Roman Ehrlich

Malé

Roman
Cover: Malé
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2020
ISBN 9783103972214
Gebunden, 288 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Alle Versuche, die Malediven vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, sind gescheitert, Pauschaltouristen haben sich neue Ziele gesucht, und der Großteil der Bevölkerung musste die Inseln verlassen. Gleichzeitig ist die heruntergekommene Hauptstadt Malé zum Ziel all jener geworden, die nach einer Alternative zum Leben in den gentrifizierten Städten des Westens suchen. Und so wird die Insel für die kurze Zeit bis zu ihrem Untergang zur Projektionsfläche für Aussteigerinnen, Abenteurer und Utopistinnen, zu einem Ort zwischen Euphorie und Albtraum, in dem neue Formen der Solidarität erprobt werden und Menschen unauffindbar verschwinden.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.11.2020

Rezensent Xaver von Cranach macht klar, dass Roman Ehrlich mitnichten den Klimawandelroman geschrieben hat. Nicht mal eine stringente Story hat das Buch zu bieten, dafür einen Blick in die Gefühlshaushalte einer Handvoll Figuren, die sich auf die Malediven flüchten, direkt in den Klimagau, erklärt der Rezensent. Ehrlichs Interesse für das seelische Innere der Figuren scheint Cranach allerdings vielversprechend. Zu verraten, dass am Ende dieser Erkundung eine große Traurigkeit wartet, scheint für Cranach kein Spoiler zu sein.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.10.2020

"Woran werden wir denken, wenn um uns das Land im Meer versinkt?" Zu solch feierlichen Gedanken fühlt sich Rezensent Dirk Knipphals bei der Lektüre von Roman Ehrlichs "Malé" verführt. Was wie ein gewöhnlicher Ökothriller beginnt, entwickelt sich nämlich schon nach wenigen Seiten zu einer erhebenden Erkundung des Untergangs aus der sicheren Distanz der Gegenwart. Denn Ehrlichs Erzählen, so Knipphals, funktioniert ganz ähnlich wie seine "Begegnung" mit dem Handlungsort dieses Romans: Auf einem Containerschiff ist er an den Malediven vorbeigefahren. Weder Realismus noch Weltflucht findet der Rezensent in diesem Buch, sondern ein Erzählen aus der Distanz, die kritisches Hinterfragen erlaubt. Diese Distanz wahrt Ehrlich auch seinen zahlreichen und teils recht skurrilen Figuren gegenüber - Künstler, Aussteiger, zwangsläufige Egozentriker, die sich in der Hauptstadt der versinkenden Inseln versammelt haben. Gleichzeitig prägt sie auch den eher kühlen Erzählstil, der im Kontrast zu pathetischen Monologen und dem allgemeinen narrativen Wirrwarr steht. Mühsam ist die Lektüre dieses ungewöhnlichen Buches, findet der Rezensent, aber lohnenswert. Die Antwort, die sich Knipphals auf seine Anfangsfrage immer wieder geben muss, lautet übrigens: An sich selbst.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.09.2020

Rezensent Paul Jandl versinkt in einem Meer von Anspielungen, Zeichen und Bedeutungen mit Roman Ehrlichs Roman "Malé", der ihn in die postapokalyptische Zeit nach dem Untergang der Malediven führt. In "Malé", der Hauptstadt des einstigen Touristenparadieses, tummeln sich noch immer die Aussteiger und Abenteurer, erzählt Jandl, aber jetzt auch sinistre Milizionäre und seltsame Professoren. Eine Schauspielerin stirbt, ein Lyriker verschwindet. Düstere Atmosphäre beherrscht diesen "großen Bilderbogen", der den etwas ratlosen Kritiker an einen Superhelden-Comic ohne Superhelden erinnert.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.09.2020

Marten Hahn hört das Echo der Lektüre von Roman Ehrlichs neuem Roman noch lange nachhallen. Keine leichte Lektüre, warnt er, aber eine die "angenehm verwirrt", weil sie desto größer wird, je länger man sie bedenkt. Dass die Malediven bei Ehrlich nicht zum Ausgangsort für Climate-Fiction wird, für Moral und Apokalypse, liegt laut Hahn vor allem an der umwegseligen Sprache und am Reflexionsniveau des Autors. Auch wenn die Figuren im Buch Hahn nicht nahegehen und der Weltuntergang in diesem Fall keine Klarheit bringt, selten wurde die "Schweigsamkeit der Dinge" so anziehend verhandelt, findet der Rezensent.