Krisen im Kalten Krieg

Cover: Krisen im Kalten Krieg
Hamburger Edition, Hamburg 2008
ISBN 9783936096958
Gebunden, 540 Seiten, 35,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Bernd Greiner, Christian Th. Müller und Walter Dierk. Die regelmäßige Wiederkehr von Krisen gehört zu den Charakteristika des Kalten Krieges: 1948, 1950 -1953, 1956, 1958 - 1961, 1962, 1964, 1966 - 1969, 1973, 1979 - 1981, 1988 - zwanzig Jahre und damit knapp die Hälfte der über vier Jahrzehnte währenden "Systemkonkurrenz" standen im Zeichen akuter politischer und militärischer Konfrontationen. Dass die bloße Existenz von Atomwaffen den Akteuren in Ost wie West Zurückhaltung auferlegte und zu Rücksichten zwang, die man unter anderen Umständen möglicherweise nicht genommen hätte, ist kaum zu bezweifeln. Doch kann die landläufige Rede vom "stabilen Frieden" auf der nördlichen Halbkugel nicht überzeugen. Sie erklärt weder die beiderseitige Risikobereitschaft noch gibt sie Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet in dieser Zeit Krisen wiederholt in kriegsträchtiger Weise eskalierten.
Welche Umstände trugen zur Eskalation von Krisen bei, und wie konnten Konfrontationen eingedämmt und beigelegt werden? Welcher Art waren die Beziehungen zwischen Politik und Militär? Wurde das Krisenverhalten von innenpolitischen Faktoren beeinflusst und wie war es um Handlungsspielräume von Verbündeten und Klientelstaaten bestimmt? Und nicht zuletzt: Welche Kontrolle hatten die Entscheidungsträger über die Entwicklungen, unter welchen Bedingungen wurde eine unbeabsichtigte Dynamik in Gang gesetzt und welche nicht intendierten Gefährdungen gingen damit einher?
Diese Fragen werden anhand von 17 Fallbeispielen aus fünf Jahrzehnten diskutiert: Koreakrieg 1950 - Ostdeutschland 1953 - Ungarn 1956 - Suezkrise - Berlinkrisen 1948/49 und 1958 bis 1963 - Kongo 1960 bis 1964 - Kubakrise 1962 - Operation "Anadyr" - Chinesisch-sowjetische Krisen 1966 bis 1969 - Korea 1968/69 - Prager Frühling 1968 - Jom-Kippur-Krieg 1973 - Polen 1980/81 ? "Able Archer" 1983 - Angola und Namibia 1988. Zu Wort kommen renommierte Historiker, die sich auf neu zugängliches Quellenmaterial stützen und zugleich Anregungen für künftige Forschungen geben.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.12.2008

Rezensent Victor Mauer ist nicht ganz glücklich mit dieser historischen Anthologie zum Kalten Krieg, obwohl manche der Beiträge, die die Herausgeber Bernd Greiner, Christian Thomas Müller und Dierk Walter zusammengetragen haben, durchaus lesenswert sind und mit "guten Analysen" aufwarten. Doch nach Meinung des Rezensenten sehen zu viele Beiträge im "narrativen Dschungel vor lauter Bäumen den Wald nicht ", was dazu führt, dass es dem Leser ähnlich geht. Das Buch, das sich auf eine Tagung des Hamburger Institut für Sozialforschung von 2006 stützt, liefert eine Auflistung aller großen Krisen, die der Kalte Krieg hervorgebracht hat. An denen wird sich jedoch kaum in "analytischen Kategorien" abgearbeitet. Es mangelt dem Band nach Mauers Meinung schlichtweg an einem "geschlossenen analytischen Konzept".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2008

Siebzehn Fallstudien sind in diesem Band versammelt. Experten schildern die Entwicklung internationaler Krisen "von Mitteleuropa bis Ostasien, von Kuba bis Angola" - so fasst es der Rezensent Ulrich Lappenküper zusammen. An den äußersten Rand des Atomkriegs gelangte die Welt im Kalten Krieg nur ein einziges Mal, während der Kuba-Krise, doch dazu erfährt man auch hier nichts revolutionär Neues. In anderen Krisen-Szenarien der Zeit zeigt sich dagegen, so Lappenküper, dass die Konfliktparteien mit der Gefahr der Vernichtung zu jonglieren verstanden und dass eine "Rationalisierung des Irrationalen" weit verbreitet war. Als geschichtswissenschaftlich wichtigste Pointe begreift der Rezensent die für ihn nicht von der Hand zu weisende Einsicht, dass es sehr wohl Individuen, oder jedenfalls enge Zirkel sind, die oft genug Geschichte machen. Als "luzide" lobt er pauschal alle Beiträge des Bandes.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.10.2008

Keinen Grund zur Beruhigung erkennt Rezensent Matthias Becker nach der Lektüre dieses Sammelbandes. Der ihm mit diesen Fallstudien zu den Jahren 1950-1989 in Erinnerung gerufene Umstand, dass die "Krisen im Kalten Krieg" vor allem mit Macht und Prestige zu tun hatten und die Logik der Abschreckung eine kaum kalkulierbare, weil oft von "persönlichen (Karriere-)Interessen" der Militärs und Politiker geleitete war, jagt dem Rezensenten noch immer Schauer über den Rücken. Wie die Krisen nach der Ära Reagan aussahen, darüber erfährt Becker hier leider zu wenig; auch macht er uns auf die unterschiedliche Qualität der Texte (manche seien "akademisch und kleinteilig") aufmerksam. Das entfaltete Panorama scheint ihm dennoch nicht nur für Historiker interessant. Die Erkenntnis, dass mit einer multipolaren Weltpolitik die im Kalten Krieg ausschlaggebenden Interessen keinesfalls vom Tisch sind, so legt Becker nahe, geht schließlich jeden an.