge mit auf den Weg zu geben. Der erste stammt von ihm selbst und lautet: "Wir haben heute zu viel zu sagen, viel zu kommunizieren, weil wir jemand sind. Wir haben sowohl die Stille als auch Schweigen verlernt. Mein Garten ist ein Ort der Stille. Im Garten mache ich Stille." Der zweite ist das, was Studenten der Philosophie im Seminar geraten wird, wenn es ans Schreiben der Hausarbeit geht. Da heißt es: "Ein Essay ist, gut ausgeführt, eine sehr anspruchsvolle Synthese aus wissenschaftlichem Text, reflektierter persönlicher Stellungnahme und Poesie; schlecht ausgeführt verkommt er zum Geschwafel."

JÖRG ALBRECHT.

Byung-Chul Han: "Lob der Erde". Eine Reise in den Garten.

Ullstein Verlag, Berlin 2018. 160 S., geb., 24,- [Euro].

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"Eine euphorische Liebeserklärung, ein radikaler Lobgesang, eine Aneignung - ehrlich, maßlos, mahnend." Hella Kemper ZEITWissen 20180501