Tongue Tongue Hongkong

Matrix Louvre

Zweckloses Unbehagen
Cover: Matrix Louvre
Ritter Verlag, Klagenfurt 2003
ISBN 9783854153238
Gebunden, 268 Seiten, 418,00 EUR

Klappentext

Die Havarie im Louvre begann mit Stromausfall. Sofort wurden alle Ausgänge verriegelt. Niemand verlässt das Gebäude mit einem Bild unterm Arm. Die elektronischen Sirenen hatten ihre Notbatterien bald leergelutscht, wurden schwächer und fiepten dann nur noch gelegentlich hintennach. Führungen wurden mit Taschenlampen fortgesetzt. Das Schlurfen tausender touristischer Füsse auf dem alten Parkettboden. Als die gläserne Pyramide über dem Eingang zerbarst, gab es keinen Alarm... Zuerst schießen sie in die Luft, das heißt, in die Bilder, dann müssen ein paar Vitrinen dran glauben, aber schließlich lässt es sich nicht umgehen, ein reale Bedrohung ins Visier zu nehmen, warum es gerade der Herr mit Hut ist, weiss niemand. Vielleicht der Museumsdirektor, ein Putsch, ein Staatsstreich, der Wachschutz übernimmt die Hausmacht und richtet eine Militärdiktatur im Louvre ein. Dann kommen die Deutschen, sagte ich. Dann kommt der Frühling, und mit ihm die Panzer, sagte Lotti. Wir einigten uns darauf, dass im Frühling die Deutschen mit Panzern kommen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.12.2003

Bernhard Fetz ist begeistert von diesem experimentellen Buchprojekt, dem letzten Produkt der sich 2002 aufgelösten Schreib-Firma Tongue Tongue Hongkong, hinter der als Mastermind die Berliner Autorin Petra Coronato steht. Auch wenn das Lesevergnügen sich bisweilen nur mühsam und mit viel Willen zur Konzentration erschließt, lohnt sich Fetz' Meinung nach die Arbeit. Was die Arbeit von Tongue Tongue Hongkong ausmachte, fasst der Rezensent so zusammen: "Camouflage war ihr Prinzip, Recycling ihre Praxis". Im Falle dieses Buches bildet eine Wachschutzzentrale und das, was die Wachschützer da auf dem Bildschirm flackern sehen, den Rahmen des Erzählten. Das Projekt bedient sich verschiedener Primärquellen, um daraus eine Geschichte zu basteln. Nach Meinung des Rezensenten "hätte es ein zweckloses Unbehagen zur Folge, wollte man alle Quellentexte in 'Matrix Louvre' identifizieren". Fetz entdeckt in der Arbeitsweise Parallelen zur modernen Musik: "Unverkennbar" findet er das Projekt geprägt "von den Samplingtechniken der elektronischen Musik und dem abgeklärten Habitus der Szene". Die Art und Weise, wie Tongue Tongue Hongkong mit dem vorgefundenen Material umgeht, gefällt dem Rezensenten, auch wenn dieser Ansatz nichts Bahn brechend Neues mehr sei.
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