Efeu - Die Kulturrundschau
Ein einziger Imperativ
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10.08.2018. Die SZ erliegt Cecilia Bartoli als schaumgeborener Venus in Rossinis Oper "L'italiana in Algeri". Die FR feiert begeistert die Leo-McCarey-Retrospektive in Locarno. Die taz ist entsetzt: ein uralter Protestsong der Bots soll die neue "Aufstehn"-Hymne werden? Die NZZ schaudert: Zuviel positive Zukunftsideen im Londoner Victoria and Albert Museum.
9punkt - Die Debattenrundschau
vom
10.08.2018
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Bühne
Sehr klug hat sich die Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Karb im Streit um die Israel-Boykottbewegung BDS nicht verhalten, aber immerhin steht sie für einen ernsthaften Diskurs. Die Politiker, allen voran NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), haben sich dagegen mit politikertypischer Feigheit aus der Situation gezogen, findet Stefan Keim in der Welt: "Dass NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nun die Ruhrtriennale komplett boykottiert, weil eine dort nicht mehr auftretende Band mit einer Israel-Boykottbewegung sympathisiert, ist ein bedenkliches Zeichen für den demokratischen Diskurs. Es genügt die Andeutung, irgendwo könne radikales Denken im Spiel sein, und schon springt der Landesvater in Deckung. Um bloß nicht einen kleinen Flecken aufs weiße Hemd zu bekommen, wenn es irgendwo spritzen sollte."
Außerdem: Zuviel Technik und zuwenig Sprache erlebt Bernd Noack an deutschen Theatern, klagt er in der NZZ. Es geht ihm dabei "um die erkenn- und erspürbare Aufregung, die ein unbequemes Wort hinterlässt".
Besprochen werden Dušan David Pařízeks Adaption von David Grossmans Roman "Kommt ein Pferd in die Bar" bei den Salzburger Festspielen (nachtkritik, Standard) sowie "Do's & Don'ts - eine Fahrt nach allen Regeln der Stadt" mit Rimini Protokoll beim Sommerfestival Kampnagel in Hamburg (nachtkritik).
Musik
Ziemlich schauderhaft findet Arno Frank in der taz die Vorstellung, dass der reichlich angestaubte Protestrock-Klassiker "Aufstehn" der Bots, getextet und immer wieder aktualisiert von Dieter Dehm, nun tatsächlich zur Hymne von Sahra Wagenknechts "Aufstehen"-Bewegung werden könnte. Nach einer ausgreifenden Text-Exegese stellen sich Frank mehrere Fragen: "Wo bitte bleibt das Narrativ? Die positive Erzählung, die es heute braucht? Geschlagene sieben Minuten lang ist zu allerlei Flötenklängen und akustischen Gitarren vom Aufstehn die Rede und davon, wer alles sich jetzt zu erheben habe. Ein einziger Imperativ. Du sollst! Alle sollen! Gibt es im Sommer, dessen offizieller Hit die neue Interpretation eines italienischen Partisanenliedes von 1945 ('Bella Ciao') ist, wirklich keine zeitgemäßere Hymne für die Bewegung? Eine, die für Bewegung sorgt statt für lähmendes Entsetzen? Und wer nicht zum Aufstehen aufgefordert wird, das sind die Migranten."
Weitere Artikel: Für Skug führt Lutz Vössing durch Holger Czukays Solo-Arbeiten, soweit es durch die früher im Jahr erschienene Box "Cinema" erschlossen ist. Adrian Schräder stellt in der NZZ die Band Altin Gün vor, die von den Niederlanden aus türkischen Psych-Rock spielt. Tobi Müller macht sich in der NZZ Gedanken über den Techno der 90er und die Fitnessbewegung der Gegenwart. SZ-Kritiker Jan Kedves sucht beim Video zu Sophies Stück "It' okay to cry" nach Erlösung von der Hitze.
Besprochen werden Tirzahs Album "Devotion" (taz, Pitchfork), ein Auftritt von Bukahara (FR), Kamasi Washingtons Mainzer Konzert (FR) und Anna Prohaskas Liederabend im Kloster Eberbach (FR).
Weitere Artikel: Für Skug führt Lutz Vössing durch Holger Czukays Solo-Arbeiten, soweit es durch die früher im Jahr erschienene Box "Cinema" erschlossen ist. Adrian Schräder stellt in der NZZ die Band Altin Gün vor, die von den Niederlanden aus türkischen Psych-Rock spielt. Tobi Müller macht sich in der NZZ Gedanken über den Techno der 90er und die Fitnessbewegung der Gegenwart. SZ-Kritiker Jan Kedves sucht beim Video zu Sophies Stück "It' okay to cry" nach Erlösung von der Hitze.
Besprochen werden Tirzahs Album "Devotion" (taz, Pitchfork), ein Auftritt von Bukahara (FR), Kamasi Washingtons Mainzer Konzert (FR) und Anna Prohaskas Liederabend im Kloster Eberbach (FR).
Film
Und hier McCareys wunderbarer Film "Ruggles of Red Gap" von 1935 - eine Emanzipationskomödie mit Charles Laughton:
Die für 2020 angekündigten Pläne der Academy, die Live-Übertragung der Oscar-Verleihung zu kürzen, sie nochmals um zwei Wochen nach vorne zu verlegen (was insbesondere die Berlinale interessieren dürfte) und mit der Kategorie "bester populärer Film" die Großproduktionen wieder zurück ins Programm zu holen, hält Thomas Klein von der Berliner Zeitung für keine guten: "Wer die besten Filme gegen die beliebtesten stellt, macht Umsatzzahlen preiswürdig und künstlerische Ambition zur Nischen-Sache." Auch Jürgen Schmieder ist in der SZ verzweifelt angesichts dieses Modernisierungsprogramms: "Es ist wirklich so hanebüchen, wie sich das nun liest. ... Mit dieser Entscheidung gibt die Akademie ihre Rolle als Bewahrer der Filmkunst zugunsten höherer Einschaltquoten auf." Und Wenke Husmann von ZeitOnline sieht in einer Auszeichnung für den größten Publikums "eine Ehrung, die nicht nur sinnlos wäre, sondern auch gleich noch das Publikum für dumm verkauft."
Weitere Artikel: Urs Bühler gratuliert dem Locarno-Maskottchen Pardo zum 50. Geburtstag. Fritz Göttler (SZ), Andreas Platthaus (FAZ) und Hans Helmut Prinzler (Tagesspiegel) schreiben Nachrufe auf den Filmhistoriker Enno Patalas.
Besprochen werden Cory Finleys "Vollblüter" (Tagesspiegel), Mike Newells "Deine Juliet" (Tagesspiegel), Jon Turtletaubs Haifisch-Blockbuster "The Meg" (Zeit, unsere Kritik hier) und Annekatrin Hendels Dokumentarfilm "Familie Brasch" (Berliner Zeitung).
Literatur
Tom Kuhn berichtet im Logbuch Suhrkamp von seiner Erfahrung, in den letzten Jahren gemeinsam mit David Constantine Betrolt Brechts Gedichte ins Englische übersetzt zu haben: "Vor uns lag die Herausforderung, uns in unterschiedlichen Formen und Stimmen zu äußern, und in unserem Versuch, an Brechts sprudelnde Kreativität, sprachlichen Erfindungsreichtum und politische Empörung heranzureichen, haben wir mit unserer eigenen poetischen Sprache gerungen. Eindringlich ist uns wieder und wieder klar geworden, wie aktuell diese Gedichte sind. Bei manchen können sich einem die Nackenhaare zu Berge stellen, als wären diese Zeilen gestern geschrieben worden."
Besprochen werden Maxim Billers "Sechs Koffer" (Tagesspiegel, SpOn, NZZ, Spex), die Wiederveröffentlichung von James Baldwins "Beale Street Blues" (Standard), Daan und Thomas Heerma van Voss' Thriller "Zeuge des Spiels" (SZ) sowie Flix' Comicalbum "Spirou in Berlin" (FAZ).
Besprochen werden Maxim Billers "Sechs Koffer" (Tagesspiegel, SpOn, NZZ, Spex), die Wiederveröffentlichung von James Baldwins "Beale Street Blues" (Standard), Daan und Thomas Heerma van Voss' Thriller "Zeuge des Spiels" (SZ) sowie Flix' Comicalbum "Spirou in Berlin" (FAZ).
Kunst
In der SZ berichtet Catrin Lorch über die neuesten Wendungen im Kassler Streit um den Obelisken des Künstlers Olu Oguibe: Während die einen den Obelisken an seinem jetzigen Platz auf Dauer ablehnen, andere das mit Hitlers Säuberungspolitik vergleichen und die Stadt einen Kompromiss bzw. einen neuen Standort sucht, hat sich Oguibe "im Streit um den Ankauf kaum zu Wort gemeldet, vielleicht auch, weil er als ehemaliger Aktivist gelernt hat, seine Interessen Zug um Zug voranzubringen. 'Man muss solche Situationen angehen wie ein Schachspiel", sagt er: "Vieles ist möglich, wenn man alle Figuren im Blick hat.'"
Besprochen werden eine Ausstellung mit Hofkultur und Hofkunst unter den Kurfürsten von Sachsen im Palast der Großfürsten in Vilnius (FAZ) sowie die Installation "Farbdialog" mit der das Corbusierhaus im Berliner Westend seinen Sechigsten feiert (Tagesspiegel).
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