Friedrich Kittler

Baggersee

Frühe Schriften aus dem Nachlass
Cover: Baggersee
Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2015
ISBN 9783770559688
Gebunden, 231 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Baggersee versammelt frühe, unveröffentlichte Texte aus dem Nachlass Friedrich Kittlers. Die zwischen Mitte der 60er und Mitte der 70er Jahre verfassten Essays kreisen um Gegenstände des Alltags, Lektüren, Reisebeobachtungen, Naturphänomene, Sinneswahrnehmungen, Körperfunktionen, Wiedergänger, Natur und Kultur, Tod und Leben. Friedrich Kittler schreibt über Haare, Tiere, Filme, Spielautomaten, Kreuzworträtsel, Spiegel, Popmusik, Technik, Rauchen, Rausch und Mode. Am Ende der Studentenbewegung war auch in Freiburg der Aufbruch zu einem neuen Denken spürbar. Das Bewusstsein einer Veränderung oder Krise eröffnete Raum für ein Schreiben, in dem Gedankengespinste, Beobachtungen, systematische Erörterungen und solitäre Einfälle zusammentreten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 31.03.2016

So mitreißend ist Friedrich Kittlers Medientheorie, dass der Rezensent Harun Maye am Ende das Rezensieren vergisst, weil er so damit beschäftigt ist, Kittlers faszinierende Ideen über die Medien und das Fantastische nachzuzeichnen: Der Horrorfilm ist demnach der Film an sich, weil Film "aus allen Menschen jene Phantome" macht, um die es im Horrorfilm zuallererst geht. Ähnliche notwendige Bezüge zwischen Inhalt und Konstruktion erkennt Kittler laut Rezensent auch im Schauerroman. Überflüssig zu sagen, das der Rezensent das Buch mit Gewinn gelesen hat - ein aufregender Vorgeschmack auf die bei Fink geplante dreißigbändige Kittler-Ausgabe.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.01.2016

Detlef Kuhlbrodt wirkt von der Vielfalt der Themen, die in "Baggersee", dem ersten Band der Friedrich Kittler Gesamtausgabe, versammelt ist, ziemlich erheitert und zitiert hier "die gute Endlichkeit der Antwort", dort "die respiratorischen Zwillinge Tod und Rausch", oder einfach eine alphabetische Liste von Themen, von A wie Alkohol bis Z wie Zwerge. Kittler war ein exzentrischer Literatur- und Medienwissenschaftler, der mit seinem Konzept der Aufschreibesysteme für eine Weile Kultstatus genoss, weiß der Rezensent. Die bisher unveröffentlichten Texte in diesem ersten Band scheinen Kuhlbrodt so viel Spaß gemacht zu haben, dass er sie gerne zur Schau stellt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.12.2015

Als veritablen "Typewriter-Junkie" erlebt Helmut Böttiger Friedrich Kittler in diesen frühen Notaten aus den Jahren 1965-1975. Der Mangel an Systematik wird laut Rezensent wettgemacht durch über Begriffe wie Lust, Blut und Orgasmus irrlichternde Provokationen und immerhin verblüffende Ausblicke auf Kittlers weitere Entwicklung (Foucault, Pink Floyd). Lacans Psychoanalyse, Nietzsche und Barthes, das sind laut Böttiger Kraftzentren der Texte, abgesehen vom Baggersee-Ambiente, das, so die Vermutung des Rezensenten, ebenfalls für den ein oder anderen Text (etwa über Haut und Blöße) verantwortlich sein dürfte.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.12.2015

Die frühen Essays und Exzerpte des 2011 verstorbenen Literaturwissenschaftlers und Medienthoeretikers Friedrich Kittler - vielfach aus der Freiburger Studienzeit stammend - sind für Marc Reichwein anregend. Besonderen Gefallen findet der Rezensent an Kittlers Metapher der glitzernden Kieselsteine, die nach Reichweins Verständnis für einzelne Gedanken stehen und in der Masse Wissen erzeugen. Angesichts der kurzen Texte fühlt sich der Kritiker an Schopenhauers "Parerga und Paralipomena" sowie Adornos "Minima Moralia" erinnert; Kittlers "Gelehrtenkiesel" ergeben für Reichwein ein Buch, "in dem man immer wieder aperçu-süchtig blättern und Querbezüge auftun kann". Nicht zuletzt beweise der Nachlassband, wie hellsichtig und gedanktlich strukturiert der spätere Germanistikprofessor schon zu Studienzeiten war.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.11.2015

Das Buch scheint dem Rezensenten Eberhard Geisler doch eher was für Wissenschaftshistoriker zu sein, nicht für Baggersee-Slacker. Friedrich Kittlers frühe Schriften besitzen für Geisler weniger die Leichtigkeit von Fingerübungen eines angehenden Philosophen, als die präpotente Geschraubtheit eines orthodoxen Anhängers der Frankfurter Schule. Geisler, galant die Belesenheit des Autors und dessen interessante Gedanken zu Freud, Lacan, Aschenbechern oder Vampirismus anerkennend, zeigt sich schließlich genervt von so viel Verkrampfung, See hin oder her.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.11.2015

Die frühen Schriften Friedrich Kittlers machen Rezensent Phillip Felsch Appetit auf mehr. Glücklicherweise ist eine dreißigbändige Werkausgabe in Planung, freut sich der Kritiker. Aufmerksam liest Felsch die 112 hier versammelten Prosastücke, in denen sich der Literatur- und Medienwissenschaftler mal in Form eines Ideenprotokolls, mal als Schreibübung und in wechselnder Qualität mit unterschiedlichsten Themen wie Alkohol, Drogen, Pop-Art, Freud, Wahnsinn oder Zwergen beschäftigt. Darüber hinaus erlebt er den Autor in den frühen Texten nicht nur als hedonistischen jungen Mann, der bewusstseinserweiternden Drogen nicht abgeneigt war, sondern liest in den die "Minima Moralia" imitierenden Essays auch interessiert nach, wie Kittler sich an Adorno abarbeitete.
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