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Ravenna, 5. März 493: "Nicht ein Knochen war in diesem Schuft." So kommentierte der Gotenkönig Theoderich seinen Mord an Odoaker, den er gerade mit einem einzigen Schwerthieb aus dieser Welt verabschiedet hatte. Mit dem Ende seines Widersachers war eine Planstelle freigeworden: die des Herrschers über den Westteil des Imperium Romanum. Wer den blutigen Auftakt seiner Regierung miterlebt hatte, konnte schwerlich erwarten, dass es ausgerechnet dem eidbrüchigen, blutbesudelten Theoderich gelingen würde, Goten und Römern zu einer jahrzehntelangen Periode der Ruhe und Stablität zu verhelfen. Dieses…mehr

Produktbeschreibung
Ravenna, 5. März 493: "Nicht ein Knochen war in diesem Schuft." So kommentierte der Gotenkönig Theoderich seinen Mord an Odoaker, den er gerade mit einem einzigen Schwerthieb aus dieser Welt verabschiedet hatte. Mit dem Ende seines Widersachers war eine Planstelle freigeworden: die des Herrschers über den Westteil des Imperium Romanum. Wer den blutigen Auftakt seiner Regierung miterlebt hatte, konnte schwerlich erwarten, dass es ausgerechnet dem eidbrüchigen, blutbesudelten Theoderich gelingen würde, Goten und Römern zu einer jahrzehntelangen Periode der Ruhe und Stablität zu verhelfen. Dieses Buch bietet die spannende Geschichte, wie er es verstand, seine beiden Völker in einer klugen Arbeitsteilung auseinanderzuhalten - die militärischen Aufgaben den Goten, das Zivilleben und das Entrichten der Steuern den Römern. Das Geheimnis seines Erfolgs, das der Autor dieser modernen Biographie überzeugend entschlüsselt, lautete: Integration durch Separation! Auch nach 1500 Jahren istes faszinierend zu verfolgen, wie es Theoderich trotz der großen Konfliktpotentiale - in Glaubensfragen und Kirchenorganisation, zwischen Kriegern und Zivilisten, im Verhältnis zum Kaiser in Konstantinopel und zu den germanischen Königen im Westen sowie angesichts drängender sozialer Probleme - gelang, nach innen wie nach außen Frieden zu halten, aber notfalls auch kompromisslos Frieden zu schaffen.
Autorenporträt
Hans-Ulrich Wiemer lehrt als Professor für Alte Geschichte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Von ihm ist bei C.H.Beck zuletzt erschienen: Alexander der Große (2015).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.06.2018

Wenn Völker wandern
Hans-Ulrich Wiemer erkundet das Erfolgsgeheimnis des Gotenkönigs Theoderich: Integration durch Separation
In wie vielen Bücherregalen steht wohl noch Felix Dahns schwülstiger Roman „Ein Kampf um Rom“? Ende des 19. Jahrhunderts war das Werk des Juraprofessors ein Bestseller, das bis zum Ersten Weltkrieg nicht weniger als 126 Auflagen erlebte. Das Publikum litt mit dem germanischen Volkskönig Theoderich, der dem idealistischen Irrtum verfallen zu sein schien, seine tapferen nordischen Krieger mit den effeminierten Italienern versöhnen zu können – und grandios scheiterte.
Die Deutschen liebten einst Theoderich, den sie den Großen nannten und an dessen Schicksal die mittelalterliche Heldensage um den heimatlosen König Dietrich von Bern erinnerte. Die Goten wurden als Germanen bezeichnet, die wiederum als die ersten Deutschen galten. Also waren die Goten ein deutscher Stamm und Theoderich ein deutscher König. Von dieser einfachen Gleichsetzung hat sich die Forschung längst verabschiedet; sie fragt nach den Bedingungen der Entstehung gotischer Identität, den Ursachen politischer und sozialer Kohäsion und den gemeinsamen sprachlichen, kulturellen und religiösen Charakteristika gotischer Großgruppen.
Theoderich begann seine Karriere als Warlord, oder, wie Hans-Ulrich Wiemer in seiner glänzenden Biografie formuliert: als „Anführer einer Gewaltgemeinschaft“, die im Gefolge des Hunnen Attila das westliche Europa plünderte. Nur Beute und Tribute garantierten das Überleben, eröffneten aber keine langfristigen politischen Perspektiven. Der Führer eines mobilen Kriegerverbandes bemühte sich viele Jahre vergeblich, vom römischen Kaiser die Anerkennung als Verbündeter zu erhalten.
In der Hauptstadt Konstantinopel versuchten die Monarchen, die verschiedenen gotischen Verbände gegeneinander auszuspielen, brauchten andererseits aber wiederum deren militärische Schlagkraft, um sich gegen politische Konkurrenten durchzusetzen. So stieg Theoderich zum Heermeister auf und trat am 1. Januar 484 sogar das ordentliche Konsulat in Konstantinopel an.
Doch die Intrigen nahmen kein Ende, Stabilität kehrte nicht ein. Als der oströmische Kaiser Zenon seine Zahlungen einstellte, verwüstete Theoderich zunächst Thrakien und zog dann mit seinen Truppen gegen Konstantinopel. Daraufhin lenkte Zenon ein, verhandelte mit dem Gotenführer und entsandte ihn nach Italien, um im Westen des Reiches die imperialen Interessen zu vertreten. Dort herrschte indes der Skire Odoaker, der 476 den letzten weströmischen Kaiser, Romulus, abgesetzt hatte; dieser dachte nicht im Entferntesten daran, freiwillig das Feld zu räumen. Also mussten die Waffen entscheiden. Theoderich setzte seinen Gegner so sehr unter Druck, dass dieser sich schließlich in Ravenna verschanzte. Im Februar 493 schlossen die Kontrahenten einen Vertrag, der beide gemeinsam über Italien regieren ließ. Doch Theoderich wollte keine Versöhnung. Kaltblütig lockte er seinen Rivalen in einen Hinterhalt und hieb den gutgläubigen Odoaker mit einem einzigen Schwertstreich in Stücke. „Nicht ein Knochen war in diesem Schuft“, soll er am 5. März 493 ausgerufen haben.
Italien gehörte nun Theoderich. Bis 526 beherrschte er das Land. Dessen Eroberung hatte die materiellen Voraussetzungen geschaffen, einen marodierenden Kriegerhaufen in ein stehendes Heer zu transformieren. Die materielle Existenz seiner gotischen Krieger sicherte er, indem er sie als Grundbesitzer auf italischem Boden ansiedelte. Loyalität wurde mit Grundrenten entgolten.
Die Gesellschaft, die Hans-Ulrich Wiemer beschreibt, ist uns durchaus vertraut: Kulturell, religiös und ethnisch verschieden, sozial ungleich, politisch zerstritten. Die römische Elite, die einstige Senatsaristokratie, hatte das Vertrauen in die traditionelle Ordnung verloren. Man lebte in der Erinnerung an eine glanzvolle Vergangenheit. Aber wie schaffte es der Anführer einer schlagkräftigen Truppe, die zahlenmäßig weit unterlegen war, eine mehr als dreißig Jahre währende Herrschaft über die Mehrheit der Bevölkerung zu errichten?
Wiemer erzählt die spannende Geschichte eines politischen Systems, das nicht auf „die kulturelle Assimilation und soziale Fusion zwischen Eroberern und Besiegten“ zielte. Die unterlegenen Römer integrierte Theoderich in sein Herrschaftssystem, indem er ihre Privilegien anerkannte und ihnen wichtige Ämter zubilligte. Die römische Elite war nach wie vor für die zivile Verwaltung verantwortlich. Aber die Goten führten die Waffen, das Militär blieb ihre Sache. Als Flavius Theodericus rex trat der erfolgreiche Eroberer das Erbe des westlichen Kaisertums an und orientierte sich in seiner Herrschaftsrepräsentation und Bildsprache am Vorbild der römischen Monarchie.
Das Geheimnis dieser Herrschaft bringt der Erlanger Historiker auf eine einprägsame Formel: Integration durch Separation! Noch nach 1500 Jahren ist es faszinierend zu verfolgen, wie Theoderich über Jahrzehnte hinweg Frieden halten konnte – trotz großer Konfliktpotenziale, die in Glaubensfragen und Kirchenorganisation lagen, in den Differenzen zwischen Kriegern und Zivilisten, im Verhältnis zum Kaiser in Konstantinopel und zu den germanischen Königen im Westen. Doch Theoderich konnte durchaus auch mit harter Hand die Ruhe im Land herstellen: Die Ausübung von Gewalt trug in dieser Epoche des Übergangs von der Spätantike ins Frühmittelalter zur Entstehung und zum Zusammenhalt sozialer Gruppen bei.
Keine revolutionäre Vision leitete Theoderich; er handelte eher konservativ. Sein Heer setzte er mit dem gotischen Volk gleich, definierte eine strikte Arbeitsteilung zwischen den einheimischen Römern und den gotischen Immigranten, und er wollte jede Anpassung der Goten an ihre römische Umwelt verhindern. Das Konzept des „Doppelstaates“ entstand nicht aus idealistischer Überzeugung, sondern aus machtpolitischer Notwendigkeit. Nur so konnte Theoderich seine prekäre Herrschaft sichern.
Schon der englische Aufklärungshistoriker Edward Gibbon hatte am Ende des 18. Jahrhunderts die religiöse Toleranz und die Friedenspolitik des barbarischen Herrschers gepriesen. Wiemer zeigt jedoch, dass Theoderich die Bi-Konfessionalität von homöischen Goten, die glaubten, Vater und Sohn seinen ähnlich, und katholischen Römern aus ganz anderen Gründen akzeptierte: Einerseits verhinderte die konfessionelle Spaltung, dass die Goten in Italien unter den Einfluss der katholischen Bischöfe gerieten. Andererseits fehlten dem König die Mittel, den katholischen Christen seinen Willen aufzuzwingen. Der Gotenkönig erzielte Erfolge, die kein anderer der zeitgenössischen Herrscher im Westen aufweisen konnte. Die Anführer der Vandalen, die Franken, die Burgunder, die Thüringer und die Langobarden blickten voller Neid auf Theoderich. Doch sein Imperium hatte nur zwei Generationen Bestand. 552 zerschlug Justinian, der machtbewusste Kaiser in Konstantinopel, in einer groß angelegten Offensive das gotische Reich in Italien. Weshalb scheiterte die Politik der Integration durch Separation? Wiemer macht verschiedene Gründe namhaft. Theoderich war am Ende seines Lebens außenpolitisch isoliert und fand keine überzeugende Antwort auf den Aufstieg anderer Stämme, vor allem der Merowinger. Er vermochte nicht, die Grenzen Italiens dauerhaft zu sichern. Innenpolitisch drohte die Politik des Ausgleichs zu scheitern. Am Ende seiner Herrschaft wurden berühmte römische Senatoren wie Boethius hingerichtet, der noch in der Haft den Trost in der Philosophie gesucht hatte. Der Tod des eingekerkerten Papstes Johannes machte aus dem toleranten Herrscher einen Christenverfolger. Vor allem aber gelang es Theoderich nicht, eine zukunftweisende Regelung für die herrscherliche Sukzession aufzubauen.
Das Buch ist ein großer Wurf. Es gehört zu den wissenschaftlich und intellektuell herausragenden Werken, die in den vergangenen Jahren in der deutschsprachigen Altertumswissenschaft veröffentlicht wurden. Man sollte Dahns Roman im Regal verstauben lassen und Wiemer lesen.
STEFAN REBENICH
Er lockte seinen Rivalen in einen
Hinterhalt und hieb Odoaker mit
einem Schwertstreich in Stücke
Dieses Buch ist ein großer
Wurf, ein herausragendes Werk
der Altertumswissenschaft
Hans-Ulrich Wiemer: Theoderich der Große. König der Goten, Herrscher der Römer. Verlag C.H. Beck, München 2018. 782 Seiten, 34 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Wie sicherte Theoderich nach dem Mord an Odoaker seine Macht in Italien? Und wer waren die Ostgoten? Die Biografie geht diesen Fragen nach."
ZEIT Geschichte

"Ein Buch, das einfach staunen macht (...) Ein Buch zum Schmökern und Lernen, Geschichte in ihrer besten Form."
WELT, Berthold Seewald

"Wer verstehen will, wie das frühmittelalterliche Europa aus dem spätantiken Imperium Romanum erwachsen ist, kommt an Wiemer nicht vorbei."
Darmstädter Echo, Theodor Kissel

"Wiemers brillant geschriebenes Buch ist eine tiefschürfende Studie über die machtpolitischen Transformationsprozesse einer Schwellenzeit."
Spektrum der Wissenschaft, Theodor Kissel