W. G. Sebald

Luftkrieg und Literatur

Cover: Luftkrieg und Literatur
Carl Hanser Verlag, München 1999
ISBN 9783446196612
gebunden, 132 Seiten, 17,38 EUR

Klappentext

Als W. G. Sebald im Herbst 1997 seine Thesen zu Luftkrieg und Literatur an der Züricher Universität vortrug, war das Echo unerhört. Sebald sprach über "die Unfähigkeit einer ganzen Generation deutscher Autoren, das, was sie gesehen hatten, aufzuzeichnen und einzubringen in unser Gedächtnis". Wichtiger als die Schilderung der realen Verhältnisse sei ihnen die Wiederherstellung ihres eigenen Selbstverständnisses gewesen. W. G. Sebalds provozierender Angriff erscheint hier zum ersten Mal, ergänzt durch einen Essay, mit dem der Autor auf die erregten Diskussionen antwortet.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.1999

Jochen Hörisch bespricht in einer Sammelrezension drei Bücher, die die Schrecken der Bombennächte während des Zweiten Weltkriegs zum Thema haben. Dabei geht der Rezensent besonders der Frage nach, inwieweit dieses Thema literaturfähig ist und welche Versuche es gibt, dem Grauen dieser Nächte Ausdruck zu verleihen.
1) W.G. Sebald: "Luftkrieg und Literatur" (Hanser Verlag).
Sebalds Buch wird dabei nur am Rande gestreift. Hörisch macht darauf aufmerksam, dass es sich hierbei um eine Veröffentlichung von Sebalds (überarbeiteten) Zürcher Poetikvorlesungen handelt. Diese Vorlesungen hätten seinerzeit für viel Beachtung gesorgt, weil Sebald der Ansicht ist, dass die Erlebnisse in Bombennächten eben nicht literaturfähig seien. Als "Gegenbeweis" wurde dabei von Diskussionsteilnehmern Gert Ledigs Roman "Vergeltung" ins Spiel gebracht.
2) Heinrich Breloer (Hrsg.): "Geheime Welten - Deutsche Tagebücher aus den Jahren 1939 bis 1947" (Eichborn-Verlag).
Auch Breloers Veröffentlichung wird hier nicht detailliert besprochen. Hörisch weist jedoch auf dieses Buch hin, um den Stellenwert von Ledigs Roman "Vergeltung" besser ermessen zu können. Die Tagebuchaufzeichnungen "normaler" Leute zeigen in Hörischs Augen vor allem die Hilflosigkeit, die Erlebnisse der Bombennächte in Worte zu fassen ("Ach, was ich alles sah! Bilder des Schreckens und der Zerstörung.") und können daher nicht an Ledigs eindringliche Schilderungen heranreichen.
3) Gert Ledig: "Vergeltung" (Suhrkamp-Verlag).
"Vergeltung" schneidet in Hörischs Augen eindeutig am besten ab. Ledigs Schreibweise habe auch mehr als fünfzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Bestand. Hörisch begrüsst, dass durch die Neuauflauge dieses Buches das Thema nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Ledigs bisweilen sehr sachliche Schilderungen (beispielsweise von erstickten Kindern, die vom Luftdruck gegen Mauern geschleudert werden, von deren Müttern, die man - wenn überhaupt - nur zerquetscht unter Trümmern finden kann) sind in den Augen des Rezensenten "Trümmerliteratur in jedem Wortsinne". Es sei eine Literatur, die der Welt der Zerstörung durchaus etwas entgegen zu setzen habe.
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