Spätaffäre

Ein Puzzle im Dunkeln

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
16.04.2014. Der New Yorker schildert die Schönheit und Gefahren beim Klettern und Tauchen in den tiefsten Höhlen der Welt. Die Regisseure William Friedkin und Nicolas Winding Refn halten eine Masterclass ab. Thomas Meyer erzählt im SWR, wie er lernte, Neue Musik zu hören. Und Osteuropa rollt den Ersten Weltkrieg noch einmal auf.

Für die Augen

Masterclass mit zwei Meisterregisseuren: Space Rocket Nation dokumentiert ein Gespräch zwischen den beiden Regisseuren William Friedkin und Nicolas Winding Refn, das vergangene Woche beim CPH Pix Festival stattfand. Hier auf Youtube zu sehen. (114 Min.)



Heute vor fünfzig Jahren erschien das Debütalbum der Rolling Stones und fügte dem Soundtrack der an Musik nicht armen Sechziger Jahre eine heftige Bluesnote bei. Fünf Jahre später ereignete sich während ihrer USA-Tour der Vorfall, der gemeinhin als das Ende aller Sixties-Utopien angesehen wird: ein als Ordner engagierter Hells Angel ersticht in Notwehr einen bewaffneten Fan. Die großartige Dokumentation "Gimme Shelter" aus dem Jahr 1970 zeichnet die Ereignisse um das Stones-Konzert in Altamont nach. Hier auf Youtube (92 Min.)
Archiv: Für die Augen

Für die Ohren

"Wie ich Neue Musik zu hören lernte" - eine Art Hörgeschichte vermittelt der Schweizer Musikwissenschaftler und -kritiker Thomas Meyer in seinem zweiteiligen Feature für SWR2. Dabei geht es um den ganz persönlichen Schock, den die Neue Musik in den 1970er Jahren bei ihm ausgelöst hat, wie Vertrautes in Frage gestellt wird und wie man sich an das "Neue" heranwagt. Hier der erste Teil zum Mithören, hier der zweite (beide je 55 Minuten).

Der SWR bringt Friedrich Pohlmanns Radioessay "Der Erste Weltkrieg und die Totalitarismen des 20. Jahrhunderts". Aus dem Programmtext: "Der Erste Weltkrieg war die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Er brachte jene totalitären Bewegungen hervor, deren Mit- und Gegeneinander bestimmend für die weitere Geschichtsentwicklung wurde: den Faschismus, den Nationalsozialismus und den Bolschewismus. So ging Mussolinis Entwicklung vom führenden Sozialisten Italiens zum Faschistenchef auf sein Votum für den italienischen Kriegseintritt zurück. Hitler, der im Ersten Weltkrieg Meldegänger war, ist ohne das Trauma der Niederlage und die Novemberrevolution undenkbar. Und auch Lenins Bolschewismus ist ganz wesentlich das Produkt einer kriegsbedingten ideologischen Radikalisierung." Hier zum Nachhören. (56 Min.)
Archiv: Für die Ohren

Für Sinn und Verstand

Osteuropa widmet sein neues Heft ganz dem Ersten Weltkrieg. Der Historiker Jörg Baberowski beschreibt sehr eindringlich, welche Umwälzungen der Krieg für das zaristische Russland bedeutete. Unter einer inkompetenten Militärführung und einem kopflosen Zaren brach das dreihundertjährige Vielvölkerreich wie ein Kartenhaus zusammen: "Der Krieg hatte das Zarenreich in Chaos und Anarchie gestürzt, Millionen waren entwurzelt, aus ihrer Heimat vertrieben und getötet worden, Flüchtlinge waren überall. Der Flüchtling war der Repräsentant der neuen Zeit. Mit ihm kamen Ressentiments, Hass, Elend und Epidemien in das Zentrum des Imperiums. Überall, wo Menschen einander unter solchen Bedingungen begegnen müssen, entstehen Konflikte. So war es auch in Russland. Die Revolution war ein großer Pogrom, der die europäische Elite und ihren Staat für immer aus der Welt schaffte. Sie verwandelte das Imperium in einen unkontrollierbaren Gewaltraum, der von verrohten Soldaten und Offizieren und ihren Waffen dominiert wurde."

In einem sehr lehrreichen Artikel beschreibt außerdem der Historiker Egbert Jahn, wie der Erste Weltkrieg als Katalysator für die Nationenbildung wirkte, die von den liberalen Demokratien, von Sozialdemokraten und Kommunisten vorangetrieben wurde: "Alle drei gesellschaftspolitischen Kräfte befürworteten das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Faktisch wurde bereits die amerikanische Unabhängigkeit mit ihm begründet, auch wenn diese sprachliche Formel noch nicht gebraucht wurde."

Im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca folgt Burkhard Bilger für den New Yorker Extremkletterern und -tauchern in das Chevé-System, die tiefsten Höhlen der Welt, zweieinhalb Kilometer unter Tage. Woher kommt die Faszination an der feuchten Finsternis? Ein Instinkt? "Einer der Kletterer erinnerte sich daran, wie er als Kind begeistert war von der Struktur eines Brotes, den Luftblasen unter der Kruste. Da wollte er hineinkriechen." Vielleicht hat es auch mit Schönheit zu tun: "Das Wasser da unten war von einem leuchtenden Türkis, darunter schneeweißer Sand. Der Kalkstein war von Ocker und Rost durchzogen. Durch das Wasser zu gleiten, war wie Fliegen … Die Gefahren des Höhlentauchens sind von seinem Reiz nicht zu trennen. Weite Gänge können zu einem Labyrinth werden, weißer Sand kann aufwirbeln und die Sicht blockieren. Du glaubst, du findest den Weg heraus, aber plötzlich bist du in einer Sackgasse ohne Luft … Höhlenklettern ist prinzipiell ohne Ende. Jeder Tiefenrekord ist vorläufig, jedes Höhlensystem ist ein Puzzle im Dunkeln. Anders als den Bergsteiger erwartet den Höhlenkletterer kein schöner Ausblick. Bloß blanke Wände oder ein unpassierbarer Schacht und das Wissen, dass es immer so weitergeht, Höhle über Höhle. Etwas anderes gibt es nicht da unten."

Für einen besseren Eindruck bringt das Magazin auch ein Video.