Karen Duve

Anständig essen

Ein Selbstversuch
Cover: Anständig essen
Galiani Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783869710280
Gebunden, 335 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Karen Duve gehörte nicht eben zur Gesundheitsfraktion. Bratwürstchen und Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen wie Schokolade und Curryketchup in 1-L-Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen, der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt - nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen Duve nach der "Grillhähnchenpfanne für 2,99" griff. Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben der "Grillhähnchenpfanne" vor ihrer Schockfrostung wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich vor der Tief kühltruhe schnell grundlegende Fragen: Darf man Tiere eigentlich essen? Und wenn Tiere nicht, warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche Empathie, und warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere Gewohnheiten zu ändern?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2011

Rezensent Alex Rühle bewundert zunächst einmal Karen Duves kluges Vorgehen, mit dem sie ein Thema anpackt, dass viele umtreibt und bei dem man schnell in Gefahr gerate, mit dem moralischen Holzhammer zu operieren. Duves "Selbstversuch", sich ein Jahr lang ethisch vertretbar zu ernähren, präsentiert sich als schrittweise Verschärfung: Sie wird von der unbekümmerten Supermarkt-Konsumentin zur Vegetarierin, Veganerin und schließlich Fruktarierin wird, erklärt der Rezensent. Quasi nebenbei wird man über die Tierhaltungs- und Schlachtmethoden unserer Zeit mit viel "erzählerischer Kraft" und grauenhafter Klarheit aufgeklärt, so der Rezensent weiter. Insbesondere beeindruckt aber hat ihn, dass die Autorin in ihrem Buch auch vorführt, wie sie mit ihren "Inkonsequenzen" und den Widersprüchen der eigenen Lebenshaltung umgeht, und das verschafft ihr den großen Respekt des Rezensenten. Nicht zuletzt wird so aus einem ernsten Thema auch ein "unterhaltsamer Entwicklungsroman", lobt Rühle.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.01.2011

Rezensentin Kathrin Hartmann scheint der Welle von Büchern, in denen Autoren ihre Selbstversuche in dieser oder jener Hinsicht beschreiben, fast ein wenig überdrüssig. Karen Duves Selbstversuch, sich je zwei Monate biologisch, vegetarisch, vegan und frutarisch zu ernähren, ist für sie gleichwohl eine positive Ausnahme. Die mal wütende, mal witzige Entlarvung der Ausreden, Irrationalität und Gewohnheiten, die unseren gedankenlosen Fleischkonsum kennzeichnen, findet sie sehr überzeugend. Sie sieht in dem Buch auch keine weitere "Weltrettungsanleitung", sondern eher einen Spiegel, den Duve dem Leser vorhält. Deutlich wird für Hartmann aber auch, dass eine Reihe individueller Konsumentscheidungen das System nicht ändern werden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.01.2011

Respekt hat Karen Krüger vor diesem Selbstversuch, Respekt auch vor dem realistischen Kompromiss, den Karen Duve nach den hier mal zornig, mal gelassen aufgeschriebenen Erfahrungen als Bio-Esserin, Vegetarierin, Veganerin und Frutarierin schließlich wählt: Wissen und Handeln so gut es geht zur Übereinstimmung zu bringen und Verantwortung zu übernehmen dem Tier gegenüber. Für Krüger ein großartiges Buch, auch weil Duve es zu einem immer wieder auch mit wissenschaftlichen Erkenntnissen bereichertem Plädoyer veredelt, das die Rezensentin aufrüttelt mit gut recherchierten Szenen aus der Welt der Massentierhaltung. Und weil es sie zu einer grundsätzlichen Frage führt: Ob nämlich wirklich nur der Fehler im System das Problem ist, wenn wieder mal ein Lebensmittelskandal die Runde macht, oder nicht doch das System selbst.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 05.01.2011

Mit viel Sympathie hat Iris Radisch, selbst bekennende Vegetarierin, dieses Buch der Hamburger Autorin Karen Duve gelesen, die sich ein Jahr lang der bewussten Ernährung im Selbstversuch unterzog. Lange hatte Duve ebenso fröhlich Kebabs und Hühner-Grillpfannen gefuttert, doch dann kamen die neue Mitbewohnerin und das schlechte Gewissen: "Wenn es möglich ist, ein Huhn für 2,99 Euro großzuziehen, zu töten, zu rupfen, zu zerlegen, zu braten und samt Aluminiumschale in den Supermarkt zu karren, zahlt das Huhn dafür einen grausam hohen Preis." Erst aß Duve also nur Bio (was aber kein Verzicht, sondern Luxus sei), verzichtete dann auf Fleisch und Fisch, später ganz auf Milchprodukte, Honig, Eier und Lederprodukte, um sich am Ende rein frutarisch zu ernähren, also allein von den Produkten, die eine lebende Pflanze abwirft. Radisch weiß zwar, dass es sich hier um einen zeitlich begrenzten Selbstversuch handelt - andere verbringen ein Jahr ohne Fernseher oder ohne Internet - ist sich aber sicher, dass niemand wieder so ein unbekümmerter Hedonist wird, der sich einmal näher mit den Zuständen in einem Mastbetrieb beschäftigt hat. Und so sieht sie das Buch als einen weiteren Beleg für das steigende Engagement, nicht mehr nur per Wahlzettel, sondern auch per Lebensstil die Ordnung der Dinge zu verändern.