Gershom Scholem

Poetica

Schriften zur Literatur, Übersetzungen und Gedichte
Cover: Poetica
Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783633542925
Gebunden, 780 Seiten, 58,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und kommentiert von Herbert Kopp-Oberstebrink, Hannah Markus, Martin Treml und Sigrid Weigel unter Mitarbeit von Theresia Heuer. Gershom Scholems Name steht über die Fachgrenzen der Jüdischen Studien hinaus für die Geschichte der jüdischen Mystik und des jüdischen Messianismus. Weniger bekannt ist, dass er zeitlebens intensiv mit Dichtungen und Übersetzungen sowie mit philologischen sprachtheoretischen Fragen befasst war. Die Edition zeigt diese literarische Seite des bekannten Religionswissenschaftlers. Sie gibt erstmals umfassend und systematisch Einblick in die Arbeit des Literaten und Übersetzers, des Intellektuellen und Kritikers, indem sie Scholems Poetica in sechs Abteilungen versammelt und die einzelnen Texte ausführlich kommentiert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.08.2019

Mit großer Begeisterung bespricht Thomas Meyer diesen Band gesammelter philologischer Arbeiten, Übersetzungen und lyrischer Texte des früh von sich selbst überzeugten Gershom Sholem. Zwar erkennt Meyer durchaus das manchmal Zweifelhafte einiger Positionen. Aber die ungeheure Lebendigkeit und sogar der "Spaß", den Scholem bei seiner Arbeit hatte, macht für ihn vieles wett. Scholems Bibelübersetzungen stehen nicht nur gegen die Luther-Übersetzung auf, erfahren wir, auch der Buber-Rosenzweig'schen Fassung hielt Scholem wenig zugute. Aus dieser Besprechung tritt einem ein selbstbewusster, fröhlicher, mit vielen Wassern gewaschener, ungeheuer gebildeter Bürger-Autor entgegen, dem das altmodische Reimen als Mittel intimer Kommunikation ebenso zur Verfügung stand wie grübelnde Philologie und höchst genaue Auseinandersetzungen mit dem Übersetzen. Besonders die hier vorgelegten Übersetzungen von Bialik und Agnon durch Scholem werden von dem begeisterten Rezensenten gepriesen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.06.2019

Felix Philipp Ingold versteht nach diesen Texten, warum sich der große Gelehrte Gershom Scholem der jüdischen Mystik und Kabbala zuwandte: Sprache konnte für Scholem nur bedingt inneres Anliegen wiedergeben. Wenn sich Scholem in Kritiken, Gelegenheitsarbeiten oder eigener Lyrik mit jüdischer Literatur auseinandersetzt, betrachtet Ingold das daher mit einer gewissen Skepsis. Scholem, erklärt Ingold, hatte eine recht altmodische Auffassung von Dichtung, immer wieder beschwöre er die Erhabenheit und Würde althebräischer Dichtung, während er das moderne Hebräisch als "reine Kling-Klang-Poesie" verschmähte. Kurt Tucholsky und später Philip Roth warf er vor, mit ihrem "Selbsthass" den Antisemitismus zu befördern, und nicht einmal Marcel Proust oder Else Lasker-Schüler fanden Gnade vor seinem strengen Blick. Ingold kann diese Vermischung von Kunst und Gesinnung nur mit Bedauern zur Kenntnis zu nehmen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.05.2019

Wolfgang Matz ist untröstlich. Der Band mit Schriften zur Literatur, Übersetzungen und eigenen Gedichten von Gershom Scholem macht ihm schmerzlich bewusst, wie fruchtbar die Begegnung von deutschem und jüdischem Geist hätte sein können, etwa, wenn Scholem sich mit dem "Anton Reiser" auseinandersetzt. Staunenswert sind für Matz das breite Interessenspektrum des Autors, von der Literatur und Sprache über die Übertragung religiöser Texte bis zur kritischen Beschäftigung mit Philip Roth, sowie Scholems Gedankentiefe und Originalität. Scholems Kafka-Deutung scheint ihm ganz einzigartig.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.03.2019

Eberhard Geisler stellt anhand dieses Bandes mit Schriften Gershom Scholems zur Literatur und eigenen Gedichten und Übersetzungen einmal mehr fest, inwieweit die Auslöschung des Judentums auch den Verlust poetischer Kraft und bedeutender Ideen zur Folge hatte. Der detailliert kommentierte Band ist für den Rezensenten ein editorisches Ereignis, da er bisher Unveröffentlichtes von Scholem zu sprachtheoretischen und übersetzerischen Themen oder der Tradition des Klagelieds enthält. Ferner entdeckt Geisler im Band Dokumente der Freundschaft zwischen Scholem und Benjamin und Literaturkritiken, etwa zu Rilke und Kafka. Die enthaltenen Gedichte scheinen Geisler zwar literarisch wenig aufregend, allerdings belegen sie das starke Sendungsbewusstsein ihres Autors, stellt er fest.