Ernst Robert Curtius, Max Rychner

Freundesbriefe 1922-1955

Cover: Freundesbriefe 1922-1955
Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2015
ISBN 9783465038788
Kartoniert, 910 Seiten, 198,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Frank-Rutger Hausmann in Zusammenarbeit mit Claudia Mertz-Rychner. Der Briefwechsel zwischen dem Bonner Romanisten Ernst Robert Curtius (1886-1956) und dem Schweizer Literaturkritiker Max Rychner (1897-1965) umfasst 604 Briefe aus den Jahren 1922 bis 1955. Curtius hat Arbeiten zu romanistischen und verwandten literaturwissenschaftlichen Themen veröffentlicht und Autoren wie Proust, Gide, Joyce, Ortega y Gasset u.a. in Deutschland bekannt gemacht. Nach dem Ersten Weltkrieg war er ein gesuchter Gesprächspartner im deutsch-französischen Aussöhnungsdialog. Aus der Feder Rychners stammen über 2700 Beiträge zu literarischen und kulturellen Neuerscheinungen. Die Korrespondenz enthält wichtige Ergänzungen der gedruckten Produktion. Alle Briefe werden in ihrer Originalform wiedergegeben und sind zum besseren Verständnis mit Erläuterungen versehen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.12.2015

Rezensent Peter Hamm nutzt einen großen Teil seiner Besprechung dieses monumentalen und leider sehr kostspieligen Bandes zu einem Porträt des heute auch im Literaturbetrieb vergessenen großen Schweizer Kritikers Max Rychner. Ein Künder und Übersetzer Paul Valérys war er, überhaupt, wie Curtius, Frankreich zugewandt, auch ein früher Verteidiger Prousts und später auch noch Paul Celans. Mit Curtius verband ihn laut Hamm eine tiefe Liebe zu Goethe, die beider Rezeption von Literatur gewissermaßen leitete. Auch zu spitzer Ironie war er fähig, wenn er etwa über Ernst Jünger schrieb, er sei "mit dem Sturmgepäck knapper Bildung" unterwegs. Ein Großteil der Korrespondenz steht in Zusammenhang mit Curtius' Opus magnum "Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter", an dem der Romanist zwanzig Jahre lang arbeitete und das nach Ulrich Raulff, den Hamm zitiert, ein Vermächtnis der inneren Emigration ist. Beide liebten die Nazis nicht, beide waren von Zeitströmungen wie dem Antisemitismus aber leider auch nicht frei, notiert Hamm trotz aller Bewunderung ehrlich. Dass er den Band dringendst zur Lektüre empfiehlt, muss er gar nicht mehr dazu sagen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 23.09.2015

Rezensent Stefan Rebenich lernt in der Korrespondenz zwischen Ernst Robert Curtius und Max Rychner einen klassischen Gelehrten kennen, geprägt von Selbstzweifeln, aber auch von bildungsbürgerlicher Arroganz, der den Naziterror ablehnte, aber auch antisemitische Klischees reproduzierte, wie Rebenich feststellt. Vor allem aber macht die laut Rebenich verdienstvolle Edition des Romanisten Frank-Rutger Hausmann, die in einem zweiten Band exemplarische Briefe zu den wichtigsten wissenschaftlichen und privaten Etappen des Romanisten versammelt, den Leser mit dem "begnadeten Epistolografen" Curtius bekannt und eröffnet eine für den Rezensenten faszinierende Literatur- und Kunstgeschichte der Zeit von 1923 bis 1955. Welche Bedeutung das Medium Brief damals hatte, erfährt Rebenich aus diesem "vielschichtigen" wie für ihn beklemmenden Porträt. Und dass die Abrechnungen der 1970er, die aus Curtius einen Antisemiten und Antidemokraten machen wollten, überholt sind.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.08.2015

Freudig verkündet Rezensent Niklas Bender das Erscheinen von gleich zwei neuen Bänden mit Briefen des Romanisten Ernst Robert Curtius. Während der Kritiker die "Briefe aus einem halben Jahrhundert" einem größeren Lesepublikum empfehlen kann, erscheinen ihm die Freundesbriefe an Max Rychner als Juwel, die vor allem intime Einblicke in Leben, Werk und Stil Curtius' gewähren. In der Korrespondenz mit dem Literaturredakteur Rychner entdeckt Bender Bewegendes, etwa wenn Curtius von seiner Liebe zu der zwanzig Jahre jüngeren Ilse erzählt, "Kurioses" - wie seine Horoskopgläubigkeit, aber auch Befremdliches wie den Antisemitismus der beiden. Mit Gewinn liest der Rezensent auch das lehrreiche Nachwort des Herausgebers, dem etwas weniger Überschwang in Benders Augen nicht geschadet hätte.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de