Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
01.06.2004. In dieser Woche lesen Sie: Warum Amazon das komplette Diogenes-Angebot aus dem Katalog gestrichen hat. Wie es um die Zukunft der Preisbindung in Österreich steht - und bei Ebay. Warum der arabische Schwerpunkt auf der Buchmesse für die Feuilletons ein Problem ist.

buchreport.express

Schon länger ärgern sich die Verlage über Amazon. Stein des Anstoßes ist, dass der Marktführer immer bessere Konditionen verlangt. Eine bevorzugte Behandlung müssen sich Verlage über hohe Werbekostenzuschüsse selbst erkaufen. Jetzt ist es zum Eklat gekommen: Weil Diogenes (derzeit mit sieben Titeln in den Spiegel-Bestsellerlisten vertreten) den Vorstellungen von Amazon nicht mehr folgen mochte, hat der Online-Händler alle Titel des schweizerischen Verlags aus dem Programm genommen. In Zürich wolle man die Amazon-Auslistung durchstehen, auch wenn es weh tut, kommentierte Diogenes-Geschäftsführer Stefan Fritsch. So konsequent dürften nur wenige Verlage denken, vermutet der Buchreport. Den Verlagen sollte bewusst sein, dass solche Vorstöße der Branchen-Riesen (siehe auch Archiv: Weltbild und die Papst-Memoiren) andeuten, wie der Wind künftig wehen könnte.

Die Mitglieder des Börsenvereins fühlen sich hintergangen. Der Vorstand des Verbands habe sich, glauben die Teilnehmer des Branchentreffens "Buchhändlertage", bei der Suche nach einer Lösung seiner Immobilienprobleme an der Basis vorbeigeschlichen. Dabei sollen Umzug, Umbau oder Neubau des Vereinssitzes mit Mitgliedsbeiträgen finanziert werden. "Auch wenn offiziell bisher sechs verschiedene Modelle geprüft werden, scheint der Vorstand intern eindeutige Präferenzen entwickelt zu haben", hat der Buchreport herausgefunden. Für einen Neubau in Frankfurt sei bereits ein teurer Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben worden. Das Geld fressende Haus des Buches Leipzig, das dem Börsenverein gehört, wird wohl weiterhin auf eine sinnvolle Nutzung warten müssen.

Nach dem Motto "Alle Filme waren Bücher" will die Frankfurter Buchmesse (hier erste Informationen) diesmal Filmemacher und Verleger an einen Tisch bringen. Rund 30 Produzenten aus den USA, Asien sowie Mittel- und Osteuropa hätten sich bereits zum Branchentreff am Main angesagt, meldet der Buchreport.

Der vor fünf Monaten vom Niederösterreichischen Pressehaus aufgekaufte, ehemals staatliche Residenz Verlag (Salzburg) hat mit einem Zwischenprogramm - ausschließlich neu gestaltete Backlist-Titel - überwintert. Verlagsleiter Herwig Bitsche erklärte dem Buchreport, dass man Zeit gewinnen müsse, um den Verlag neu zu strukturieren. Die bisherigen Programmprofile (Literatur, Sachbuch) sollten weitgehend Bestand haben. Bleibt die Aufgabe des Verlegers, bald zugkräftige Autoren zu etablieren.

Im Sommer 2005 läuft in Österreich das auf fünf Jahre befristete Preisbindungsgesetz aus und es deutet sich an, dass es auch darüber hinaus gelten wird. In der aktuellen Ausgabe des Branchenblatts "Anzeiger" erklärt Kunststaatssekretär Franz Morak, er wolle die unbefristete Weiterführung des Gesetzes vorschlagen und noch in diesem Sommer einen Initiativantrag zur Definitivstellung der Buchpreisbindung ins Parlament einbringen.

Personalien: Der schottische Krimiautor Ian Rankin erhält für "Tore der Finsternis" (Manhattan) den Edgar-Allan-Poe-Award 2004. Taz-Korrespondentin Bettina Gaus wird die Memoiren ihres im Mai verstorbenen Vaters Günter Gaus mit einem persönlichen Rückblick zu Ende schreiben. "Widersprüche - Erinnerungen eines linken Konservativen" soll im Herbst bei Propyläen erscheinen.

Meldungen: Die deutschen Buchclubs haben das vergangene Jahr mit einem Umsatz von 298 Mio. Euro (minus 4,8 Prozent) abgeschlossen. Oscar-Preisträger Roman Polanski plant eine Kinoversion des Dickens-Klassikers "Oliver Twist", die Dreharbeiten für das 45-Mio.-Euro-Projekt sollen am 12. Juli beginnen. Billy Joel tut's Show-Star Madonna nach und schreibt an zwei Kinderbüchern.

Börsenblatt

Wie es um kleine Verlage steht, fragt das Börsenblatt im "Thema der Woche". Unabhängige Verleger bemängeln die wachsende Unlust bei den stationären Buchhändlern, sich auf Neues einzulassen. "Für jeder verkaufte Buch müssen wir dreimal so viel Vertriebsarbeit leisten wie vor 20 Jahren", klagt Transit-Verleger Rainer Nitsche. "Man muss stärker trommeln in der 'Abteilung Radau'", sagt auch Verlegerkollege Klaus Schöffling. "Der Interessenlosigkeit, der großen Müdigkeit des Sortimentbuchhandels kann man nur mit Außenwirkung entgegentreten." Von einer allgemeinen schweren Krise des Buchhandels und insbesondere der kleineren Verlage zu sprechen, sei fahrlässig, warnt Bernd Weidmann, Geschäftsführer des Werkstatt-Verlags. Strukturelle Verschiebungen und Kostenprobleme gehörten zum ganz normalen Geschäftsleben.

Die aus dem Arabischen übersetzten Novitäten im Sommer und Herbst sind vermutlich Stoff genug für das deutsche Publikum - und den Buchmesse-Schwerpunkt. Doch sie könnten untergehen. "Problematisch für die orientalische Literatur erweist sich der Umstand, dass es kaum Kritiker gibt, die darauf spezialisiert sind", schreibt Autor und Übersetzer Stefan Weidner im Börsenblatt. Von den großen Zeitungen ließen nur NZZ und FAZ regelmäßig Bücher aus dem arabischen Raum besprechen.

Am 8. Juni wird das Urteil im Rechtsstreit zwischen einem Darmstädter Buchhändler und einem so genannten Ebay-Powerseller wegen Verstößen gegen die Preisbindung erwartet. Im Börsenblatt hebt Christian Russ, der den Buchhändler vertritt, die Spezifität des Verfahrens hervor und widerspricht somit dem Spiegel. Der hatte, unter Berufung auf Experten gemeldet, dass es sich um einen Präzedenzfall handle. Der Powerseller soll ungelesene Rezensionsexemplare, die er als Journalist kostenlos von den Verlagen erhält, verscherbelt haben. Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels habe seit Einführung des Preisbindungsgesetzes mehr als 150 Fälle dieser Art verfolgt, weiß das Börsenblatt.

Nach dem Vorbild der SZ-Bibliothek hat die Arbeitsgemeinschaft von Jugendverlagen (AvJ) die Planung einer Kinder- und Jugendbibliothek angestoßen. Damit solle der jüngeren Leserschaft ein interessanter Querschnitt von Kinder- und Jugendbüchern angeboten werden, berichtet das Börsenblatt. Das Buchpaket könnte nach den Vorstellungen der AvJ-Verleger etwa 50 Titel aus der Backlist der Verlage umfassen. Im Gegensatz zur SZ-Bibliothek wollen sie die Auflage limitieren.

Der Piper Verlag feierte am 19. Mai sein 100-jähriges Bestehen und stiftete aus diesem Anlass dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach sein historisches Verlagsarchiv. Die Sammlung umfasse, so das Börsenblatt, unter anderem Schriftstücke von Arno Holz, Marc Chagall, Ingeborg Bachmann und Karl Jaspers.

Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Der Versandbuchhandel hat sich in 2003 gegenüber dem Vorjahr mit einem Plus von 9,3 Prozent behauptet: Während die reinen Online-Händler um 15 Prozent zulegen konnten, melden die traditionellen Versender ein Plus von einem Prozent. Am 9. Juni verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil im Streit um die Ladenschlusszeiten. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat das Buch "Der Jahrhundertbetrug" von Arthur R. Butz auf den Index gesetzt.
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