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Der zweite Teil der großen Geschichte von Siebenbürgen vor dem Ersten Weltkrieg nach "Die Schrift in Flammen", die 2012 erstmals auf Deutsch erschienen ist: Der Erzähler Bánffy, 1921/22 Außenminister von Ungarn, später Staatsangehöriger von Rumänien, schildert die Jahrhundertwende als Zeit sich verschärfender nationaler und sozialer Gegensätze. Der liberale Idealist Bálint Abády verstrickt sich immer tiefer in eine unglückliche Liebesgeschichte; sein Neffe und Freund, der begnadete Musiker László Gyeröffy, geht willentlich und unabwendbar den Weg der Selbstzerstörung. Im Glanz der letzten…mehr

Produktbeschreibung
Der zweite Teil der großen Geschichte von Siebenbürgen vor dem Ersten Weltkrieg nach "Die Schrift in Flammen", die 2012 erstmals auf Deutsch erschienen ist: Der Erzähler Bánffy, 1921/22 Außenminister von Ungarn, später Staatsangehöriger von Rumänien, schildert die Jahrhundertwende als Zeit sich verschärfender nationaler und sozialer Gegensätze. Der liberale Idealist Bálint Abády verstrickt sich immer tiefer in eine unglückliche Liebesgeschichte; sein Neffe und Freund, der begnadete Musiker László Gyeröffy, geht willentlich und unabwendbar den Weg der Selbstzerstörung. Im Glanz der letzten Jahre der Monarchie taumelt die Welt von gestern ihrem Ende entgegen.
Autorenporträt
Miklós Bánffy wurde 1873 in Klausenburg geboren, studierte Jus, leitete von 1912 bis 1918 die Budapester Oper und das Nationaltheater und war 1921/22 ungarischer Außenminister. Zeit seines Lebens setzte er sich für eine ungarisch-rumänische Annäherung ein, 1926 optierte er für die rumänische Staatsangehörigkeit. Er starb 1950 verarmt in Budapest.

Andreas Oplatka (1942-2020) wurde in Budapest geboren und kam 1956 in die Schweiz. Studium der Germanistik und Geschichte in Zürich und Wien. Von 1968 bis 2004 außenpolitischer Redakteur der Neuen Zürcher Zeitung, deren Korrespondent er in Stockholm, Paris, Moskau und Budapest war. Bei Zsolnay erschienen Graf Stephan Széchenyi. Der Mann, der Ungarn schuf (2004), Der erste Riss in der Mauer (2009) und im Herbst 2019 die Biografie über den Dirigenten Adam Fischer Die ganze Welt ist ein Orchester.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.2013

Während sich die Katastrophe zusammenbraut, ist Ungarn mit Nichtigkeiten beschäftigt
Mit dem Heraufziehen des Ersten Weltkriegs verdüstern sich auch die Schicksale der Hauptfiguren: Der zweite Teil von Miklós Bánffys Siebenbürger Trilogie

Es gibt den Mythos des "langen neunzehnten Jahrhunderts", das erst durch den Kriegsausbruch 1914 beendet worden sei. Was davor war, ist entrückte Vorzeit, ein anderer Weltzustand. Aber ist das nicht bloß eine Sichtweise, die sich Epochen nach markanten Jahreszahlen zurechtschneidet? Schließlich war Europa bereits vor 1914 ein "taumelnder Kontinent", um einen Titel des Historikers Philipp Blom zu zitieren. Und viele der Werke, die man den verklärten zwanziger Jahren zuschlägt, wurzeln tief in Vorkriegskonzeptionen. Die Moderne fand längst vor 1914 statt.

Es hängt wohl davon ab, von welchem Ort Europas die Rede ist. Wer Miklós Bánffys transsylvanische Trilogie liest, entstanden am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, erlebt tatsächlich einen Abgesang auf eine jahrhundertferne Welt, was vor allem daran liegt, dass dieses Werk nicht in Paris, London oder Berlin spielt, sondern in Siebenbürgen hinter den sieben Bergen, in einer Märchenwelt des Adels.

Es ist das Panorama einer Oberschicht, die sich wie in einem eleganten Luftschiff hoch über dem Alltag der meisten Menschen bewegt. Auch im zweiten Band "Verschwundene Schätze" finden auf Schlössern opulente Bälle statt, es gibt große Jagdvergnügen, alberne Duelle, leidenschaftliche Intrigen. Die minutiöse Beschreibung der gesellschaftlichen Etikette erinnert von fern an Proust. Seitenlang werden die diffizilen Gründe dafür aufgezählt, dass man von Antal Szent-Györgyi keine Einladung zur Hasenjagd erhält - einer besteht darin, dass jemand Kontakt zum Thronfolger Franz Ferdinand pflegt.

Die adlige Gesellschaft feiert sich dem Ende entgegen. Da bieten zu früher Morgenstunde die Herren ihren erwählten Damen Serenaden vor den Fenstern dar, indem sie eine Zigeunerkapelle aufspielen lassen. Die Polizei kommt hinzu, aber nicht um wegen Ruhestörung einzuschreiten, sondern um die ersten Bauern, die mit ihren Zwiebeln und Hühnern zum Markt unterwegs sind, an den adligen Zechern vorbeizuführen, damit die sich nicht etwa gestört fühlen. Immer wieder wird die Schieflage dieser Klassengesellschaft vergegenwärtigt.

Wie im ersten Band, "Die Schrift in Flammen", dessen Übersetzung vor einem Jahr erschien, steht im Mittelpunkt Bálint Abády, ein junger Weltmann voller Idealismus, der die Verhältnisse in der Provinz bessern will, sich allerdings in den Niederungen der Tagespolitik schwertut. Die Hauptlinie ist die Liebesgeschichte von Abády und Adrienne Uzdy, die im zweiten Band melodramatisch weiterwogt. Pali Uzdy, Adriennes satanisch gezeichneter Ehemann, hat immer beklemmendere Auftritte. Einmal dringt er in Adriennes Schlafzimmer ein, schießt über ihrem Kopf in die Wand und verschwindet wieder mit hämischem Lachen. Schließlich scheint es zum Showdown zu kommen: Uzdy lässt Abády zu sich rufen. Aber dann erläutert er ihm nur stundenlang seine mathematischen Ideen: Er will das Dezimalsystem abschaffen und der Menschheit ein neues Zahlensystem, basierend auf der Zwölferreihe, bescheren. Offenbar wird der Mann langsam verrückt.

Graf Bánffy, 1873 in Klausenburg geboren, war selbst lange Abgeordneter und nach dem Ersten Weltkrieg kurzzeitig ungarischer Außenminister. Diese Involviertheit bringt dem Roman in den politischen Szenen eine Detailwirtschaft ein, die für Nichtungarn strapaziös werden kann, bis hin zur Klage der siebenbürgischen Holzhändler über das Monopol der Firma Eisler beim Verkauf von Eisenbahnschwellen an den Staat - umso schmerzlicher, als es für die Schwellen sonst kaum Abnehmer gibt. Endlos werden Scharmützel zwischen den "Achtundvierzigern" und den "Siebenundsechzigern" geführt, den Gegnern und den Befürwortern des Ausgleichs mit Österreich. Symbolpolitik treibt aberwitzige Blüten, man fordert ein selbständiges Zollgebiet, eine Nationalbank und Ungarisch als Kommandosprache bei der Armee. Rückblickend hat Bánffy hier das größte Versäumnis der ungarischen Politik gesehen: Man war unermüdlich mit Nichtigkeiten beschäftigt, während sich die Katastrophe zusammenbraute.

Mit der Kriegsgefahr (aus Serbien tönt aggressive Rhetorik) wachsen die Einkreisungsängste. Das Deutsche Reich ist umstellt von Bündnissen, Österreich-Ungarn selbst verfügt über keine militärische Schlagkraft. Türkische Frage, bosnische Frage - zu viele Fragen auf einmal. Am Ende dieses Bandes heißt es: "Eine Ära ging hier zu Ende . . . Sie bestand aus lauter Versäumnissen. Was man auf dem Gebiet der Landesverteidigung versäumt hatte, wog am schwersten." Das schreibt im Rückblick gerade kein Nationalist, sondern ein Verfechter des Liberalismus.

Die Engführung von Politischem und Privatem ist eine Kernidee des Werks. So häufen sich mit der Verdüsterung des politischen Horizonts auch die persönlichen Tragödien.

Die Übersetzung von Andreas Oplatka ist genau und geschmeidig. Beeindruckend sind die epischen Naturbeschreibungen, wenn Abády in den Wäldern und Bergen unterwegs ist; auch als Menschenschilderer hat Bánffy einen scharfen Blick. Dennoch fällt der zweite Band erzählerisch gegenüber dem ersten ab; bei der Liebesgeschichte gerät er bisweilen in den Edelkitsch ("Tränendiamanten sammelten sich auf ihren langen Wimpern"). Kurz: Die Höhe von Tolstois "Krieg und Frieden" - eine oft erwähnte Vergleichsgröße - erreicht Bánffys Siebenbürger Trilogie dann doch nicht, so viel ist schon nach dem zweiten Band deutlich, der sich als Übergangsstrecke zum Finale liest.

WOLFGANG SCHNEIDER

Miklós Bánffy: "Verschwundene Schätze". Roman. Aus dem Ungarischen von Andreas Oplatka. Zsolnay Verlag, Wien 2013. 574 S., geb., 27,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Miklós Bánffy wollte mit seiner Siebenbürger Trilogie über die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg ein Mahnmal für künftige Generationen setzen, berichtet Oliver Pfohlmann. Die Bücher, die zwischen 1935 und 1940 in Ungarn erschienen, seien erst vor kurzem für ein größeres Publikum entdeckt worden und auf dem besten Wege, Klassiker zu werden. "Verschwundene Schätze" ist der zweite Teil der Reihe, und selten hat wohl ein Autor einen Roman so sperrig beginnen lassen, warnt der Rezensent: mit einer Parlamentsdebatte, die die verworrene politische Landschaft in Ungarn und Siebenbürgen vor 1914 darstellt. Doch hat man sich durch diese erst einmal durchgearbeitet und ist endlich mit der Armee von Figuren einigermaßen vertraut, dann gewinnt das Buch zusehends an Spannung und Charme, verspricht Pfohlmann. Und der Weg, den Bánffys Protagonist aus der politischen Gleichgültigkeit mitten ins Geschehen seiner Zeit beschreitet, kommt einem plötzlich sehr aktuell vor, findet der Rezensent. Die Großmächte rasseln mit den Säbeln, während die Leute die Abendnachrichten lesen, als ginge sie das alles kaum etwas an, Finanzhäuser verführen mit billigen Krediten Regierungen und ruinieren Volkswirtschaften und das Parlament steht still, weil die Parteien sich gegenseitig blockieren oder kleine Prestigekämpfe austragen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Bánffy ist in seiner Kritik schonungslos, er versucht, eine ganze gesellschaftliche Klasse in ihrer völligen Machtlosigkeit und Nichtsnutzigkeit zu entlarven. Gleichzeitig spürt man, dass er trotzdem eine starke Nostalgie für diese heile und wunderschöne Welt hat. Er schildert diese Welt der Aristokratie mit einer Akribie, die Seltenheitswert hat." György Dalos, WDR5 Scala, 10.04.13

"Miklós Bánffys Roman "Verlorene Schätze" ist ein Meisterwerk der besonderen Art: Der Romancier beherrscht Erzähltechnik und Sprachrhythmus. Auf den über 500 Seiten Lesestoff kommt niemals Langeweile auf, dies deswegen, weil der Autor zwischen fiktionalem Geschehen und ungarischer Historie geschickt zu vermitteln weiß." Andreas Puff-Trojan, BR Diwan, 22.06.13

"Große, packende, klassische Erzählliteratur." Alex Bänninger, Tages-Anzeiger, 10.07.13

"Fein geschliffene Prosa zwischen den Pfeilern einer präzisen Erzählarchitektur - und nach der Lektüre reibt man sich die Augen, verwundert darüber, dass uns dieses Juwel so lange vorenthalten wurde." Cornelius Hell, Der Standard, 22.02.14