Efeu - Die Kulturrundschau

Etwas existenziell Obdachloses

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15.01.2016. In der Welt erklärt Regisseur Marco Kreuzpaintner, was einen deutschen Film mit einem Budget von zehn Millionen Dollar von einem amerikanischen Film mit dem gleichen Budget unterscheidet. critic.de bringt eine zärtliche kleine Hommage auf den späten Stallone. Die NZZ würdigt nochmal den Pritzker-Preis für Alejandro Aravena, mit dem ausdrücklich eine sozial und politsch denkende Architektur ausgezeichnet wird. Die Filmwelt trauert um Franco Citti und Alan Rickman.
9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.01.2016 finden Sie hier

Film

Franco Citti, der Hauptdarsteller vieler Pasolini-Filme, ist im Alter von achtzig Jahren gestorben. Panorama bringt eine Bilderstrecke. Hier der ausführliche Nachruf im Guardian.



Franco Citti in einer Szene aus "Accatone".

Mit sichtlich gewärmtem Herzen verlässt Maurice Lahde die Pressevorstellung des Boxerdramas "Creed", mit dem Regisseur Ryan Coogler Sylvester Stallones klassische Rocky-Figur nochmals auf der Leinwand auftreten lässt - wenn auch diesmal als den alten Trainer und väterlichen Freund des Sohns seines alten Weggefährten Apollo Creed. Auf critic.de lobt Lahde insbesondere "Stallones einfühlsame, lebensfreundliche Darstellung ... Nie hat man mit Rocky die 72 Stufen so gerne erklommen wie heute." Die Academy sah das ähnlich: Gestern hat sie Stallone in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" für einen Oscar nominiert. Warum die nunmehr siebte Darstellung des Rocky für den strapazenerprobten Schauspieler die bislang größte Herausforderung darstellte, erfährt man in diesem Feature auf Variety.

Marco Kreuzpaintner, der Regisseur des kommenden "Polizeiruf" mit Matthias Brandt, hat bereits in Hollywood Erfahrung gesammelt - und ist nicht gerade begeistert über die deutsche Szenerie. Den Unterschied erläutert er im Gespräch mit Andrea Hanna Hünniger in der Welt so: "Die Budgets sind im amerikanischen Independent- Bereich ja nicht höher als hier. Ein Film wie 'Joy' mit Jennifer Lawrence hat auch nicht mehr als 10 Millionen Dollar gekostet. Der letzte Schweighöfer- Film hatte das gleiche Budget. Jetzt muss man die Filme einfach mal nebeneinander legen. Der eine ist für den Weltmarkt, der andere vielleicht noch für Österreich und die Schweiz."

Weiteres: Auf Artechock schreibt Dunja Bialas über die Truffaut-Retrospektive in München. David Steinitz (SZ), Andreas Platthaus (FAZ), Christian Bos (Berliner Zeitung) und Anke Sterneborg (ZeitOnline) schreiben zum Tod des Schauspielers Alan Rickman. ZeitOnline bringt aus dem Anlass auch eine Bilderstrecke. Sören Heim behauptet bei den Kolumnisten, dass die TV-Serie als Erzählform ihren Zenit überschritten hat.

Besprochen werden Samirs Dokumentarfilm "Iraqi Odyssey" (Berliner Zeitung, Perlentaucher), die auf Arte gezeigte Serie "Lava" (FAZ, FR, hier die erste Folge online), die Verfilmung von Martin Suters Roman "Die dunkle Seite des Mondes" mit Moritz Bleibtreu (Tagesspiegel), der Wirtschaftskrisenfilm "The Big Short" mit Christian Bale und Brad Pitt (critic.de, ZeitOnline) und der auf DVD veröffentlichte japanische Trickfilm "Puella Magi Madoka Magica: The Movie - Rebellion" ("absolut gegenwartswache visuelle Musik", begeistert sich Dietmar Dath in der FAZ).
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Musik

Für die Berliner Zeitung spricht Susanne Lenz mit der Musikethnologin Cornelia Nuxoll darüber, wie Musik unter anderem in Konflikt- und Gewaltsituationen eingesetzt wird. Im taz-Gespräch mit Ole Schulz gibt der in Brasilien lebende Labelbetreiber Wolfram Lange Auskunft über die brasilianische Popszene. Für die Zeit unterhält sich Hanno Rauterberg mit dem Künstler Tony Oursler über David Bowie als Kunst-Connaisseur. Für The Quietus wirft Chris Roberts einen eingehenden Blick auf David Bowies Texte.

Besprochen werden ein neuer Dokumentarfilm über Janis Joplin (Berliner Zeitung), ein Konzert von Zubin Mehta unter Daniel Barenboim (FAZ) und das Debütalbum der Garagenrock-Band Hinds, unter deren "Oberfläche etwas existenziell Obdachloses, etwas Abgefucktes mitschwingt", wie Jens Uthoff in der taz schreibt. Hier das aktuelle Video:

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Bühne

Andreas Klaeui nennt in der NZZ Ruedi Häusermanns Musiktheater-Abend "piano forte" am Schauspielhaus Zürich "ein bisschen kauzig, auch etwas niedlich und immer verspielt, aber so, wie ein Kind spielt: mit größtem Ernst."

Besprochen werden eine Wiener Dreigroschenoper mit Tobias Moretti (der Abend rutsche "zunehmend ab ins Lächerliche", schreibt FAZ-Kritiker Reinhard Kager; SZ) und die Jubiläumsrevue "Was tun? Ein Festakt" am Theater Neumarkt in Zürich (FAZ).
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Literatur

In der FAZ sinniert Schriftsteller Lars Gustafsson über buchstäbliches Schreibenlernen.

Besprochen werden Ferdinand Hardekopfs "Berliner Briefe: Feuilletons 1899-1902" (SZ).

Mehr aus dem literarischen Leben in Lit21, unserem Metablog zum literarischen Geschehen im Web.
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Stichwörter: Gustafsson, Lars

Kunst

Einige Wochen vor seinem Tod hat sich Artspace-Redateur Andrew M. Goldstein mit Ellsworth Kelly über eine neue große Monografie zu seinem Werk unterhalten. Hier der erste Teil des vierteiligen Interviews:



Und hier Teil 2 und Teil3.

In der taz schreibt Damian Zimmermann über die Kuba-Fotografien von Alfredo Sarabia Fajardo jr.

Besprochen werden die Ausstellung "Tod in Neapel: Heinrich Schliemann zum 125. Todestag" im Neuen Museum in Berlin (FAZ) und die Ausstellung "Romantische Landschaften: Paul Raymond Gregory und der Herr der Ringe" im Kunstverein Talstrasse in Halle an der Saale (FAZ).
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Architektur

Ulf Meyer kommt in der NZZ nochmal auf den Pritzker-Preis für den chilenischen Architekten Alejandro Aravena zurück (unser gestriges Resümee), der durch kooperative Projekte bekannt wurde, und begrüßt, dass "die Jury neuerdings in ihrer Wahl stark die soziale Komponente der Architektur in den Mittelpunkt gestellt hat. Nach dem Jahrzehnt der Stararchitekten und angesichts der bedrückenden städtebaulichen Mängel überall auf der Welt ist dies ein löblicher und nachvollziehbarer Ansatz. Zuvor war die Jury in Fachkreisen für ihre Tendenz, überwiegend ältere Männer zu ehren, in die Kritik geraten."
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