Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
13.11.2006. Wie zwei Buchhändler aus Westfalen die Branche aufmischen. Warum der Buchhandel schwach ins Weihnachtsgeschäft startet. Wieso das Bundeskartellamt dagegen ist, das  Preisbindungsgesetz nachzujustieren. Und welche Comedians fanatische Buchleser sind.

buchreport.express

Nach einer monatelangen Ruhepause melden sich die Rebellen der Branche wieder zurück. Mit zweiseitigen Flyern - dem Börsenblatt beigelegt - fordert die von zwei westfälischen Buchhändler gegründete Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Buchhandlungen (AuB) mehr "Vereinfachung, Verschlankung, Rationalisierung". Im Konkreten, berichtet buchreport, sollen unter anderem die Auslieferungen von Büchern konsequent verlagsübergreifend gebündelt sowie den Buchhändlern Jahreskonditionen von mindestens 40 Prozent eingeräumt werden. Einen Anhänger haben die Westfalen schon gewonnen: In seiner Kolumne "Sechsundsechzig Wörter" feiert buchreport-Herausgeber Bodo Harenberg die AuB-Vorschläge, die "die Rationalisierung und damit die Wirtschaftlichkeit der Branche auf einen Schlag weiter vorwärts bringen könnten als alle vorausgegangenen Versuche der letzten Jahre".

Wenige Wochen vor dem Jahresende zieht buchreport eine erste Bilanz: Nach einer Oktober-Umsatzentwicklung von minus 5,2 Prozent liegen die kumulierten Umsätze von Januar bis heute gerade einmal 0,2 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Als Ursache erkennt buchreport, dass dem Handel in diesem Jahr Renner a la "Harry Potter" gefehlt hätten. Selbst die Schröder-Memoiren seien schon auf Platz zwei der Sachbuchbestsellerliste abgefallen. Hinzu komme, dass besonders die Belletristik in diesem Jahr geschwächelt habe. Kein gutes Omen für das Weihnachtsgeschäft.

Auf der Suche nach der schwarzen Null und neuen Kunden zieht der Bertelsmann Club alle Register - und übertritt sogar die Grenze der Preisbindung. Zu diesem Fazit kommt buchreport beim Studium der aktuellen Club-Anzeigen, die dem Kunden einen Ausstieg aus dem Club bereits nach vier gekauften Artikeln einräumen. Ärgerlich besonders für den vom Börsenverein beauftragten Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels, der mit dem Buchclub eine mindestens einjährige Mitgliedschaft als Voraussetzung für das Angebot billiger Bücher ausgehandelt hatte.


Weitere Artikel: Thomas Rathnow übernimmt die Verlagsleitung der von Random House-Tochter DVA, der bisherige DVA-Chef Stephan Meyer verlässt den Verlag. Seinen Abschied feiert auch Jens Marquardt, bislang Finanzchef beim Aufbau-Verlag, der als kaufmännischer Leiter ins Schweitzer Sortiment (Schwerpunkt Recht, Wirtschaft, Steuern) wechselt. In Frankreich sorgt der Star des lirerarischen Herbst, der Autor Jonathan Littell, für Aufsehen - sowohl der Prix Goncourt als auch der Romanpreis der Academie Francaise gehen in diesem Jahr an den auf Französisch schreibenden Amerikaner ("Les Bienveillantes"). Ärgerlich für die Goncourt-Jury: Littell glänzte bei der Preisverleihung durch Abwesenheit. Und hier die Bestsellerliste.

Börsenblatt



Das Bundeskartellamt hat dem Börsenverein einen Korb gegeben: Auf Anregung des Sortimenterausschusses sollten die Kartellwächter Konkretisierungen des Preisbindungsgesetzes (besonders die Festlegung einer Höchstrabattgrenze von 50 Prozent, die beim Konditionenpoker zwischen Filialisten und Verlagen offenbar oft überschritten wird) ihr "D'accord" erteilen. Der "verbleibende Restwettbewerb" der Buchhändler auf der Nachfrageseite sei "besonders schützenswert", begründeten die Beamten ihre Absage. "Umso dringlicher wird eine spartenübergfreifende Einigkeit in Fragen einer - sagen wir es mit leichtem Pathos: Branchenethik", wünscht sich Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir im Editorial.

Am Round Table des Börsenblatts auf der Buchmesse haben sich Online- und Offline-Bücherexperten über die Zukunft von Fachinformationen unterhalten. Fazit: Der Sortimenter wird zum Händler von Inhalten, sein Arbeitsplatz wird zunehmend der Computer. Buchhändlerin Barbara Mahlke rechnet damit, dass sich die heutigen Fachbuchhandlungen innerhalb von fünf Jahren zu Lounges entwickeln werden, wo die Kunden in Ruhe in Büchern blättern und in Online-Datenbanken stöbern können.

Ebenfalls unter dem Thema Fachinformationen analysieren Eckart Baier und Michael Roesler-Graichen das Geschäft der Verlage auf dem Bildungsmarkt. Anlass ist der Verkauf der Bildungssparte durch den US-Fachverlagsriesen Thomson Corporation. Auch Wolters Kluwer hat die Abtrennung des Bildungszweigs als strategische Option verkündet.

Für die Serie zur Zukunft des Lesens hat Eckart Baier mit Jürgen von der Lippe gesprochen - dabei aber blöderweise die Frage nach der Perspektive der alten Kulturtechnik im 21. Jahrhundert vergessen. Dafür erfährt der Leser, dass der Showmaster Martin Walser als großen Stilisten verehrt und dass Comedians wie Atze Schröder, Wigald Boning oder Bernhard Hoecker "fanatische Buchleser" sind (fragt sich nur von welchen Büchern).


Weitere Themen: Der Tübinger Philosoph Otfried Höffe kritisiert die geplante Urheberrechtsnovelle, die das geistige Eigentum der Autoren verletze. Unter der Überschrift "Himmlische Geschichten" bietet das Börsenblatt zwölf Christbaumkugeln mit den strahlenden Gesichtern der Börsenblatt-Redaktion zum Ausschneiden, auf Pappe Ziehen und Aufhängen an (weit gefehlt - nach einem erneuten Studium des eigenwillig gestalteten Artikels wird klar, dass die Redakteure nur Büchertipps fürs Fest abgeben). Im "Menschen"-Ressort stellt Volkard Bode den Berliner Buchhändler und Verleger Wieland Giebel (Buchhandlung Berlin Story, Berlin Story Verlag) vor. Der Schwerpunkt des Heftes widmet sich der Sparte Recht, Wirtschaft, Steuern. Darin beschreibt unter anderem Christina Schulte den Wandel des RWS-Buchhandels "vom klassischen Fachbuchanbieter zum modernen Mediendienstleister".
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