Walter Benjamin

Deutsche Menschen

Werke und Nachlass. Kritische Gesamtausgabe - Band 10
Cover: Deutsche Menschen
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518585108
Gebunden, 542 Seiten, 36,80 EUR

Klappentext

"Die fünfundzwanzig Briefe dieses Bandes umfassen den Zeitraum eines Jahrhunderts. Der erste ist von 1783, der letzte von 1883. Die Reihenfolge ist chronologisch." - So lakonisch eröffnet Benjamin sein 1936 in der Schweiz unter dem Pseudonym Detlef Holz erschienenes Buch Deutsche Menschen, "eine Folge von Briefen", die er bereits 1930/31 in der "Frankfurter Zeitung" mit seinen Kommentaren einzeln zur Veröffentlichung gebracht hatte. Es waren aber nicht anthologische Interessen, die Benjamin veranlasst hatten, seinen noch in Deutschland gefassten Plan einer Briefsammlung auszuführen. Vielmehr bewegte ihn der gegenwärtig nicht minder aktuelle Gedanke, dass es in Europa gewisse Positionen zu verteidigen gelte. Die Epoche, die die 25 Briefe umfassen und die in etwa von der Französischen Revolution bis zur Gründerzeit reicht, war die, "in der das Bürgertum sein geprägtes und gewichtiges Wort in die Waagschale der Geschichte zu legen hatte. Freilich schwerlich mehr als eben dieses Wort; darum ging sie unschön mit den Gründerjahren zu Ende." Jedem der Briefe stellte Benjamin einen Kommentar voran, in dem Schreiber und Adressat weniger beschrieben als angekündigt werden und zum Inhalt der Briefe nur das Nötige gesagt wird.
Die neue Ausgabe der "Deutschen Menschen" enthält neben der Buchfassung von 1936 diejenigen Texte und Materialien, die die einzelnen Stationen von Benjamins Arbeit an der Sammlung von Briefen aus dem bürgerlichen Jahrhundert zeigen. Die vom Herausgeber gesammelten Stücke der Dokumentation umfassen Benjamins Widmungen, die er Freunden und Kollegen in ihre persönlichen Exemplare schrieb, Briefe Karl Thiemes, der ihm die Türen zum Verlag öffnete, und Briefe an den Verleger Rudolf Roeßler. Zwölf Rezensionen, die von der unmittelbaren Wirkung des Buches zeugen, beschließen den Band.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.05.2010

Für Ludger Lütkehaus lassen sich das Leben und das "fragmentarische, widersprüchliche" Denken Walter Benjamins aus der Perspektive zweier komplementärer Figuren umreißen: der autobiografischen des "bucklichten Männleins" und der geschichtsphilosophischen des Engels der Geschichte. Wie sich beide zu biografischen und epochalen Unheilsgeschichten vereinen, kann Lütkehaus möglicherweise auch anhand der beiden nun erschienenen Bände der kritischen Benjamin-Gesamtausgabe nachvollziehen. Die Briefsammlung "Deutsche Menschen" (Band 10) und die philosophischen Lesestücke "Einbahnstraße" (Band 8) erscheinen dem Rezensenten in der Präsentation mit ihren Vorstufen, Varianten und Fragmenten als konsequente "Vergegenwärtigung der Trümmer der Geschichte".