Die Buchmacher

Schrift auf Busen

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
25.11.2007. Warum Amazons E-Book-Initiative "Kindle" vielleicht doch nicht zündet. Wie zäh die Verhandlungen der Übersetzer mit den Verlagen laufen. Warum Fortsetzungen toll sind. Und weshalb "Schrift auf Busen" statt "Nackte auf Treppe" für Ärger sorgt.

buchreport.express

buchreport berichtet groß und breit über die Amazon-E-Book-Offensive (neues Lesegerät "Kindle" und hauseigener E-Book-Store, hier der Artikel). Fazit: Die Probleme rund um das elektronische Buch seien noch zu groß, als dass ein Solist reüssieren könnte. Problematisch sei besonders die fehlende technische Standardisierung in der E-Book-Branche. Auch auf der Suche nach Vertriebspartnern habe es bislang wenige Erfolg gegeben - weder bei Mobilfunkanbietern noch im stationären Buchhandel sei es Verlagen oder E-Book-Händlern gelungen, einen vertrieblichen Ableger einzurichten. Außerdem sei es den Publikumsverlagen nicht gelungen, gemeinsam den Boden für das elektronische Format zu bereiten - bei der Belletristik fehlten die großen Namen. Ärger erwartet buchreport wegen des Pricings der Amazon-E-Books: "Bei Preisabschlägen von bis zu 69 Prozent (...) im Vergleich zur gedruckten Ausgabe sind Proteste der Verlage programmiert." Zur Frage, wann Amazon in Deutschland startet, schreiben die Dortmunder: "Die Hürden sind für Amazon nicht sehr hoch: Auf dem europäischen Server des 2005 übernommenen Unternehmens Mobipocket sind derzeit rund 50.000 Titel gespeichert, darunter mehrere Tausend deutschsprachige Titel. Schwieriger dürfte es für Amazon jedoch werden, in Europa an ein Mobilfunknetz anzudocken, um eine Download-Schnittstelle anbieten zu können."

Unter der Adresse www.spirograf.de will die Lektorin Bettina von Bülow eine internationale Plattform für die Vermittlung von Literatur aufbauen; gegen eine Abogebühr können sich Nutzer über Autoren, Thema, Marktsituation, übersetzbarkeit und Rechte informieren.

Während der Verband deutschsprachiger übersetzer direkt mit der Verlagsgruppe Random House über Autorenhonorare verhandelt (bislang ohne Erfolg), hat auch der Hanser Verlag die Vertreter der übersetzer zu Verhandlungen aufgefordert. Parallel dazu, schreibt buchreport, liefen mehrere Gerichtsverfahren, in denen übersetzer von den Verlagen eine "angemessene Vergütung" fordern - bisher lägen bereits 16 Urteile von Land- und Oberlandesgerichten vor, die inhaltlich erheblich voneinander abwichen.

Weitere Themen: Zum 1. Januar 2008 tritt Joachim Kathan als Geschäftsführer beim DuMont-Kalenderverlag an; sein Vorgänger Michael Gilles wechselt in gleicher Funktion in den zum Kalenderverlag Mannheim gehörenden Kunstverlag Weingarten (hier der Bericht). Die Stammverlage von Ken Follett haben für den ab 2010 angekündigten historischen Dreiteiler "The Century" 50 Millionen Dollar an Vorschüssen eingesammelt (hier der Artikel). Jürg Bodenmann scheidet zum 31. Dezember 2007 aus der Thalia-Geschäftsführung aus; seine Aufgaben werden auf die Thalia-Führungskräfte Hinrich Tode, Michael Wetzel und Tom Kirsch verteilt. S.Fischer hat von Julia Francks "Die Mittagsfrau" nach dem Gewinn des Deutschen Buchpreises 16 Auslandslizenzen verkauft. Hier das Inhaltsverzeichnis und hier die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Rainer Moritz rechtfertigt sich mit einem Gastbeitrag, warum er Fortsetzungen - entgegen des literaturwissenschaftlichen Mantras - mag. "Vielleicht gelingt es ja einem findigen Lyriker, sich einiger Goethe-Verse anzunehmen. ,Das Heideröslein' etwa ist entschieden zu kurz; da ließen sich mühelos ein paar Strophen dranhängen", meint Moritz. Gern würde er (wie die Branche weiß: Schlagerfan) auch davon hören, wie es mit Christian Anders? Maria weitergehe, "die einst im Zug nach nirgendwo saß und in einem neuen Lied zum Ex-Lover zurückkehren könnte." Letztlich wäre die ganze Weltgeschichte fortzuschreiben. "Stellen Sie sich vor - nur ganz kurz -, Gerhard Schröder wäre 2005 Kanzler geblieben und müsste seine Pension heute nicht mit Gelegenheitsjobs in der Wirtschaft aufbessern."

Autor gab berichtet über den Streit zwischen der norwegischen Autorin Ragnhild Moe um das Cover den von ihr bei Goldmann erschienenen Romans "Anatomi. Monotoni". Durch die Wahl eines anderen Covers (Schrift auf Busen statt Nackte auf Treppe) sowie anderen Titels ("Die Hände des Cellisten") sehe sich die Autorin "in eine Kitsch-Ecke" gedrängt. Passend zum Thema hat das Börseblatt in einem Rundruf Verlagsleiter und Lektoren befragt, wer am Ende in der Cover-Frage das Sagen hat - Autor oder Verlag? Tenor: Cover und Titel sind Sachen des Verlags.

Johannes Wetzel untersucht die Situation des unabhängigen Buchhandels in Frankreich, wo der Staat ein Gütesiegel einführen möchte, um den Sortimentern den Rücken zu stärken. Zwar sei der Marktanteil der Independents mit 41 Prozent noch relativ hoch; gleichwohl litten die kleineren Sortimente unter steigenden Mieten, Fracht- und Personalkosten. Ein "hochqualifizierter" 42-jähriger Buchhändler mit Hochschulstudium und 16 Berufsjahren verdiene gerade einmal 2000 Euro im Monat.

Weitere Themen: Frauke Breuer berichtet, dass die Osiandersche Buchhandlung alle zwei Jahre ihren Nachwuchs zum Sprech- und Kommunikationstraining auf die Bühne schickt. Volkhard Bode stellt die Kommunikationsstrategie der Buchhandlung Berlinstory vor, die Wikis zum Informationsaustausch nutzt. Torsten Casimir interviewt den Gutenberg-Professor Stephan Füssel zur die Entwicklung der Branche seit der Weimarer Republik. Wolfgang Schneider porträtiert den Berliner Historiker Jörg Friedrich. Hier das Inhaltsverzeichnis.
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