Spätaffäre

Akteure im Klang

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
01.04.2014. Die BBC erzählt das Leben von Marvin Gaye. Im rbb liest Helmut Kopetzky aus Briefen und Dokumenten junger Soldaten auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Im BR erklärt Komponist Josef Anton Riedl seine Arbeit. Der Merkur klopft den Körper auf Klang ab.

Für die Augen

Heute vor dreißig Jahren wurde Marvin Gaye von seinem Vater, einem baptistischem Prediger, erschossen. Morgen, am 2. April, wäre er 75 Jahre alt geworden. Sein Bruder Frankie Gaye erzählt in dieser BBC-Dokumentation (59 Minuten) , wie sehr sich die Familie, auch wegen ihrer sehr speziellen baptistischen Sektenzugehörigkeit und des streng religiösen Vaters, als Außenseiter fühlte. "Und dann war unser Nachname auch noch Gaye!" Auch die Gewalt in der Gaye-Familie wird offen angesprochen. Gayes Geschichte wird von Freunden und Biografen erzählt.



Groß besprochen wurde in den letzten Tagen die Hans-Richter-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau. Dort zu sehen ist unter anderem auch sein surrealistischer Experimentalfilm "Dreams That Money Can Buy" aus dem Jahr 1947, in dem ein Mann anderen allein durch die Macht seines Blickes Träume auslöst. Lukas Foerster schrieb dazu in der taz: "Die alternative Traumfabrik, die da von europäischen Migranten fernab von Hollywood herbeifabuliert wird, ist einerseits ein Gegenmodell zur dominanten Kulturindustrie. Gleichzeitig hat das Strukturprinzip des Films, das unbehauene Nebeneinander ganz unterschiedlicher sinnlicher und visueller Intensitäten, viel mit dem Spektakel des frühen Kinos und dessen Ursprung auf dem Jahrmarkt zu tun." Auf Youtube gibt es den Film in voller Länge (80 Min.):


Archiv: Für die Augen

Für die Ohren

Helmut Kopetzky über sein Feature "Feinde wie wir. Jugend auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs" auf rbb Kulturradio: "Viele machten sich älter damals, um den Krieg nicht zu verpassen. Ich las Berichte über 14-jährige 'Kriegsfreiwillige', militärisch verkleidete Schuljungen, schön und kraftstrotzend wie die rotbackig bemalten Zinnsoldaten, mit denen sie kurz zuvor noch gespielt hatten. Viele sollten niemals 'richtige Männer' werden. Ihre 'Feinde', die mir aus den Dokumenten und Interviews entgegen marschierten, waren ebenso jung: die 'volunteers' der Massenarmee des britischen Kriegsministers Kitchener; die halb verhungerten serbischen Schuljungen, die gruppenweise Richtung Front pilgerten - tagelang, zu Fuß..." Hier zum Nachhören. (54 Min.)

"Lautgedicht, elektronische Musik und intermediale Komposition" lautet der Titel eines Gesprächs, das Julian Doepp für den Bayerischen Rundfunk mit dem Avantgarde- und Experimental-Komponisten Josef Anton Riedl geführt hat. Für seine Arbeiten (hier eine Hörprobe) greift Riedl auf ungewöhnliche Materialien zur Klangerzeugung zurück. In dem Gespräch bietet er einen ausführlichen Einblick in seine Arbeitsweise: Hier zum Nachhören. (25 Min.)
Archiv: Für die Ohren

Für Sinn und Verstand

Deutet sich ein Paradigmenwechsel beim Begriff der Rasse an, fragen Claude-Olivier Doron und Jean-Paul Lallemand-Stempak in La Vie des Idées und sichten zur Einordnung mehrere - interdiziplinäre - Beiträge zum Thema. Bei Juristen, Anthropologen und Soziologen sei jedenfalls seit einigen Jahren ein Anstieg von Untersuchungen zur Rückkehr des biologischen Rassekonzepts in der medizinischen, rechtsmedizinischen oder genealogischen Forschung zu verzeichnen. Oft wird die Neudefinition von den Minderheiten selbst betrieben, betonen die Autoren: "Catherine Bliss zeigt, dass diese Logik der freiwilligen Inklusion in der Medizin und Genetik von engagierten Forschern ausgeht, die aus den Minderheiten kommen und ihre Forschung mit einem politischen Engagement verbinden, um gesundheitliche Nachteile auszugleiche, unter denen ihre Gruppen leiden. Auf diese Weise erscheinen die Begriffe 'Rasse' oder 'Ethnie' nicht mehr als negative Begriffe und Vehikel der Hegemonie, sondern 'positive' strategische Instrumente, die es erlauben Ungleichheiten anzuprangern und zu bekämpfen."

Holger Schulze gibt im Merkur eine Einführung in die Sound Studies und zeichnet anhand mehrerer Neuerscheinungen nach, wie das Hören seinen ephemeren Charakter verlor und etwas Materielles und Körperliches wurde. Zum Beispiel lernt man von Julian Henriques, wie jamaikanische Sound Systems funktionieren: "In Resonanz einer Crew aus MC, Platten-Selector und einem Toningenieur mit den Tanzenden und mit den Lautsprecherboxen. Ein Gefüge von Akteuren im Klang, das weder auf Modelle des konzertant-sitzenden, pietistischen Hörens seit dem 19. Jahrhundert noch auf Modelle des choreografierten und eheanbahnende Tanzens bei einem Ball oder einer Diskothek der 1970er zurückzuführen ist. Die räumliche, akustische und situative Verbindung von technisch musizierenden, sozial interagierenden und sich tänzerisch artikulierenden Körpern um ein Sound System herum erzeugt einen kaum auflösbaren musikalisch-tänzerischen Zusammenhang der 'sonic bodies'."