Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
12.08.2006. In der FAZ löst Günter Grass mit einem Geständnis ein mittleres Erdbeben aus: Er war Mitglied der Waffen-SS. FAZ und Tagesspiegel kommentieren dies auch schon schockiert. In der SZ stellt der israelische Schriftsteller Abraham B. Jehoschua klar, dass die Hisbollah nicht für die Sache der Palästinenser kämpft. Die taz übt scharfe Kritik an der Ausstellung des Zentrums gegen Verteibung. Zum fünfzigsten Todestag von Bert Brecht wundert sich die NZZ, warum Frauen dieser Inkarnation eines Macho nie den Laufpass gegeben haben, in der Welt erinnert sich Falk Richter an seine erste Brecht-Inszenierung in Atlanta. Die FR schreibt zum Achtzigsten Fidel Castros, dem die Gnade des frühen Todes nicht zuteil geworden sei.

FAZ, 12.08.2006

In einem zweiseitigen Gespräch mit Frank Schirrmacher und Hubert Spiegel bekennt Literaturnobelpreisträger Günter Grass, dass er bei der Waffen-SS war: "Das musste raus, endlich. Die Sache verlief damals so: Ich hatte mich freiwillig gemeldet, aber nicht zur Waffen-SS, sondern zu den U-Booten, was genauso verrückt war. Aber die nahmen niemanden mehr. Die Waffen-SS hingegen hat in diesen letzten Kriegsmonaten 1944/45 genommen, was sie kriegen konnte. Das galt für Rekruten, aber auch für Ältere, die oft von der Luftwaffe kamen, 'Hermann-Göring-Spende' nannte man das. Je weniger Flugplätze noch intakt waren, desto mehr Bodenpersonal wurde in Heereseinheiten oder in Einheiten der Waffen-SS gesteckt. Bei der Marine war's genauso. Und für mich, da bin ich meiner Erinnerung sicher, war die Waffen-SS zuerst einmal nichts Abschreckendes, sondern eine Eliteeinheit, die immer dort eingesetzt wurde, wo es brenzlig war, und die, wie sich herumsprach, auch die meisten Verluste hatte." Auf die Frage, ob er Schuldgefühle hatte, antwortet Grass: "Währenddessen? Nein. Später hat mich dieses Schuldgefühl als Schande belastet."

Im Leitartikel kommentiert Frank Schirrmacher: "Das ist, um es deutlich zu sagen, keine Frage von Schuld und Verbrechen. Grass war ein halbes Kind. Auch später hat er sich nie zum Widerstandskämpfer stilisiert." Und doch: "Wer die Rhetorik der Nachkriegs-Entschuldigungen und -Beschuldigungen kennt, glaubt, nicht recht zu hören. Der Autor, der allen die Zunge lösen wollte, der das Verschweigen und Verdrängen der alten Bundesrepublik zum Lebensthema machte, bekennt ein eigenes Schweigen, das, folgt man nur seinen eigenen Worten, absolut gewesen sein muss... Was wäre gewesen, wenn Franz Schönhubers Waffen-SS-Traktat 'Ich war dabei' auf seine Gegenstimme gestoßen wäre, unter der Überschrift 'Ich auch'?"

Weiteres: Jordan Mejias besucht in Washington die National Portrait Gallery und das Smithsonian American Art Museum, die nach sechsjähriger Renovierung wiedereröffnet wurden und sich nun aus Dankbarkeit gegenüber ihrem Großspender Donald W. Reynolds Center for American Art and Portraiture nennen. Oliver Jungen nimmt die akademische Langfristforschung kritisch unter die Lupe und stellt einen Hang zum Infinitiven fest. Jürgen Dollase geht harsch mit dem Pariser Starkoch Jean-Pierre Vigato (Apicius) ins Gericht. In der Leitglosse sinniert Andreas Platthaus über den wunderlichen Bahnfahrplan nach Lourdes.Gerhard Stadelmaier gratuliert dem Bühnenbildner Karl-Ernst Herrmann zum Siebzigsten, Miichael Diers dem Künstler Hans Haacke ebenfalls zum Siebzigsten. "aro" meldet, dass Bonn seinen Kulturetat 2008 um 6,2 Millionen Euro kürzt. J.A. berichtet, dass Michel Houellebecqs Verlag Hachette nun doch nicht für die Verfilmung des Romans "Die Möglichkeit einer Insel" aufkommen will - zum Ärger des Autors.

Auf den Wochenendseiten erzählt Michael Borgolte von der schweren Christianisierung Europas. Peter Kemper schreibt die Geschichte der "epochalen Entfremdung" zwischen Bob Dylan und John Lennon. Auf der Medienseite berichtet Olaf Sundermeyer, wie polnische Offizielle der taz-Korrespondentin Gabriele Lesser seit der Kartoffel-Affäre das Leben schwer machen.

Besprochen werden das "Zarathustra"-Projekt in Neuhardenberg (das Irene Bazinger als völlig belanglosen "neunzigminütigen Schnickschnack" bezeichnet), Claudio Abbados Eröffnungskonzert des Lucerne Festivals mit Mahlers Sechster, eine Ausstellung über den Herrenanzug in New York, und auf der Plattenseite Lieder von Dawn Upshaw, brasilianische Popmusik und Edvard Griegs "Verbesserung" von Mozarts Klaviersonaten. Und natürlich Bücher, darunter Donald Antrims Nicht-Roman "Mutter", Siegfried Lenz' Sämtliche Erzählungen, Udo Samels Lesung von Fernando Pessoas "Buch der Unruhe" und Max Goldts Lesung "'Ne Nonne kauft 'ner Nutte 'nen Duden" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr)

In der Frankfurter Anthologie stellt Manfred Windfuhr Stefan Andres' Gedicht "Der Ararat" vor:
"'Auf den Wellen meiner weißen, meiner schwarzen Schafe',
Sprach Urubak, vor den ich plötzlich trat..."

Tagesspiegel, 12.08.2006

Gregor Dotzauer kommentiert Günter Grass' Geständnis schockiert: "Wer es hört, ungläubig bis fassungslos, mag es selbst dann noch für einen schlechten Witz halten, nachdem er sich schwarz auf weiß, im Doppel von literarischer Erinnerung und Interview, davon überzeugt hat. Günter Grass, Deutschlands berühmtester lebender Schriftsteller, der Nobelpreisträger, das Gewissen der Nation, ihr schreibender Mythenbilder, war Mitglied der Waffen-SS... Ein Treppenwitz der Geschichte? Oder eine Wahrheit, deren Bitterkeit sich noch gar nicht ermessen lässt? Die Kategorien geraten ins Schwimmen, weil sich daraus so viele Deutungsnöte ergeben: für das Werk von Günter Grass, für seine Rolle als linker Präzeptor, für das gesamte intellektuelle Gleichgewicht des Landes, das seine inneren Kämpfe und außenpolitischen Haltungsfragen immer noch vor dem Hintergrund zwölf langer Hitlerjahre ausficht."
Stichwörter: Grass, Günter, Schwimmen

Welt, 12.08.2006

Heute ist Brecht-Tag. In der Literarischen Welt erzählt Regisseur Falk Richter von seiner ersten Brecht-Inszenierung, "Im Dickicht der Städte", 1998 in Atlanta. "Die Besetzung entsprach in etwa dem Bevölkerungsproporz der Stadt: zwölf junge schwarze Schauspieler und zwei Latinos, die sich ihr Geld neben den Theaterproben als Kassierer, Türsteher im Nachtclub oder Barfrau verdienen mussten, zwei weiße Schauspieler mittleren Alters, die in einem Landhaus außerhalb der Stadt wohnten, das Theater leiteten und mit ihrem Four Wheel Drive zur Probe kamen. Der Text wurde von einem texanischen Dramatiker ins heutige Amerikanisch übertragen. Die jungen Schauspieler hatten noch nie von Brecht gehört. Sie dachten, Brecht sei ein junger Autor, der irgendwo in Chicago lebte und ein Stück über die Rassenkämpfe in den USA geschrieben hatte."

Im Feuilleton beschreibt Hellmuth Karasek die Arbeit des österreichischen Staatsbürgers Brecht in der DDR. "Als 'Aushängeschild' des Friedenskampfs der DDR - die Picasso-Friedenstaube prangte auf dem Brecht-Vorhang, der Brecht-Gardine - durfte er den Luxus langer Probezeiten und ausgedehnter Theaterarbeit genießen. Obwohl doch sein Theater das ausdrückliche Anti-Stanislawski, das Anti-Einfühlungstheater war, das die sowjetische Kulturpolitik unter der Theorie von Georg Lukacs auf ihre Fahnen schrieb. Der Friedenspropagandist Brecht benutzte die ihm zugefallene Rolle im Kalten Krieg rigoros und egoistisch wie gewohnt, um seine Theaterarbeit zu verwirklichen. Das Berliner Ensemble am Schiffbauerdamm wurde so etwas wie ein imposantes zweites Bayreuth im Zentrum der DDR."

Das zweite Jubiläum, das begangen werden will, ist das 25-jährige des ersten IBM PCs. Lars Winckler schreibt ein Hohelied auf den grauen Kasten, Thomas Jüngling schreibt eine kleine Geschichte der Computerkultur und Hellmuth Karasek schreibt immer noch mit der Hand. Georg M. Oswald glaubt nicht, dass der Computer die Schriftstellerei verändert, imaginiert die Kollegen aber doch lieber mit altem Schreibgerät: "für Günter Grass einen astdicken Mont Blanc, für Peter Handke einen Gänsekiel, für Botho Strauß einen Pelikan 100N, für Martin Walser einen Charleston Elfenbein."

Weitere Artikel: Reinhard Wengierek bemerkt, dass die ursprünglichen Probenarbeiten zur Dreigroschenoper mindestens so chaotisch waren wie diejenigen der neuesten Version im Berliner Admiralspalast. Stefanie Schneider porträtiert den Architekten Sergej Tchoban, der jetzt in Moskau Europas höchsten Wolkenkratzer bauen soll. Gemeldet wird, dass der Streit um die Brücke über das Dresdner Elbtal in die nächste Runde geht.

Besprochen werden die Nietzsche-Performance von Martin Wuttke und Jonathan Meese in Neuhardenberg ("zwei flatternde, flirtende Clowns", seufzt Reinhard Wengierek) und Bücher zu Brecht, unter anderem Biografien von zwei seiner Gefährtinnen, in denen er laut Tilman Krause als "Wohltäter der Frauen" erscheint, sowie Ernst Schumachers Erinnerungen an Brecht.

NZZ, 12.08.2006

Die Beilage Literatur und Kunst ist zum fünfzigsten Todestag Bertolt Brecht gewidmet. Hannelore Schlaffer erinnert an seinen methodisch brutalen Umgang mit Frauen und seinen "pathologischen Männlichkeitswahn" und wundert sich: "Man sollte annehmen, dass dieser Blaubart nach seinem Tod von den in die Freiheit entlassenen Frauen gehöhnt und beschimpft worden sei, dass die Feministinnen der siebziger Jahre über ihn zu Gericht gesessen und ihn als Inkarnation eines Machos verdammt hätten. Nichts davon! Brecht wird von allen Frauen verteidigt, von den Freundinnen ebenso wie von den Germanistinnen. Brechts Sittenrichter sind Männer."

Manfred Koch schildert die Anfänge des "Eugen Berthold Brecht". Werner Wüthrich schreibt über Brechts Partnerin Ruth Berlau. In weiteren Artikeln widmet sich Caspar Hirschi der Geschichte der Nationenbildung und Luca di Blasi feiert die Wiederentdeckung von Felix Ebertys "geistreicher" Schrift "Die Gestirne und die Weltgeschichte".

Im Feuilleton berichtet Georges Waser aus London von der erwartungsgemäß heftigen Debatte um den Erweiterungsbau für die Tate Modern, der bei Herzog und de Meuron in Auftrag gegeben wurde und an eine "babylonische Zikkurat" erinnere. Besprochen werden die Ausstellung "Eros. Rodin und Picasso" in der Fondation Beyeler Riehen, eine Schau islamischer Handschriften im Berliner Museum für Islamische Kunst, Mahlers Sechste mit Claudio Abbado in Lucerne und Bücher, darunter Mario Vargas Llosas Roman "Das böse Mädchen", Ernst Schumachers Erinnerungen "Mein Brecht" und Maurice A. Finocchiaros Studie "Retrying Galileo" (siehe auch unsere Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

TAZ, 12.08.2006

Christian Semler hat sich die beiden Berliner Vertreibungsausstellungen angesehen - "Flucht, Vertreibung, Migration" im Deutschen Historischen Museum und "Erzwungene Wege" des Berliner "Zentrums gegen Vertreibungen". Beim Vergleich schneidet erstere erwartungsgemäß besser ab: "In der Ausstellung des Pei-Baus findet sich eine kritische Reflexion auf die verständigungs- und friedensfeindliche Politik der Vertriebenenverbände in der Nachkriegszeit, wenngleich auch diese Ausstellung an einem neuralgischen Punkt, der nazistischen Vergangenheit vieler der Vertriebenenfunktionäre, fast vollständig versagt. In der Ausstellung des 'Zentrums' wird schon durch die gewählte europäische Perspektive eine solche 'deutsche' Auseinandersetzung vermieden. Gerade diese europäische Einbettung ist es auch, die einer neuen Ideologie des BdV den Weg bahnen soll. An die Stelle der alten, auf Wiedergewinnung und Rückkehr ('Schlesien ist unser!') gerichteten Propaganda soll eine 'Europäisierung' des 'Rechts auf Heimat' treten, wobei insbesondere die Vertreibungen der 90er-Jahre in Bosnien-Herzegowina eine neue, menschenrechtliche Grundierung liefern sollen."

Weitere Artikel: Hauke Brunckhorst konstatiert angesichts des Bologna-Prozesses der Hochschulen blanken Bonapartismus. Reinhard Wolf berichtet, dass in Norwegen nach Jostein Gaarders katastrophal verunglücktem Debattenbeitrag jetzt alle eifrig bei der Lösung des Nahostproblems helfen wollen.

Besprochen wird Martin Wuttkes und Jonathan Meeses "Zarathustra"-Performance in Neuhardenberg ("zierlich, gesittet und ein bisschen langweilig").

In der zweiten taz hat Richard Nöbel mit Hilfe der Bibel ein borderlinejournalistisches Interview mit Papst Benedikt XVI. geführt. Iman Humaidan Junis berichtet in der "Post aus Nahost", wie sie in Beirut tankt, ohne dabei getötet zu werden. Sophie Haarhaus informiert über den am Sonntag begangenen "Internationalen Linkshändertag".

Im taz mag porträtiert Thomas Feix Martina König, die einmal ein Mann war und jetzt eine Frau ist, der beziehungsweise die Frauen liebt: "Frau König spricht von der Harmonisierung ihres Charakters durch die Hormone. Hell fühlt sie sich und sauber. Wie nach einer Enthaarungssitzung." Ulrike Fokken erinnert anlässlich seines 60. Todestags an den spanischen Autor Federico Garcia Lorca. David Denk war in Mettmann, das gleich neben dem berühmten Neandertal liegt.

Rezensionen finden sich zum zweiten Band der Einar-Schleef-Tagebuch-Edition, zu Thomas Glavinics Roman "Die Arbeit der Nacht", zu Sebastian Kiefers dogmatischer Abhandlung "Was kann Literatur?" und Achim Geisenhanslükes Studie "Masken des Selbst". In der Politik-Abteilung werden Sabine Harks Untersuchung "Dissidente Partizipation. Eine Diskursgeschichte des akademischen Feminismus" und Henry Ashby Turners Buch "General Motors und die Nazis" besprochen (mehr dazu in der Bücherschau ab 14 Uhr).

Und Tom.

FR, 12.08.2006

Stephan Lahrem gratuliert Revolutionsführer Fidel Castro mit kritischem Unterton zum 80. Geburtstag: "Die Gnade des frühen Todes kann Che Guevaras Mentor Fidel Castro wahrlich nicht für sich in Anspruch nehmen. Er hat seinen ehemaligen Mitstreiter um fast vierzig Jahre überlebt. Die nunmehr beinahe ein halbes Jahrhundert andauernde unangefochtene Regentschaft über den karibischen Inselstaat hat beileibe genügend Gelegenheiten zu Kritik und Desillusionierung geboten. Sein Ansehen ist durch die von ihm betriebene Politik nicht unbeschädigt geblieben. Und dennoch wird er nach wie vor von vielen Menschen bewundert, in Kuba, in Lateinamerika und auch in Europa."

Weitere Artikel: Christian Thomas denkt über Terror in Europa und Nahost nach. Elke Buhr porträtiert die Girl Band The Pipettes. In ihrer "Plat du jour"-Kolumne schreibt Martina Meister über Menschen in Pariser Museen. Vorgestellt wird eine Reihe des Frankfurter Filmmuseums mit Werken aus den eigenen Archiven. Besprochen wird eine Ausstellung in der Kieler Kunsthalle mit Werken der Künstlerinnen Tomma Abts, Eija-Liisa Ahtila, Tania Bruguera und Isa Genzken.

SZ, 12.08.2006

Der israelische Schriftsteller Abraham B. Jehoschua versucht, im Krieg einen klaren Kopf zu bewahren und vorauszuschauen. Nach Beendigung der Feindseligkeiten gehört, wie er findet, die Lösung des Palästina-Problems sofort wieder auf die Tagesordnung: "Es ist außerordentlich wichtig, politisch und kognitiv zwischen dem palästinensischen Problem und dem libanesischen Problem zu trennen. Israel und die Palästinenser müssen ihre Angelegenheiten gemeinsam regeln. Die Hisbollah und Iran kämpfen nicht für die Palästinenser. Im Gegenteil, der 'heilige' ideologische Krieg der schiitischen Fanatiker mit den Schlagworten 'Tod für Israel' und 'Rückkehr der Juden nach Europa', die der iranische Präsident ausgibt, fügt den Bemühungen um eine Lösung des palästinensischen Problems und die Aufgabe der israelischen Besatzung immensen Schaden zu."

Weitere Artikel: Genau heute vor 25 Jahren stellte IBM den ersten Personalcomputer vor - Bernd Graff blickt zurück. Stefan Koldehoff informiert über die ziemlich desaströse Lage des Kölner Wallraf-Richartz-Museums. Martin Urban erklärt, dass der Geist wie der Glaube naturwissenschaftlich betrachtet gehören. Gemeldet wird, dass der "Internationale Rat für Denkmäler und Stätten" die Zerstörung von Weltkulturerbe im Libanon-Krieg beklagt. Kia Vahlland gratuliert dem Künstler Hans Haacke zum 70.

Die Autorin Dea Loher berichtet im Literaturteil von ihren schrecklichen Erfahrungen in Afghanistan: "Man kann die Situation in Afghanistan analysieren, man kann sie sich verstehbar und verständlich machen; man kann sich an Zahlen und Fakten halten, aber das, was als Eindruck dahinter steht, das kann man - so ist meine Erfahrung - kaum, gar nicht vermitteln: die Sinnlosigkeit."

Besprochen werden Martin Wuttkes und Jonathan Meeses "Zarathustra"-Performance im Schlosspark Neuhardenberg ("freundliche Geisterbeschwörung"), Friederike Hellers Inszenierung von Peter Handkes "Die Unvernünftigen sterben aus" in Salzburg, Hans Horns Film "Open Water 2" und die Ausstellung "Der süße Schlummer" in Salzburg. Rezensiert werden Hörbücher mit Brecht-Texten, gelesen von ihm selbst und von Blixa Bargeld (mehr in der Bücherschau ab 14 Uhr).

In der SZ am Wochenende berichtet Thomas Avenarius von der Ratlosigkeit des Libanon-Korrspondenten: "Gaza - Tel Aviv - Beirut: Wer auf dieser Reiseroute auf klärende Einsichten hofft, wird enttäuscht. Beispiele? Die Libanesin in der zum Flüchtlingslager gewordenen Schule in Beirut zeigt auf ihre fünf Söhne, die sie gerade aus dem israelischen Bombardement gerettet hat und sagt: 'Ich will sie alle fünf opfern für Hisbollah und für Scheich Hassan Nasrallah. Von Herzen.' Der Hamas-Kämpfer in Gaza streicht mit der Hand über das Magazin seiner Kalaschnikow und sagt: 'Ich will zum Märtyrer werden. Möglichst rasch.' Und der stellvertretende israelische Regierungschef Schimon Peres, immerhin ein Friedensnobelpreisträger, sagt: 'Man kann die Lage nicht nur mit Reden in Talkshows kontrollieren. Man muss auch Risiken eingehen.'"

Weitere Artikl: Im Aufmacher sinniert Holger Gertz über den Übergang von WM-Besoffenheit in Bundesliga-Alltag. Tanja Schwarzenbach porträtiert den Surfer Allan Weisbecker. Auf der Historien-Seite erzählt Anne Göbel eine kurze Geschichte der Piraterie. Joachim Käppner erinnert in "Es war einmal" an den Zoologen Georg August Goldfuß. Im Interview spricht der Schauspieler Jürgen Vogel über "Grenzen" und seine Rennfahrer-Lebensphilosophie: "Immer 180. Das war meine Schule, und ich hör das auch nicht auf."