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Dieses Buch lässt 13 hochkarätige und couragierte Frauen aus Afghanistan in Textbeiträgen und Interviews zu Wort kommen. Sie schreiben über berufliche und gesellschaftliche Errungenschaften als Programmiererin, Filmemacherin, Politikerin, Journalistin u.a.m.; sie berichten über die Angst und den Schmerz vor dem drohenden Verlust der Heimat, aber vor allem über das, was die Mädchen und Frauen vor Ort schon jetzt verloren haben: Freiheit, Selbstbestimmung, Lebensfreude.
Entstanden ist ein aufrüttelndes Buch, verbunden mit dem Appell, afghanische Mädchen und Frauen nicht zu vergessen und sich
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Produktbeschreibung
Dieses Buch lässt 13 hochkarätige und couragierte Frauen aus Afghanistan in Textbeiträgen und Interviews zu Wort kommen. Sie schreiben über berufliche und gesellschaftliche Errungenschaften als Programmiererin, Filmemacherin, Politikerin, Journalistin u.a.m.; sie berichten über die Angst und den Schmerz vor dem drohenden Verlust der Heimat, aber vor allem über das, was die Mädchen und Frauen vor Ort schon jetzt verloren haben: Freiheit, Selbstbestimmung, Lebensfreude.

Entstanden ist ein aufrüttelndes Buch, verbunden mit dem Appell, afghanische Mädchen und Frauen nicht zu vergessen und sich zu solidarisieren, denn sie haben wie wir ein Recht auf ein freies Leben in Würde. Ein Recht, für das wir an ihrer Stelle in der freien Welt kämpfen müssen, denn Afghanistan ist nur geografisch weit weg. Radikale Ideen kennen keine Grenzen.

Mit einem Vorwort von Margaret Atwood und Gastbeiträgen von Theresa Breuer, Dr. Inge Haselsteiner, Susanne Koelbl, Düzen Tekkal und Prof.Dr. Maria Wersig.
Autorenporträt
Nahid Shahalimi wurde 1973 in Afghanistan geboren, floh 1985 mit ihrer Mutter und ihren Schwestern über Pakistan nach Kanada, wo sie u. a. bildende Kunst und Politik studierte. Seit 2000 lebt sie mit ihren Töchtern in München, wo sie als Künstlerin, Filmemacherin, Aktivistin und Autorin tätig ist. 2017 erschien ihr Buch Wo Mut die Seele trägt. Wir Frauen in Afghanistan, für das sie über Jahre in ihr Heimatland reiste, um mit mutigen Frauen über deren Projekte, Ziele und Zukunftswünsche zu sprechen. 2018 erschien ihr preisgekrönter Dokumentarfilm We The Women of Afghanistan: a silent revolution über Frauen in Afghanistan. Sven Koch, geboren 1967, studierte Komparatistik in München. Seit 1994 ist er als Redakteur und Übersetzer tätig. Margaret Atwood , geboren 1939 in Ottawa, gehört zu den bedeutendsten Erzählerinnen der Gegenwart. Ihr Roman Der Report der Magd erschien zu einer Zeit, als man sich nicht vorstellen konnte, dass Frauenrechte im 21. Jahrhundert noch und wieder derart unterdrückt werden würden. Sie wurde mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Margaret Atwood war Teil des Buch- und Filmprojekts 200 Frauen. Was uns bewegt, erschienen 2017 im Elisabeth Sandmann Verlag. Sie lebt in Toronto.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.12.2021

Erloschene Träume
Sie waren Sängerinnen, Politikerinnen, Unternehmerinnen. Dann kamen die Taliban. In einem Buch sprechen Afghaninnen über den Verlust ihrer Heimat
Sie gaben ihr eine schusssichere Weste. „Wenn sie hierhin schießen, wird mir nichts passieren“ – Aryana Sayeed dreht sich zur Kamera, deutet auf ihre Brust und zieht die Weste zu, bevor sie sich auf den Weg ins Fernsehstudio macht. „Es sei denn, sie schießen mir gleich in den Kopf.“ Sayeed, 36, ist Sängerin, Moderatorin, war Jurorin bei „The Voice of Afghanistan“. Bis zum 15. August 2021, der Machtübernahme der Taliban. Seither sind Frauen wie sie aus der Öffentlichkeit verschwunden. Sayeed ist eine der Frauen von Afghanistan, denen die Münchner Künstlerin und Aktivistin Nahid Shahalimi jetzt ein Buch und einen Kurzfilm gewidmet hat. Sie führte Videointerviews, ließ sich Fotos und Tagebuchnotizen schicken, zum Teil waren die Frauen da schon auf der Flucht. Aber sie wollen nicht schweigen.
„Es gibt Hunderte Frauen, die dieses Land in den vergangenen 20 Jahren geprägt haben“, sagt Nahid Shahalimi an diesem verschneiten Novembermorgen, als sie im Büro ihrer Münchner Verlegerin Elisabeth Sandmann sitzt. „Politikerinnen, Ärztinnen, Journalistinnen und Richterinnen, Künstlerinnen, Unternehmerinnen, Ingenieurinnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass deren Lebenswerk einfach so vernichtet wird.“ Deshalb dieses Buch, in wenigen Wochen nach dem Umsturz entstanden, Titel „Wir sind noch da“.
Da ist Fauzia Kofi, zuletzt Parlamentsabgeordnete. „In der ersten Runde der Kandidatur sprachen die Leute darüber, wie ich mich kleidete, mit wem ich sprach, wie meine Schals aussahen oder ob ich Lippenstift trug“, erzählt sie. Am Ende wurde sie Vizepräsidentin des Parlaments. Sie brachte Gesetze zum Schutz von Frauen auf den Weg und verhandelte schon mal in Doha mit Taliban-Vertretern. Jetzt ist sie im Exil.
Da ist Razia Barakzai, studierte Politikwissenschaftlerin. In den Tagen nach dem 15. August rief sie die Frauen in Kabul zu Protesten auf. Sie hatte sich am Morgen von ihrer Familie verabschiedet, nicht wissend, ob sie am Abend zurück kommen würde und stellte sich mit Transparenten vor die bewaffneten Männer. Sie lebt inzwischen versteckt an einem unbekannten Ort.
Da ist die junge Journalistin Fatima Hossaini, die Shahalimi ein Foto-Tagebuch ihrer letzten Tage in Kabul schickte. Am Samstag traf sie sich noch mit Freundinnen in einer Bar und schmiedete Pläne für die kommende Woche – und als sie am Sonntag aufwachte, standen die Taliban in den Straßen. Ihre Zukunft war zerplatzt wie eine Seifenblase, ihr Leben bedroht. Weil sie eine Frau ist. Weil sie eine Kamera besitzt. Sie kämpfte sich durch die Menge zum Flughafen und konnte mit einer französischen Militärmaschine ausreisen. Ihre Freundinnen blieben zurück. Das Entsetzen steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Fast vier Monate ist der Umsturz in Kabul jetzt her, und mit jedem Tag wächst die Verzweiflung. Nahid Shahalimi spricht schnell, schaut immer wieder auf ihr Handy, es kommen Nachrichten aus Kabul, aus Herat, aus Montreal und Washington. Sie war elf Jahre alt, als ihre Mutter mit ihr 1985 aus Afghanistan floh, über Pakistan bis nach Kanada. Sie studierte Kunst und kam vor 20 Jahren nach München, wo ihre beiden Töchter geboren sind. Doch Afghanistan ließ sie nie los. Seit 2011 reiste sie immer wieder in das Land ihrer Kindheit, oft mehrmals im Jahr, führte Interviews, fotografierte und filmte. 2017 erschien ihr Buch „Wo Mut die Seele trägt. Wir mutigen Frauen in Afghanistan“. Danach konnte sie nicht mehr einreisen. Zu gefährlich.
Aber die vielen anderen, die jeden Tag für ein Stückchen mehr Freiheit kämpften, die schusssichere Westen anzogen, die Schikanen ertrugen, die Anschläge überlebten und am nächsten Tag einfach weiter machten – „all diese Frauen dürfen wir jetzt nicht allein lassen“, sagt Shahalimi. „Wir sind keine Opfer. Wir brauchen kein Bedauern, wir brauchen Solidarität.“
Und es ist ja nicht so, dass sie nicht gewarnt hätten. Shahalimi nimmt ihr Smartphone zur Hand, startet einen Film. Auftritt Maryam Safi am 8. März 2018, vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. Da sitzt eine Frau mit Kurzhaarschnitt und Jackett und warnt vor dem Vormarsch der Taliban auf dem Land. Safi lehrte Politik an der American University of Afghanistan, verfasste empirische Studien über die Entwicklung der Zivilgesellschaft, verhandelte selbst schon mit Talibanvertretern. Vor der UNO berichtet sie von der Gewalt gegen Frauen und Kinder, vom wachsenden Einfluss des Haqqani-Netzwerks, einem besonders radikalen Flügel der Fundamentalisten.
Auch Nahid Shahalimi war an diesem Tag in New York dabei, ebenso in Brüssel, in Genf, immer wenn es wieder mal um die Lage in Afghanistan ging. „Doch wir stießen auf taube Ohren.“ Frauen seien als lästige Einmischung bei den Konferenzen betrachtet worden. Stattdessen verhandelten die Amerikaner schon damals mit den Taliban über einen Friedensprozess. „Und wozu hat es geführt? Es gibt keinen Friedensprozess ohne Frauen.“ Die 48-Jährige blickt kurz aus dem Fenster, wo dicke Schneeflocken vorbei treiben. „So viele ,Experten‘ sprechen über uns und unser Land. Seit Jahren. Aber Expertisen aus erster Hand bekommen sie von uns.“
Es gab im afghanischen Parlament eine Frauenquote, der Anteil weiblicher Abgeordneter war fast so hoch wie im deutschen Bundestag: beinahe 30 Prozent. Politikerinnen waren regelmäßig im Fernsehen zu sehen. Journalistinnen drehten Reportagen über den Fortschritt im Land. „Aber in ausländischen Medien wiederholten sich die Bilder von Bomben und Panzern, von bärtigen Männern und verschleierten Frauen“, findet Shahalimi. Manchmal im Laufe dieses Gesprächs füllen sich ihre Augen mit Tränen. Jetzt wird in Doha wieder verhandelt. „Und wieder sitzen da weiße Männer in goldenen Fünf-Sterne-Hotels und reden mit anderen Männern, die vor Kurzem noch zu den meist gesuchten Terroristen zählten. Aber es geht dabei auch um unsere Körper, unsere Freiheit, unser Leben.“ Die Taliban seien abhängig von internationaler Anerkennung, „also zwingt sie dazu, ein paar Frauen am Tisch zu akzeptieren.“ Es gehe nicht darum, einen westlichen Lebensstil nach Afghanistan zu bringen. Viele Afghaninnen wollten ihr Kopftuch nicht ablegen. „Warum auch? Demokratie bedeutet nicht, seine kulturelle Identität aufzugeben. Wir müssen nicht vom Westen lernen, was Selbstbestimmung und Feminismus bedeuten.“
Sie hält kurz inne und sagt dann plötzlich: „Aber es geht gar nicht nur um Afghanistan. Schau nach Polen, Ungarn, nach Texas, in die Türkei. Wir bewegen uns rückwärts.“ Die Pariser Bürgermeisterin wurde verklagt, weil sie zu viele Frauen beschäftigte. „Da käme viel Geld zusammen, würde man alle ihre Vorgänger verklagen, weil sie nur Männer eingestellt hatten.“
Ihr Netzwerk wächst weiter. Bei den nächsten Afghanistanpodien werden sie wieder vor der Tür stehen. Aber sie werden sich nicht mehr so einfach an den Rand drängen lassen. „Vielleicht werden die Frauen jetzt wieder ins Dunkel gezwungen, vor Blicken versteckt, ihre Talente ihrem Land und ihren Gemeinschaften vorenthalten; aber das, was sie bereits wissen, lässt sich nicht mehr auslöschen“, schreibt Margaret Atwood im Vorwort zu Shahalimis Buch.
MARTINA SCHERF
Die Autorin Nahid Shahalimi hat die Erlebnisse
zusammengetragen.
Foto: Isa Foltin
Aryana Sayeed war Jurorin bei „The Voice of Afghanistan“. Nach der Machtübernahme der Taliban konnte sie das Land in letzter Minute verlassen.
Foto: privat
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

In einer Mehrfach-Besprechung zu aktueller Afghanistan-Literatur stellt die Anglistin Jasamin Ulfat-Seddiqzai auch diesen Band der afghanischen Künstlerin Nahid Shahalimi vor, der Politikerinnen, Journalistinnen und Künstlerinnen mit eher persönlichen Erfahrungen zu Wort kommen lässt. Interessant und eindrücklich findet Ulfat-Seddiqzai diese Einblicke in das alltägliche Leben, zu Armut, Mangelernährung und Verzichtskultur. Nur die Sängerin Aryana Sayyed fällt der Rezensentin zufolge aus dies Reihe bewundernswerter Frauen heraus: Dass Sayeed auch Konzerte für Warlords oder Drogenbarone gibt und kritische Journalisten bedrohen lässt, wie sie weiß, behagt ihr ganz und gar nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Der eindringliche Appell dieses Buches: Wir sind da, fragt uns. Ihr redet mit den Taliban in Oslo, sprecht auch mit uns. Ein Appell, der in mir auch noch lange nach der Lektüre nachhallen wird. Die dramatischen Geschichten dieser 13 Frauen - exemplarisch für die vieler anderer Frauen in Afghanistan - haben mich nachdrücklich berührt.« Bettina Flitner ZEIT ONLINE 20220304