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'Silke Scheuermanns Gedichte wagen das Gefühl, sind voller Ideen und extrem leitfähig für unbewusste Bilder.' Hauke Hückstädt, Frankfurter Rundschau'Hör mir zu: dies ist die Zeit, / von der ich dir erzähle: / die träge aus der Zukunft fließende Zeit.' Was Silke Scheuermann in ihrem lang erwarteten neuen Gedichtband Skizze vom Gras beschreibt, ist nichts Geringeres als eine 'Zeit der Auflösung', sie imaginiert das Ende aller Konventionen von Vergangenheit und Zukunft und entwirft Utopien wie diese: 'Es war das Jahr, in dem sie das Ministerium für Pflanzen auflösten.' Ihre Gedichte erzählen von…mehr

Produktbeschreibung
'Silke Scheuermanns Gedichte wagen das Gefühl, sind voller Ideen und extrem leitfähig für unbewusste Bilder.' Hauke Hückstädt, Frankfurter Rundschau'Hör mir zu: dies ist die Zeit, / von der ich dir erzähle: / die träge aus der Zukunft fließende Zeit.' Was Silke Scheuermann in ihrem lang erwarteten neuen Gedichtband Skizze vom Gras beschreibt, ist nichts Geringeres als eine 'Zeit der Auflösung', sie imaginiert das Ende aller Konventionen von Vergangenheit und Zukunft und entwirft Utopien wie diese: 'Es war das Jahr, in dem sie das Ministerium für Pflanzen auflösten.' Ihre Gedichte erzählen von einer neuen, einer 'Zweiten Schöpfung', lassen ausgestorbene Tierarten wieder aufleben - den Dodo, den Höhlenlöwen, den Säbelzahntiger. Eine Skizze ist ein Versuchsfeld, ein Bild, das die Geste der Arbeit noch in sich trägt; es geht um das Einfangen des Flüchtigen. In diesem Sinn sind auch Silke Scheuermanns Gedichte Versuchsfelder, zumal die Science-Fiction-Gedichte, die jene von Nicolas Born Anfang der siebziger Jahre erfundene Genrebezeichnung vom 'utopischen Gedicht' aufgreifen und weiterentwickeln. Die Autorin notiert Historien aus der Zukunft und knüpft dabei an den Verwerfungslinien der Gegenwart an: 'Es ist wahr, man kann zu verträumt sein / zum Überleben.'
Autorenporträt
Silke Scheuermann, geboren 1973 in Karlsruhe, lebt bei Frankfurt am Main. Für ihre Gedichte, Erzählungen und Romane erhielt sie zahlreiche Stipendien und Preise, unter anderem das Stipendium der Villa Massimo in Rom (2009) sowie den Hölty-Preis für Lyrik der Landeshauptstadt und der Sparkasse Hannover (2014). Im Wintersemester 2012/13 hatte sie die Poetikdozentur in Wiesbaden inne. Zuletzt wurde sie mit dem Bertolt-Brecht-Preis 2016, dem Robert Gernhardt Preis 2016 und dem Georg-Christoph-Lichtenberg-Preis 2017 ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.09.2014

Vogelfluglinien
Silke Scheuermann und Jan Wagner mit neuen Gedichten

Die letzte lebende Wandertaube der Welt starb vor hundert Jahren. Als letzte einer aussterbenden Art erhielt Martha von ihren Bewachern und Pflegern vor dem Ableben zum Trost zwar noch einen menschlichen Namen, verendete aber trotz Taufe 1914 im Zoo von Cincinnati. Silke Scheuermann hat dem Tier schon in ihrem ersten, 2001 erschienenen Gedichtband einige Verse gewidmet. Seitdem hat sich in den Naturwissenschaften einiges getan, auch das Klonen ist leichter geworden, so dass Marthas Erbgut nach Plänen von Forschern in wenigen Jahren zum Wiederaufleben der in Nordamerika einst überaus häufigen Tierart beitragen soll.

Die dichterische Darstellung der Natur müsse sich solchen Epochenwenden stellen, sagte Scheuermann in der Historischen Villa Metzler in Frankfurt, in der sie ihren neuen Gedichtband "Skizze vom Gras" vorstellte. Verse aus den vergangenen sieben Jahren sind in dem bei Schöffling & Co. erschienenen Band eingegangen, in dem Scheuermann Martha ein Update in Versen gewidmet hat. "Erschaffen zu werden ist ein Akt der Gnade / Doch wie beschämend kann die zweite Schöpfung sein", heißt es in "Wandertaube", dessen weitere Verse danach fragen, ob Marthas wiederbelebtes Erbmaterial eher für die völlige Andersartigkeit von einst und jetzt steht oder doch eher für "die Lust, erneut da zu sein".

Die Abgründigkeit solcher menschlicher Nebenschöpfungen findet Scheuermann überaus anziehend. Im Gespräch mit Hubert Spiegel, Redakteur im Feuilleton dieser Zeitung, spielt sie daher mit dem Gedanken an Verse über die leuchtenden Schafe, die Wissenschaftler aus Uruguay im vorigen Jahr durch Genmanipulation zum Funkeln gebracht haben. Leuchtende Mäuse, Katzen und Fische gibt es seit der Entdeckung der Erbanlagen für ein grün fluoreszierendes Eiweiß im Genom der Quallenart Aequorea victoria ja schon seit einigen Jahren.

Davon, wie man die unbändige, immer Neues bereithaltende, von den schwarzen Künsten des Menschen mehr und mehr mitgeformte Wirklichkeit in Form bringt, berichtete an diesem Abend auch Scheuermanns Dichterkollege Jan Wagner, dessen "Regentonnenvariationen" gerade bei Hanser Berlin erschienen sind. Auf Vollständigkeit bedacht, wies er darauf hin, dass das Naturgedicht augenblicklich auch im Werk zahlreicher anderer deutschsprachiger Lyriker breiten Raum einnehme - Ron Winkler und Nico Bleutge sind da nur zwei Beispiele von vielen. "Die Natur wird nie aus dem Gedicht verschwinden", sagte Wagner zur Begründung: "Weil sie das ist, was uns umgibt." Dass Scheuermann und er zwei außergewöhnlich schön komponierte Bände mit vielen starken Einzeltexten vorgelegt haben, rechtfertigte den ausschließlich ihnen gewidmeten Doppelabend aber vollauf.

Und da es in beiden Bänden neben dem Werden und Vergehen der Tiere, Menschen und Pflanzen auch um das Werden des Kunstwerks und der Künstlerpersönlichkeit geht, um das Schaffen und Schöpfen auf mehreren Ebenen, war mit beiden Autoren auch darüber zu reden, wie Gedichte zustande kommen, wie sie zu ihrer Form finden. Wagner gefällt es, tradierte Formen Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch jeglichen Regelkanons experimentell einsetzen zu können: "Form bedeutet Freiheit." Fülle man eine vorab gewählte Form allerdings nur auf, werde ganz sicher ein schlechtes Gedicht daraus. Zum Glück gehe es auch anders: "Man kann die Form dazu nutzen, das Gedicht sich auffüllen zu lassen." Ein sprachlich kleiner, künstlerisch aber entscheidender Unterschied. "Die Form übt einen Zwang auf mich aus, der dazu führt, dass das Gedicht mich überrascht."

Die Sehnsucht nach solchen Überraschungen ist durchaus verwandt mit einer Beobachtung Scheuermanns: "Dichtung braucht das Staunen über die Kleinigkeiten", sagte sie, das Bewundern und Beschreiben der Schönheit, auch wenn diese immer seltsamer daherkomme und die Schilderung neuerer Möglichkeiten zur Zweitschöpfung sich wohl stets zwischen Faszination und Schrecken bewegen werde: "Ich schwanke da sehr." Das Schwanken mag daran liegen, dass Dichter ohnehin dauernd und ohne schlechtes Gewissen demiurgisch tätig sind: "Man ist als Dichter der kleine Schöpfer seiner Welt." Blieb nur noch die Frage nach der Schöpfung des perfekten Gedichts, auf die Scheuermann antwortete: "Wenn es mir mehr sagt, als ich je vorhatte." Mal schauen, was Martha sagt, wenn ihr Leben neu beginnt.

FLORIAN BALKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Gern lässt sich Björn Hayer auf Silke Scheuermanns Vision von einer zweiten Schöpfung ein. Das liegt an Scheuermanns nicht ironiefreien Versen, in denen außer vom tristen Miteinander von Mensch und Natur auch vom Streben nach Höherem die Rede ist, wie wir erfahren. Zum andern betört Hayer die Verve und Lichtheit der Texte und der Mut der Autorin, die, wie der Rezensent findet, ohne Scheu Mythisches und Übermenschliches, Altes und Neues zusammenbringt. Damit das gelingt, nutzt die Autorin laut Hayer einen reichen Wortfundus und ein souveränes Schöpfertum, das dialogisch vorgeht, bildgewaltig und trotz aller verhandelten Düsternis von Klimakrise und Artensterben feierlich und beschwingt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.08.2014

Glitter
der Kokosnuss
Silke Scheuermanns neuer
Gedichtband „Skizze vom Gras“
Hier geht es um alles Mögliche, bloß nicht um Aufmerksamkeit. Dagegen spricht schon der Tonfall der Gedichte Silke Scheuermanns: ein inspirierter Redefluss, reich an Assoziationen und Themenwechseln, voller Abbrüche und Sprünge. Die Verse stehen wie in enthusiastischer Konkurrenz zueinander. Jeder für sich allein klanglich und rhythmisch unauffällig und im Andrang der jeweils nachfolgenden Alternativen scheinbar rasch dahingesprochen, führen sie beständig neue inhaltliche Wendungen vor.
  Es ist aufschlussreich, wie Leser und Kritiker diesem Assoziationsstil begegneten, seit er vor dreizehn Jahren mit dem viel beachteten Lyrikdebüt „Der Tag, an dem die Möwen zweistimmig sangen“ der damals 28-jährigen Silke Scheuermann erstmals große Aufmerksamkeit erregte. Innerhalb der häufig ungemein reflexionsbewussten, auf viele unterschiedliche Weisen die Materialität von Sprache mitbedenkenden gegenwärtigen Lyrikszene besetzten ihre prosaisch wirkenden, inhaltsgetriebenen Gedichte eindeutig eine Randposition.
  In der Kritik dagegen wurde immer wieder begeistert hervorgehoben, was für Inhalte das eigentlich waren, die da durch Scheuermanns unverwechselbar springende Sprechweise wie Knallfrösche zusammengebunden wurden. In manchen Fällen wurden lediglich zustimmend einzelne Verse wiederholt, als könnte bereits das die ungleich chaotischere Methode auf den Punkt bringen.
  Auch „Skizze vom Gras“, der neue, vierte Lyrikband der Frankfurter Romanautorin und Dichterin, ist prall gefüllt mit Sentenzen, die ausdrucksvoll flirren vor Adjektiven und Vergleichen: „In meinem Brustkorb funkelt mein Herz wie ein versteckter / Kressesamen, ein Blättchen Löwenzahn.“ Wie hier taucht immer wieder abrupt emotionalisierende Rollenrede auf. Ähnlich kräftige Effekte bringt der ineinandergestauchte Gegensatz von kleinen Privatheitsgefühlen zum großen Ganzen. Waren derartige Großfolien in früheren Bänden etwa griechisches Mythenpersonal oder das Universum beschreibende Theorien, so sind diesmal auch Kresse und Löwenzahn beileibe kein beliebiges Grünzeug.
  Spielerisch ausgerufen wird stattdessen in mehreren der sechs längeren Zyklen so etwas wie eine biologische Kehre. Tieren und Pflanzen wird gleichsam das Du angeboten, oft noch stärker als früher in wie von sich selbst ergriffenem Ton: „Ich zitterte, als ich sagte: Ein Zwergmammut wird / unseren Sohn herumtragen, Sibirische Tiger unsere / Töchter beschützen.“
  Wie ein Gestaltwandler schlüpft die lyrische Rede anderswo in verschiedene symbolisch genommene Pflanzen hinein, von der Rose bis zum Mauerblümchen. Angesungen wurden zuvor ausgestorbene Tierarten: „Du, Dodo, / bist dann rasch verschwunden, in diese andere Welt, / in der Alice ewig versucht, von dir Wunderland-Spiele / zu lernen. Aber uns reicht das nicht, wir wollen / dich wieder.“
  Bedichtet werden sollen so die Möglichkeiten von Sprache, die Zeit zu überwinden – oder aber soll durch den wolkig-speziestischen Dreh irgendetwas anderes angefochten werden, Gattungskonventionen schlechthin etwa oder gar jene schreckerregende Kluft zwischen erster und zweiter Natur? Egal, Süßwasserschwamm drüber; mitsamt aller vorgeführten diffus bedeutsamen Transzendentalflora schillern die Gedichte eben ohne höher zielgerichtete Ausdruckskraft vor sich hin.
  In einer ihrer klugen und einfühlsamen Gedichtinterpretationen für die „Frankfurter Anthologie“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat Silke Scheuermann einmal zustimmend den Dichter Nicolas Born zitiert, der Anfang der Siebzigerjahre über seine „utopischen Gedichte“ sagte, sie sollten den Zuständen der Realität „beunruhigend schöne Vorstellungen entgegensetzen, die offen sind für Träume, Sehnsüchte, für die Möglichkeiten des Glücks“.
  Auch im Klappentext zu „Skizze vom Gras“ wird solches Schreiben als ein Ideal benannt. Aber fast nie leuchtet hinter den vielen unverbunden hübschen Einfällen Silke Scheuermanns auf, welchen Zuständen da eigentlich was für Vorstellungen entgegengesetzt werden. Diese Gedichte spielen lediglich unaufmerksam mit dem Flair von Utopie. Sie sind kokett.
FLORIAN KESSLER
Silke Scheuermann: Skizze vom Gras. Gedichte. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2014. 104 Seiten, 18,95 Euro.
Tieren und Pflanzen
wird hier gleichsam lyrisch
das Du angeboten
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»In Scheuermanns intensiven, gedankenreichen und bisher besten Gedichtbuch Skizze vom Gras (...) konterkarieren immer wieder sarkastische Reflexionen den mitunter hohen Ton der Gedichte.« Michael Braun, Neue Zürcher Zeitung »Je tiefer wir hineingezogen werden, desto deutlicher erweist sich diese Sammlung als eine Kette von Metamorphosen - der Lebewesen, (...) Zeiten und einer bemerkenswert wandlungsfähigen lyrischen Sprache.« Heinrich Detering, Frankfurter Allgemeine Zeitung »Nach dem ersten Lesen nimmt man das Buch immer neu zur Hand und möchte wieder und wieder in diese sprachmächtigen, bildreichen Tiefen eintauchen.« Renate Naber, WDR3 Mosaik »In einer >Zeit der Auflösung Tages-Anzeiger »Mit reflexiver Kraft, aber angenehm unangestrengt, vermisst Scheuermann die gegenwärtige Conditio humana, indem sie gerade das Nichtmenschliche zum Bildspender macht (...). Sehr empfehlenswert.« Wolfgang Schneider, SWR2 Forum Buch »Der Lyrik eine Gasse, hieß es früher, heute begibt man sich mit Scheuermann ins Grüne und freut sich über ihren feinen Wortsinn (...).« Hannes Hintermeier, Frankfurter Allgemeine Zeitung »Ihr vierter Gedichtband verblüfft nun mit leiserenTönen, die umso intensiver klingen.« Dorothea von Törne, Der Tagesspiegel »Skizze vom Gras (...) ist nochmal ein Hinweis auf Flüchtiges, Vorläufiges (...) - was auch auf neue, mehr Gedichte hoffen lässt (...)." Siegfried Völlger, Passauer Pegasus - Zeitschrift für Literatur »Scheuermann lässt mit all ihrer poetischen Wucht ausgestorbene Tierarten wieder auferstehen und proklamiert die zweite Schöpfung.« Björn Hayer, Zeit online…mehr