Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
07.02.2005. In dieser Woche: Wie sich der Börsenverein reformieren will.  Wie Wallstein Literatur machen will. Und wie das Internet dem Marketing von Büchern dient. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

"Die Verlage stehen mit dem Rücken zur Wand, weil sie alles verschenkt haben, was nicht niet- und nagelfest war", hatte der Ex-Chef des Berlin Verlags, Arnulf Conradi, in seiner Rede (hier Auszüge) auf dem Jahrestreffen der AG Publikumsverlage gewettert. Dafür bekam er viel Applaus - und fachte in der Branche eine hitzige Debatte an. Mehr.

Der für zu wenig Effektivität gescholtene Börsenverein hat sich eine Reform verordnet. Erste Ideen legte die so genannte Arbeitsgruppe Verbandsreform vergangene Woche vor. Unter anderem stehe die Abgeordnetenversammlung zur Disposition, weiß das Börsenblatt. Auf der Homepage des Börsenvereins können Interessierte die Verbesserungsvorschläge einsehen und diskutieren.

Bloomsbury und seine deutsche Tochter Berlin Verlag engagieren sich mit einem Buch für die Tsunami-Opfer. Das Hilfs-Buch mit dem Titel "Ein neuer Anfang" erscheint am 3. März und beinhaltet bisher unveröffentlichte Texte von J. M. Coetzee, Nick Hornby, Stephen King, Zeruya Shalev, Martin Walser und anderen. 100.000 Exemplare, an denen weder Verlag noch Druckerei, Auslieferung und Sortiment verdienen, sollen für fünf Euro verkauft, der Erlös an Unicef weitergegeben werden.

Branchenübergreifend kooperieren die "Berlinale" und die Frankfurter Buchmesse. Für die Filmfestspiele, die am 10. Februar beginnen, hätten sich mehr als 30 Verlage und Rechte-Agenturen registriert, berichtet das Börsenblatt. Die Buchmenschen können auf dem Film-Branchentreff Kontakte zu internationalen Produzenten, Agenten und Verleihern knüpfen. Im Gegenzug präsentiert sich die Filmwirtschaft auf der Buchmesse im Herbst im "Forum Film & TV". Hierfür ist eine Reihe mit "Berlinale"-Literaturverfilmungen angedacht.

Nachdem der Wissenschaftsverlag Wallstein vergangenes Jahr Ex-Suhrkamp-Lektor Thorsten Ahrend an Bord geholt hat, startet er jetzt ein literarisches Programm (zunächst 15 Titel). Verleger Theodor von Wallmoden braucht keine Bestseller, wie er dem Börsenblatt im Interview erläuterte, eine solche Kalkulation sei ihm zu unsicher. Der neue Verlagszweig soll mit guter Qualität vor allem anspruchsvolle, "versierte Leser" ansprechen. "Diese Zielgruppe wird nicht allein über schiere Vertriebsmacht erreicht", sagte von Wallmoden. Er setzt auf die Literaturkritik.

Die erfolgreiche SZ-Bibliothek, Vorreiter der Billigbuch-Reihen, wird fortgesetzt. Projektmanager Dirk Rumberg bestätigte dem Börsenblatt, dass bereits Lizenzgespräche geführt würden. Vor Erscheinen der zweiten Sammlung wolle das Medienhaus jedoch ein anderes Projekt anschieben, erklärte Rumberg, offen lassend, worum es sich handelt.

Brigitte
wird sich vor Freude die Hände reiben. Der erste Teil der von der Frauenzeitschrift und Random House herausgebrachten Hörbuch-Edition "Starke Stimmen" ("Zwölf große Bücher, gelesen von zwölf außergewöhnlichen Frauen") ist bereits vor dem Erstverkaufstag 50.000 Mal bestellt worden. Als Zugpferd konnte Brigitte die ihren Leserinnen als Kolumnistin bekannte Elke Heidenreich gewinnen.

50.000 Exemplare des Gastronomieführers Guide Michelin (Benelux) sind kurz nach der Auslieferung zurückgezogen und eingestampft worden: Es war herausgekommen, dass ein Restaurant vor seiner Eröffnung in den Genuss einer positiven Bewertung gekommen ist.

Rainer Moritz, Chef des Literaturhauses Hamburg, beschreibt in seiner Glosse, welche Autoren im Fast-Food-Restaurant die Speisekarte genauer studieren sollten.

Personalien: Der vom Börsenblatt gestiftete Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik geht in diesem Jahr an Hubert Spiegel, der die FAZ-Literaturredaktion leitet.

Meldungen: Indien wird im nächsten Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse. Die Frankfurter sind zu 49 Prozent an der Buchmesse Südafrika beteiligt, die in 2006 zum ersten Mal ihre Pforten öffnet und dann jährlich stattfindet. Weltbild verschenkt 40.000 Bücher des Titels "Warte nicht auf andere, mach es selbst" (Coppenrath) an Jugendliche.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Das Internet wird Plattform für Verlags-Marketing, prognostiziert der Buchreport auf der Titelseite. Während in anderen Ländern schon ganze Bücher zum kostenlosen Download angeboten - und parallel in sechsstelliger Zahl verkauft - würden, richteten in Deutschland einige Verlage, zum Beispiel Suhrkamp, C.H. Beck und Campus, Websites für einzelne Titel ein. Verlockend an dieser neuen Marketingstrategie findet der Buchreport die vergleichsweise geringen Kosten, mit denen eine große und teilweise neue Zielgruppe erreicht wird. Auch der Perlentaucher erstellt Internetauftritte für Verlage.

Die Medienkonzerne scheinen den Hals nicht voll zu kriegen: Nach den lukrativen Zusatzgeschäften mit Billigbuch-Reihen versuchen sie sich zunehmend an elektronischen Datenträgern wie DVDs und CDs. Zwar vermochten die FAZ und der Stern auf Buchreport-Anfrage keine Zahlen zum Abverkauf der Opern-DVD-Reihe bzw. zur Reihe "Sternstunden der Filmgeschichte" nennen, doch steht zumindest die FAZ mit einem Nachfolge-Projekt in den Startlöchern. Sicher ist, dass der Vertrieb auf mehreren Kanälen für mehr Umsatz sorgt.

Der Börsenverein und Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels gehen künftig verstärkt gegen gewerbliche Preisbindungsverstöße auf der Internetauktionsplattform eBay vor. Hatte Wallenfels bisher nur in solchen Fällen ermittelt, die von Buchhändlern oder Verlagsmitarbeitern gemeldet worden waren, recherchieren er und die Mitarbeiter seiner Anwaltskanzlei demnächst selbst. Noch scheint sich die Zahl der schwarzen Schafe in Grenzen zu halten: "Objektiv gesehen liegt sie im Promillebereich", behauptet Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang.

Die Finanzierung des Deutschen Buchpreises, der im Oktober zum ersten Mal verliehen wird, ist für die kommenden drei Jahre in trockenen Tüchern und auch die Jury hat sich für dieses Jahr firmiert. Nun können sich Verlage aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz mit bis zu zwei deutschsprachigen Romanen aus dem jeweils aktuellen oder geplanten Programm um die mit 37.500 Euro dotierte Auszeichnung bewerben. Der Preis sei an den britischen "Man Booker Prize" und den französischen "Prix Goncourt" angelehnt, erklärt der Buchreport.

Wie der zweitgrößte deutsche Verlag aus den Miesen herauskommen will, hier.

Personalien: Die kroatische Autorin Slavenka Drakulic erhält den "Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung" (mehr).

Meldungen: Nach dem Verlag Wiley VCH ist Online-Händler Amazon aus dem Börsenverein ausgetreten - der Branchenverband hat damit zwei seiner größten Beitragszahler verloren. Bodo Kirchhoffs Bücher-Talk "Parlando" (Hessischer Rundfunk) wird auf Grund der geringen Zuschauerquote eingestellt. Am 8. März erscheint die vierte (!) Papst-Autobiografie (bei Weltbild). Und: die Bestsellerlisten.