Laurent Binet

Eroberung

Roman
Cover: Eroberung
Rowohlt Verlag, Hamburg 2020
ISBN 9783498001865
Gebunden, 384 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Kristian Wachinger. Was, wenn in der Geschichte Europas zwei Dinge anders gelaufen wären? Erstens: Die Wikinger wären mit Pferden und eisernen Waffen bis nach Südamerika gesegelt. Zweitens: Kolumbus wäre nie aus Amerika zurückgekehrt. In diesem Fall erobern die Inkas Europa. Sie landen im 16. Jahrhundert in Portugal, besiegen Karl V. in Frankreich und die Anhänger der Inquisition in Spanien. In Deutschland helfen ihnen die Fugger, das viele Gold zu verteilen. Im Herzen von Paris wird eine Pyramide errichtet, in Wittenberg schlägt man nach Luthers Tod die "95 Thesen der Sonne" an. Federschmuck ziert die Häupter der Europäer, auf den Feldern wächst Quinoa, Schafe sind heilig... Wie ginge es uns heute, fragt Binet, wären wir statt der kapitalistischen Ideologie den Lehren des Inkahäuptlings Atahualpa gefolgt?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.01.2021

Dem Rezensenten Tilman Spreckelsen zufolge fabuliert Laurent Binet hier aus, wie die Weltgeschichte verlaufen wäre, wenn der spanische Abenteurer Francisco Pizarro das Inkareich nicht erobert hätte. Diese, wie der Kritiker findet, gut begründete Wendung mündet in einer Eroberung Europas durch die Inka und die Mexikaner, für deren Beschreibung der Autor kunstvoll die verschiedenen Stile historischen Erzählens imitiert, so Spreckelsen. Den Zweck dieses literarischen Experiments sieht der Kritiker in der Betonung, dass in einer globalisierten Welt nicht mehr zwischen eigener und fremder Bevölkerung unterschieden werden könne.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.12.2020

Es gibt hier einen ausführlichen Anlauf zur eigentlichen Handlung, stellt Joseph Hanimann fest, denn zuerst muss Kolumbus' Mission misslingen, weil zuvor schon Wikinger die Inka mit gewissen europäischen Erfindungen versorgt haben. Dann aber geht es im "Erzählstakkato" durch eine neu erfundene Geschichte, in der die Inka Europa kolonisieren. Dem Kritiker hat gefallen, wie einigermaßen zurückhaltend gewisse Merkwürdigkeiten europäischer Sitten und Gebräuche kommentiert werden. Ob die "Blickverkehrung" etwas genuin Neues hervorbringt oder letztlich, wie einige Kritiker bemängelt haben, wieder eurozentrisch konnotiert ist, interessiert diesen Kritiker nicht besonders. Er erfreut sich am Erzähltempo, den schnellen Sprachstilwechseln und findet das Ganze einen großen "Spaß", gewürzt mit hohem Kenntnisstand zu den Päpsten, Königen und Reformern Europas.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.12.2020

Rezensentin Kerstin Klamroth fühlt sich gut unterhalten, wenn Laurent Binet den Verlauf der Weltgeschichte umkrempelt: Nach dem "Was wäre wenn"-Prinzip lässt der Autor in seinem Roman Kolumbus auf dem Rückweg nach Spanien ertrinken und lieber die Inka Europa erobern. Schon allein, wie Binet dabei für Gerechtigkeit sorge - die Eroberer schaffen die Inquisition ab, sorgen für Religionsfreiheit und geben den Bauern Rechte - dürfte die Sympathie der Leser sichern, meint Klamroth, die sich zudem über vergnügliche Einfälle freut: So werden in Wittenberg 95 Thesen der Inka an die Tür genagelt, und Michelangelo mit einer Statue des Sonnengottes Viracocha beauftragt, schmunzelt die Rezensentin. Trotzdem nehme Binet sein "Spiel mit der Historie" ernst; bewundert Klamroth die Quellentreue des Autors. Ein "kluger und unterhaltsamer" Roman nicht nur für historisch Interessierte, schließt sie.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 08.12.2020

Mit größtem Vergnügen hat Rezensent Dirk Fuhrig diese "alternative Weltgeschichte" des französischen Autors Laurent Binet gelesen. Kolumbus wird hier von Indigenen in der Karibik überwältigt, stattdessen bricht der Inkaherrscher Atahualpa gen Osten auf, um den Habsburger Karl V. zu töten und als dessen Nachfolger anzutreten. Auch Luther muss dran glauben, Atahualpa verbreitet an dessen Stelle 95 freundliche "Sonnenthesen", resümiert der Kritiker. Das alles ist tatsächlich überraschend einleuchtend geschildert, mit Witz, Ironie und einer Menge historischer Persönlichkeiten, versichert der Rezensent, der diesen auf Kolonialkritik verzichtenden Mix aus Karl May, Don Quichote und Monty Python gern empfiehlt.