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Kraftvoll, musikalisch, nachdenklich - neue Gedichte der vielfach ausgezeichneten Lyrikerin
Mehr als zwanzig Jahre schrieb die vielfach preisgekrönte Lyrikerin Ulla Hahn an ihrem vierbändigen autobiografischen Romanzyklus, der 2001 mit dem ersten Band »Das verborgene Wort« eröffnet wurde. Gerade in dieser Zeit holte sie immer wieder Atem in Gedichten, die ihre Prosaarbeit poetisch kommentierend begleiteten. Der hier vorgelegte Band enthält Gedichte aus diesen gut zwanzig Jahren. Wieder erkennen wir Ulla Hahns spielerische Kraft der Worte, mit der sie sich den Erfahrungen der Wirklichkeit…mehr

Produktbeschreibung
Kraftvoll, musikalisch, nachdenklich - neue Gedichte der vielfach ausgezeichneten Lyrikerin

Mehr als zwanzig Jahre schrieb die vielfach preisgekrönte Lyrikerin Ulla Hahn an ihrem vierbändigen autobiografischen Romanzyklus, der 2001 mit dem ersten Band »Das verborgene Wort« eröffnet wurde. Gerade in dieser Zeit holte sie immer wieder Atem in Gedichten, die ihre Prosaarbeit poetisch kommentierend begleiteten. Der hier vorgelegte Band enthält Gedichte aus diesen gut zwanzig Jahren. Wieder erkennen wir Ulla Hahns spielerische Kraft der Worte, mit der sie sich den Erfahrungen der Wirklichkeit stellt. Mit Humor und Fantasie, aber auch mit dem Ernst einer nachdenklichen Zeitgenossin in einer sich dramatisch neu formenden Welt. Gerade die neuesten Gedichte suchen die sprachlich poetische Auseinandersetzung mit Technik und Naturwissenschaften. Es gibt kein Ausweichen vor den großen Prüfungen, denen die Menschheit gegenübersteht - und doch sind diese Gedichte nicht zuletzt Statements und Ermutigung zur Freude am Leben: »Die Welt hört nicht auf zu beginnen.« (Ulla Hahn)
Autorenporträt
Ulla Hahn, aufgewachsen im Rheinland, arbeitete nach ihrer Germanistik-Promotion als Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten, anschließend als Literaturredakteurin bei Radio Bremen. Heute feiert sie mit ihren vier Hilla-Palm-Romanen große Erfolge; ihre schriftstellerische Karriere begann sie als Lyrikerin. Schon ihr erster Gedichtband, »Herz über Kopf« (1981), wurde hochgelobt und fand viele begeisterte Leserinnen und Leser. Ihr lyrisches Werk, versammelt in »Gesammelte Gedichte« (2013), wurde u. a. mit dem Leonce-und-Lena-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg ausgezeichnet. In »stille trommeln« legt sie bisher unveröffentlichte Gedichte aus den vergangenen zwei Jahrzehnten vor.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Harald Hartung scheint Ulla Hahns Wendung zum religiösen Bekenntnis und zur Weltfrömmigkeit in diesem Gedichtband mit hochgezogener Braue zu betrachten. Dass der künstlerische Aspekt der Lyrik hier zugunsten eines theologisch-metaphysischen Inhalts zurücktritt, wie er schreibt, möchte er aber auch nicht verurteilen. Stärker scheinen ihn auch die Gedichte im Band zu berühren, die sich Erfahrungen von Alter öffnen und einer in die Jahre gekommenen Paarbeziehung widmen. Oder wenn Hahn Eichendorff auf Asyl und Mozart auf Mercedes reimt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2021

Das Handwerk
des Entmauerns
Neue Gedichte aus zwanzig
Jahren von Ulla Hahn
Begeistert hat das Lesepublikum die Aufstiegs- und Entfremdungsautobiografien von Annie Ernaux und Tove Ditlevsen (wieder-)entdeckt. In der ebenfalls enthusiastischen literaturkritischen Rezeption wurde indes selten darauf hingewiesen, dass es ein Äquivalent im deutschen Sprachraum gibt: die „Hilla-Palm-Saga“, Ulla Hahns vier autobiografische Romane, die zwischen 2001 und 2017 erschienen und auf 2500 Seiten den Weg eines katholischen Arbeiterkindes aus einer rheinischen Kleinstadt nachzeichnen. Aus dem „Kenk vun nem Prolete“ wird eine Germanistin, Redakteurin und Dichterin. Die vier Romane durchweht ein breiterer epischer Atem als die Bücher von Ernaux und Ditlevsen, sie schreiben auch eine Sozial- und Gesellschaftsgeschichte der jungen Bundesrepublik. Ihr Erfolg knüpfte an den der Bestseller-Lyrikerin Ulla Hahn an. Denn das war sie bis dahin vor allem, seit dem Debüt „Herz über Kopf“ 1981 eine vielgeliebte, aber auch gern geschmähte Dichterin.
Die massive Protektion durch den „Entdecker“ Marcel Reich-Ranicki hatte ihr so genützt wie geschadet. Und die Kritik gespalten: Wo die einen sich am spielerischen Temperament, an der lockeren Formensprache erfreuten, nahmen die anderen gerade an Leichtigkeit und Zugänglichkeit Anstoß und schalten sie banal. Zehn Bände Gedichte liegen inzwischen vor, gesammelt in einem 880 Seiten starken Band, der 2013 erschienen ist.
Gedichte finden sich immer wieder auch in den autobiografischen Romanen. Im letzten, „Wir werden erwartet“, schildert die Autorin die Geburt der Lyrik aus dem Ungeist germanistischer und Polit-Prosa. Auf der Rückseite von Entwurfsblättern ihrer Dissertation oder Pamphleten gegen „Mietpreiswucher und Bodenspekulation“ fanden sich, im Zuge der autobiografischen Spurensuche, mit Kuli hingekritzelte Verse. Einer dieser Versuche, „dieser herrliche Traum / Trakl Traum“, ein geradezu minimalistischer Text, steht auch in dem neuen Band „stille trommeln“, der „Neue Gedichte aus zwanzig Jahren“ versammelt, aber eben auch Fundstücke aus den Siebzigerjahren, als die Autorin für die DKP agitierte.
Die neuen Gedichte begleiten die Erinnerungsarbeit, gehen aber auch neue Wege. Einer führt zur Naturwissenschaft, mit der sich die Autorin lesend, staunend, nachdenkend und –dichtend seit einiger Zeit beschäftigt. Vertrauter fühlt sich die Lyrikerin bei den Themen Liebe, Alter, Vergänglichkeit und in der poetischen Reflexion des eigenen Tuns. In den Liebesgedichten erscheint der Tod am Horizont: Zeigt ihr der Geliebte den Sonnenstrahl auf einer Rose, fällt ihr zugleich dessen „dünner werdender Finger“ auf. „Im Nacken / sitzt der Tod und kitzelt / die Wörter aus mir raus“, schreibt sie und über den unverminderten Lebenshunger, „je schäbiger dieser seidene Faden / mit dem wir am Leben hängen“.
Das Dichten war Ulla Hahn schon immer dichterisches Sujet, die Verwunderung über das, was da unter ihren Händen entsteht, wenn Verse „die Mauer einreißen / zwischen Ding und Wort“. Auch im neuen Band mustert sie immer wieder erstaunt dieses Handwerk des Entmauerns. Ihre Werkzeuge: sich ebenso vom Klang wie vom Sinn leiten zu lassen. Ein Verb auf zwei Substantive zu beziehen und so mehrdeutig zu machen – „Zeit rinnt Sand“ . Neue anstelle der gewohnten syntaktischen Bezüge zwischen den Wörtern zu spannen. Binnenreime in den Zeilen oder diskrete Reime weit über die Zeilen hinweg. Produktive Kontraste zwischen strenger Formvorgabe und lockerem Ton (in den „Liederlichen Sonetten“). Überhaupt das Spiel mit Tradition und Vorbildern: Hölderlin spendet das Motto, an Inger Christensen ergeht ein Gruß, Trakl, Erich Fried, ja sogar Ernst Jandl geistern umher. Benns „Reisen“-Gedicht wird parodiert und sein Dichter gleich mit: „Lesen Sie lieber vom alten / Benni nochn Gedicht / Der sagt Ihnen was zu allen / Zeiten immer besticht“.
Der romantische Dichter traf, wie Eichendorff formulierte, das Zauberwort, und die Welt hob an zu klingen. Bei der manchmal neoromantischen Ulla Hahn ist es das Zauberwort, das den Dichter trifft, er ist passiv, ein Verrückter, der zu lallen beginnt. Die sanfte Respektlosigkeit, mit der die heute 75-jährige der Welt, dem Leben und dem Tod gegenübertritt – bei allen gelegentlichen hymnischen Aufschwüngen -, die spart auch die eigene Position nicht aus.
MARTIN EBEL
Die Dichterin Ulla Hahn, 1945 im Sauerland geboren.
Foto: Julia Braun
Ulla Hahn: Stille
Trommeln. Neue Gedichte aus zwanzig Jahren.
Penguin, München 2021. 208 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2021

Sterne über einer Poetin vor dem Erwachen
Neue und selbst vergessene Gedichte von Ulla Hahn

Ziemlich zu Anfang ihres neuen Gedichtbandes bringt Ulla Hahn ein kleines, anrührendes Gedicht, das ganz anders ist als alle anderen. Es ist im rheinischen Dialekt geschrieben und geht so: "Bis hück han isch misch / dat nit jetraut / en Jedischt in minger Moddersproch / Jo in de dicke Bööscher / do dürfe se Kölsch kalle / de kleene Lück /Un dat Kenk vun nem Prolete / kallt Huhdüksch / op Kölsch."

Ulla Hahn stimmt hier ihre "Monnemer Melodie" an. Im rheinischen Monheim hat sie Kindheit und Jugend verbracht. Das "Kind eines Proleten" ist auf dem zweiten Bildungsweg zu Abitur und Studium gekommen. In diesem Gedicht traut sie sich an die "Moddersproch" als Gedichtsprache heran. Mehr noch: So etwas wie die dicken Bücher, in denen die kleinen Leute Kölsch reden, kann sie auch schreiben. Nach einigen Gedichtbänden hat sie vier solcher Bücher herausgebracht: Zwischen 2001 und 2017 erschien ihre autobiographische Romanfolge, die die Heldin Hilla Palm aus einer proletarischen Kindheit in die bürgerliche Hochkultur führt.

Mit dieser Tetralogie hat Ulla Hahn ihren Ruhm als Lyrikerin, zumindest ihren Erfolg, überflügelt. Das heißt nicht, dass nun keine Gedichte mehr entstanden wären. Sie begleiteten ihre Hauptkomposition. Die "neuen Gedichte aus zwanzig Jahren" nehmen sich durch ihren Titel zurück. Es sind "stille trommeln": "stiller schnee / stille trommeln/ stille silben." Ein anderes Gedicht beginnt mit dem Imperativ: "Lies die Stille / sie ist die Schrift / deiner Seele."

Im Nachwort zu ihrem Band erwähnt die Dichterin auch noch frühere, vergessene Texte, die sich in einem Keller fanden. Es sind von Matrizen gedruckte Flugblätter aus den frühen siebziger Jahren - "gegen Großkapital, für Frieden, demokratischen Fortschritt und Sozialismus". Und was stand auf der Rückseite der alten Papiere? "Gedichte, mal eben mit Kuli hingekritzelt." Auf der Rückseite eines Flugblatts gegen "Miethaie" wird Abel angerufen: "Lass deinen Bruder Kain / Zu deinem Hüter werden / Bleibe du der seine." Und "dieser herrliche Traum / Trakl Traum", den Ulla Hahn in ihre Sammlung aufnahm, zeigt, dass die verdrängte Poesie ihrem Erwachen entgegenträumte.

Im Zentrum der späten Gedichte aber stehen nicht solche Reprisen aus engagierten Jugendjahren, sondern die Erfahrungen von Alter und Vergänglichkeit. Es sind oft die Erfahrungen eines Paares, das um das Vertrauen in seine Gemeinsamkeit kämpfen muss. Das privilegierte Dasein, das man "hinter / grünüberwachsenen Mauern / selbander" lebt, ist durchaus prekär. Das lyrische Ich, das den Partner mit der "blauen Tasse der Zuckerdose mit Raffaels Engeln" erwartet, ruft fast flehentlich "Vertrau mir / Nichts /wirst du vermissen / Alles ist wieder da." Was man früher spätbürgerlichen Komfort genannt hätte, wird in seiner Finalität erkannt. Der seelische "Kontostand" geht ins Negative, der seidene Faden, "mit dem wir am Leben hängen", wird immer schäbiger. Politische Hoffnungen, gesellschaftliche Perspektiven sind kaum in Sicht, sieht man ab von der medial vermittelten Teilnahme an denen, "die jetzt in Schlauchbooten / verrecken".

Und die gesellschaftsübergreifende Perspektive? Hans Carossa, den Ulla Hahn in ihrer Jugend gewiss gelesen hat, sah noch die Sterne "vollständig überm Land". Auch bei Ulla Hahn gibt es sie noch, da heißt es sogar: "Sterne stehen über Deutschland." Aber wie passen sie zueinander? Da klingen Sterne wie "Mozart und Mercedes", werden "Eichendorff und Asyl" satirisch miteinander verbunden, und es gibt sogar "Sterne die riechen nach Gas". Der Gedichtschluss bringt ein eigentümliches Resümee: "Da sind Sterne hoch über Deutschland / jede Nacht jeden Tag zwischen Venus und Mars / miteinander verbunden im Malus Paradisi." Die Wendung erscheint weniger rätselhaft, wenn man an den Doppelsinn von "malum" (Übel) und "malus" (Apfel) denkt. So schlägt Gesellschaftlich-Politisches in Theologisch-Metaphysisches um. Ist der Paradiesapfel mit seiner Sündenthematik eine zentrale Allegorie für die Lyrik Ulla Hahns?

Ein Sinn fürs Kosmische, ja etwas wie Weltfrömmigkeit durchzieht die späten Gedichte der Ulla Hahn. Die Autorin kommt gern auf Vorstellungen der Naturwissenschaft zurück. Im Nachwort spricht sie von einer Wende ihres Weltbilds: "Ich begriff mich immer mehr als Teil eines Ganzen, größer als alles, was ich mir bisher vorstellen konnte. Und begriff: Ich - das ist ein Teil und das Ganze zugleich." Diese Ineinssetzung von Ich und Welt erlaubt es der Autorin aber auch, Welt und Wissenschaft zu poetisieren, ohne ins Technoide zu geraten.

So werden religiöse Bekenntnisse möglich. Das letzte Gedicht des Bandes beschwört "Gott Adonai Buddha Allah" und häuft ein Arsenal der Lobsprüche auf, den "Geburtstag der Sonne / des Lebens und der Liebe und der Lieder". Der artistische Aspekt der Lyrik tritt zurück. Der Inhalt entscheidet. Ulla Hahn bekennt: "In den Gedichten suche ich, versuche ich Antworten." Und sie sucht Leser - möchte man ergänzen -, die nach Antworten suchen.

HARALD HARTUNG

Ulla Hahn: "stille trommeln". Neue Gedichte aus zwanzig Jahren.

Penguin Verlag, München 2021. 202 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Diese neue, beglückende Lyrik-Sammlung. ... Vertiefen wir uns einmal mehr in das Werk dieser Könnerin, die eine der Besten ihres Fachs geblieben ist.« Hamburger Abendblatt, Thomas Andre
Rezensent Martin Ebel schätzt Ulla Hahn als Romanautorin wie als Lyrikerin. Die versammelten Gedichte aus über 20 Jahren zeigen ihm, dass sich Hahns "Erinnerungsarbeit" auch auf die Lyrik erstreckt, daneben auf Naturwissenschaftliches und auf das eigene dichterische Tun. Liebe und Tod sind weitere Themen, die Ebel ausmacht und die Hahn laut Rezensent klang- und sinnsensitiv bearbeitet. Angetan scheint der Kritiker nicht nur von Hahns Faible für starke Kontraste, sondern auch von ihrer produktiven "Respektlosigkeit" dem Leben und dem Tod gegenüber.

© Perlentaucher Medien GmbH