Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
25.10.2004. In dieser Woche: Wie's um die Preisbindung in der Schweiz und in Deutschland steht. Warum die New York Times die Shortlist für den National Book Award exzentrisch findet. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Seit Jahren kämpft die eidgenössische Wettbewerbskommission gegen die Preisbindung deutschsprachiger Bücher in der Schweiz (in den französischsprachigen Kantonen besteht sie schon lange nicht mehr). Bis zu einer endgültigen Entscheidung wird zwar - auf Grund der vielen Instanzen - noch einige Zeit ins Land gehen, doch der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV) lässt vorsorglich die Alarmglocken schrillen: Von einem Wegfall der Schweizer Preisbindung würden Onlinebuchhändler wie Amazon möglicherweise profitieren, deutschen und österreichischen Verlagen könnte er erheblich schaden. Denn: "Die Gefahr von Re-Importen liegt trotz gesetzlicher Klauseln auf der Hand", warnt Men Haupt, Präsident des SBVV, im Buchreport. Hier der vollständige Artikel.

Was die Preisbindung in Deutschland betrifft, so hat der Börsenverein seine Initiative für Nachbesserungen am bestehenden Preisbindungsgesetz aufgegeben. "Der Verband will keine schlafenden Hunde wecken", kommentiert der Buchreport. In Frankfurt glaube man, insbesondere Bildungspolitiker aus den Bundesländern könnten ein neues Gesetzgebungsverfahren zum Anlass nehmen, die Regeln über Schulbuchrabatte zum Nachteil des Buchhandels zu verändern. Verbesserungsbedarf besteht nach Ansicht vieler Buchhändler in der Zulassung einer Räumungsverkaufsklausel und der Beschränkung des Bibliotheksrabatts.

Sechs Wochen nach der Bekanntmachung, dass die Sabine Groenewold Verlage (Europäische Verlagsanstalt, Rotbuch, Die Hanse) wirtschaftlich ins Straucheln geraten sind, erscheinen die Verhältnisse neu geordnet. Auf Initiative des Philo-Verlegers Axel Rütters und des Ex-Lufthansa-Controllers Ulrich Reinhardt ziehen die Verlage, zusammen mit Philo und dem Europa Verlag Zürich, unter das Dach Europäische Verlagsanstalt GmbH & Co. KG. Rütters verantwortet künftig das Programm der Verlagsgruppe, Reinhardt die Finanzen.

Die Veröffentlichung der Nominierungsliste des National Book Award hat in den USA hitzige Diskussionen entfacht. Zum einen sind die Autorennamen auf der "Shortlist" scheinbar so unbekannt, dass die New York Times von einer "exzentrischen Liste" spricht, zum anderen wird der Jury vorgeworfen, mit der Nominierung des Norton-Titels "The 9/11 Comission Report", ein Sachstandsbericht über die Terroranschläge des 11. September, Wahlkampf zu betreiben.

Personalien: Der Brite Alan Hollinghurst wurde vergangene Woche für seinen Roman "The Line of Beauty" mit dem wichtigsten Preis der englischsprachigen Literaturwelt, dem mit 50.000 Pfund dotierten "Man Booker Prize for Fiction", ausgezeichnet. Für sein übersetzerfreundliches Verhalten erhielt der Chef des Marebuch Verlags, Nikolaus Hansen, das erstmals vom Verband deutschsprachiger Übersetzer verliehene Holunderholz.

Meldungen: Die Unesco hat Edinburgh zur "Weltstadt der Literatur" gewählt. Deutschlands älteste Paperback-Reihe, die Collection S. Fischer, verabschiedet sich vom weichen Cover und erscheint ab Frühjahr 2005 in gebundener Form. Der indischstämmige Literatur-Nobelpreisträger V.S. Naipaul (72) will keine Bücher mehr schreiben. Nobelpreisträger sind nicht unbedingt die Lieblinge der großen Leserschaft: Die frisch gekürte Elfriede Jelinek platzierte sich nur mit einem einzigen Titel in den Spiegel-Bestsellerlisten, und das auch nicht auf den vorderen Rängen.

Börsenblatt

Mit Stephen Kings "Shining" erschien vergangenen Donnerstag der dritte Titel in der Bestseller-Bibliothek von Bild-Zeitung und Weltbild. Unterdessen wurde die Druckauflage des ersten Bands ("Der Pate") um 75.000 auf 350.000 Exemplare erhöht; Weltbild-Chef Carel Halff jubelte: "Der außerordentliche Erfolg übertrifft sogar unsere optimistischsten Erwartungen." Die Sortimenter hätten vielerorts mit einer größeren Nachfrage gerechnet, ergab dagegen eine Umfrage des Börsenblatts. Quer durch die Branche gehe man allerdings davon aus, dass sie noch zunehmen werde.

Wie der Deutsche Kulturrat beklagt jetzt auch der Börsenverein die im kommenden Jahr anstehende Erhöhung der Künstlersozialabgabe von 4,3 auf 5,8 Prozent und ruft betroffene Verbände auf, gemeinsame Forderungen zu formulieren und die Kräfte in einem Aktionsbündnis zusammenwirken zu lassen. "Die Verlage trifft die Erhöhung besonders stark, weil der Bund bereits im Jahr 2000 seinen Zuschussanteil für die Künstlersozialkasse von 25 auf 20 Prozent gekürzt hat", erläutert das Börsenblatt.

Amazon wird künftig wieder Diogenes-Titel führen. Der Internetbuchhändler hatte die Bücher des Schweizer Verlags im Frühjahr ausgelistet, weil dieser die Konditionen nicht akzeptieren wollte. Die beiden Unternehmen sind sich nun handelseinig geworden, hat das Börsenblatt erfahren. Details wurden - wen wundert's noch? - nicht preisgegeben.

Neun Jahre nach dem Fall der Preisbindung in Großbritannien konstatiert Tim Godfray, Chef des britischen Buchhändlerverbands Booksellers Association, im Langendorfs Branchendienst eine "für die Verbraucher positive, für den Buchhandel ungemütliche Entwicklung". Hier der vollständige Artikel.

Scharf kritisiert Georg Siebeck, Leiter des Mohr Siebeck Verlags, die 6,1-Millionen-Euro-Förderung der von der Max-Planck-Gesellschaft geplanten Open-Access-Publikationsplattform durch das Bundesforschungsministerium. Die öffentliche Hand verhindere einen fairen Wettbewerb, wettert Siebeck auf der Meinungsseite des Börsenblatts. Mehr.

Der Börsenverein will durchsetzen, dass es bei der Entscheidung des Bundestags bleibt, wonach für Produktkombinationen, beispielsweise Buch plus CD-Rom, der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt. Das Bundesfinanzministerium hat hingegen einen Entwurf für neue Umsatzsteuerrichtlinien vorgelegt, demnach der reduzierte Mehrwertsteuersatz in Zukunft nur für solche Produkte gilt, die "untrennbar miteinander verbunden" sind. Viele Verlagserzeugnisse blieben dann wohl außen vor - fürs Börsenblatt der "Aufreger der Woche".

Dem diesjährigen Georg-Büchner-Preisträger, Wilhelm Genazino (früher bei Rowohlt, jetzt bei Hanser), ist es wichtig, in einem Verlag "zu Hause" zu sein. Auch messe er dem eine Bedeutung zu, wer außer ihm selbst in seinem Verlag veröffentliche. Es sei ein gutes Gefühl, gleichzeitig mit Melville oder mit Stendhal zu erscheinen, erzählte Genazino im Börsenblatt-Interview. "Das strahlt auf den lebenden Autor ab." Der Rowohlt Verlag habe während seiner Zeit dort immer wieder merkwürdige Bücher abgedruckt, die ihn irritiert hätten, sagte der 61-jährige Autor.

Personalien: Stephan Gallenkamp ist neuer kaufmännischer Leiter des Prestel Verlags.

Meldungen: Bettina Hesse und Frank Niederländer haben den Tisch 7-Verlag gegründet (die Verlagsidee kam den beiden Kölnern im Restaurant an einem Tisch mit der Nummer 7), der zur Leipziger Buchmesse sein erstes Programm aus drei Literaturtiteln und zwei Sachbüchern vorlegen will. Der Club Bertelsmann steigt ins Hörbuch-Geschäft ein und lässt seine Mitglieder drei bis fünf Euro pro Hörbuch sparen. Vom 5. bis 7. November findet in der Hamburger Börse die internationale Antiquariatsmesse "Quod libet" statt.
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