Spätaffäre

Alles muss offenliegen

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
02.06.2014. Zum Gucken: John Carpenters "Dark Star" und Hal Roach. Zum Lesen: Schirrmacher und Sloterdijk sagen uns, wie wir das Netz hätten machen sollen. Zum Lauschen: "Fidelio".

Für die Augen

Gummibälle als Aliens, durchs Weltall surfende Hippies und philosophierende Bomben - vor 40 Jahren brachte John Carpenter seine mit einfachsten Mitteln gedrehte Science-Fiction-Satire "Dark Star" ins Kino, die sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Dem Rolling Stone hat der Regisseur aus diesem Anlass ein großes Interview gegeben, dank CineNet kann man "Dark Star" in voller Länge auf Youtube sehen. (83 Minuten)



Hal Roach, Großmeister der Komödien! Mit Andreas Baums Dokumentarfilm "Hollywoods Spaßfabrik" würdigt Arte die Hollywood-Produzentenlegende, die in rund 50 Jahren über 6000 Filme auf den Weg brachte, darunter zahlreiche Klassiker mit Laurel & Hardy und Harald Lloyd. Hier kann man den Film online sehen (90 Minuten).
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Für Sinn und Verstand

Im Schweizer Monat unterhalten sich Marc Beise, Frank Schirrmacher und Peter Sloterdijk (online gestellt von Eurozine) über die "amerikanischen Digitalgiganten", und Peter Sloterdijk macht einen etwas überraschenden Punkt, als er Frank Schirrmacher zur Idee für ein europäisches Google beglückwünscht, als hätte Schirrmacher mit seinen apokalyptischen Visionen nicht kräftig dazu beigetragen, jeden Gedanken an digitale Innovationen zu ersticken. Diese Haltung kommt nicht von ungefähr: "In Europa", so Sloterdijk, "haben wir uns als Opfer empfunden, als Spielmasse der russisch-amerikanischen Konfrontation, und haben Lichterketten gebildet. Damit schafft man aber noch keine Kompetenz; es gibt hier ein europäisches Versäumnis, für das wir einen hohen Preis bezahlen. Es ist ja nicht so, dass der Computer ausschließlich auf amerikanischem Boden entstanden ist. Konrad Zuse hat für seinen genialen Computer, den er Ende der vierziger Jahre entwickelt hat, nach 20-jährigem Prozess vor dem Deutschen Patentamt eine endgültige Ablehnung seines Patentantrages erhalten, mit dem Argument, hier liege ein Produkt von mangelnder Erfindungshöhe vor. Das ist ein Ausdruck, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss!"

Außerdem interviewt Geert Lovink in Eurozine die Filmemacherin und Aktivistin Astra Taylor, die in ihrem Buch "The People's Platform" über Internet und Kapital schreibt und eine große Lücke ausmacht: "Kritisches Denken ist nicht auf dem Stand der heutigen Realität mit ihrem vernetzten Kapiatlismus - Deleuze' kurzes Postskriptum über die Kontrollgesellschaften ist so ziemlich das beste, was man zu diesem Thema bekommen, und er erwähnt nicht einmal explizit das Internet."

In der neuen Ausgabe des New York Times Magazines porträtiert Jesse Lichtenstein die junge amerikanische Indie-Lyrikerin Patricia Lockwood. "Motherland Fatherland Homelandsexuals" heißt ihr neuer Gedichtband, darin stehen solche Sachen: "Emily Dickinson was the father of American poetry and Walt Whitman was the mother. Walt Whitman nude, in the forest, staring deep into a still pool - the only means of taking tit-pics available at that time." Auf Twitter, wo Lockwood 38.000 Follower hat, schreibt sie ihre berüchtigten "Sexts": "I am a water glass at the Inquisition. You are a dry pope mouth. You pucker; I wet you." Die Fans lieben sie dafür und inzwischen auch die Verleger. Lockwood selbst umreißt ihre Poetik in aller Kürze: "Ein guter Nebeneffekt davon, nie ins College gegangen zu sein, ist der Umstand, dass es mir niemals peinlich ist, etwas nicht zu wissen. Ich weiß einfach zu viel nicht. Würde man mein Gehirn anschauen, es würde so sein, wie das jener Taxifahrer, die nur einen großen Hirnlappen haben mit nichts als Richtungen drin. Bei mir wären es halt Metaphern. Eine echte Ausnahmeerscheinung."

Für die Ohren

"Aufgeklärte Gesellschaft - Transparenz und Kontrolle", ein Radioessay für den Deutschlandfunk von Wolfgang Dreßen, Historiker. Aus dem Programmtext: "Der emanzipatorische Anspruch der Aufklärung war immer verbunden mit der Suche, der Umerziehung oder dem Ausschluss des 'Anderen', der dieser allgemeinen Forderung nach Transparenz nicht folgen würde. Diese Welt wird inzwischen konstruiert. Die technischen Möglichkeiten folgen dem Anspruch, eine dauernde Gegenwart lückenloser Transparenz herzustellen. Einen verantwortlichen Marionettenspieler gibt es nicht, wir alle sind Teil dieser aufgeklärten Welt. Diejenigen, von denen auch nur angenommen wird, dass sie nicht dazugehören bleiben ausgeschlossen. Alles muss offenliegen, jede Verschleierung, jedes Versteck, jede Flucht gelten als Angriff, der möglichst unmittelbar beantwortet werden soll." Hier kann man den Essay hören (29 Minuten).

Vor 200 Jahren wurde Beethovens einzige Oper "Fidelio" uraufgeführt. Sie war erst nach langwieriger Umarbeitung mehrerer Fassungen von ihm fertiggestellt worden - allein vier Ouvertüren hatte er ausprobiert. Wolfgang Schreibers Kalenderblatt (+ Audio: 4:30 Min) in Deutschlandradio Kultur erinnert an die Entstehungs- und Aufführungsgeschichte. - Hier einen Aufnahme mit Wilhelm Furtwängler aus dem Jahr 1953 in Wien (142 Min.)

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