Mark Mazower

Was du nicht erzählt hast

Meine Familie im 20. Jahrhundert
Cover: Was du nicht erzählt hast
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518428115
Gebunden, 371 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff. Als sein Vater stirbt und er herausfinden soll, wie seine Großeltern bestattet wurden, tut Mark Mazower, was ein Historiker am besten kann: Er macht sich an die Archivarbeit. Schnell wird ihm klar, wie wenig er über seine Familie weiß. Und so beginnt Mazower, die bewegten Biografien seiner Vorfahren zu erforschen. Etwa die seines Großvaters Max, der als Mitglied des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes in Vilnius revolutionäre Schriften verbreitete, bevor er vor den Wirren des russischen Bürgerkriegs nach Großbritannien floh - der vier Sprachen beherrschte und später doch kein Wort über seine Vergangenheit verlor. Oder die von Max' unehelichem Sohn, André, dem schwarzen Schaf der Familie, der mehrmals seine Nationalität wechselte, sich zeitweise im faschistischen Spanien niederließ und eine verschwörungstheoretische Abhandlung über die angeblichen Machenschaften eines jüdischen Geheimbundes verfasste.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2018

Stephan Wackwitz kennt von Mark Mazower wichtige Bücher über den Balkan. Wenn der amerikanisch-britische Historiker nun den Spuren seiner Familie, Angehörigen der jüdischen Intelligenzija im Osten der ehemaligen polnisch-litauischen Rzeczpospolita, wie der Rezensent mitteilt, nachgeht, ist Wackwitz gespannt. Anhand der zentralen Gestalt des Großvaters, Kaufmann und Genosse der sozialistischen Partei der Juden in der russischen Tscherta, wie der Rezensent notiert, folgt Mazower einem "blinden Entwicklungszweig" der russischen Revolution. Der Autor führt Wackwitz in das bald internationale Milieu der russisch-jüdischen Intelligenz und zeigt die Verwestlichung der Familie. Die Figurenporträts findet der Rezensent faszinierend, die ausgelöschten Milieus dicht beschrieben.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.08.2018

Rezensentin Judith Leister liest das in diesem Buch "breit angelegte" und zugleich unsentimentale Familienmemoir des Historikers Mark Mazower mit Interesse. Die Flucht von Mazowers Großvater von Russland nach Großbritannien setzt laut Leister eine jüdisch-russische Familiengeschichte in Gang, die der Autor detailreich und lebendig nacherzählt. Dabei tritt für Leister eine "verschattete Traditionslinie" der jüdischen Arbeiterbewegung in Osteuropa zutage. Neben den Aktivitäten des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes im Zarenreich treten bekannte Zeitgenossen wie Walter Benjamin bei Mazowers Spurensuche in Osteuropa laut Leister in den Hintergrund.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.05.2018

Beeindruckt schreibt Elisabeth von Thadden über dieses Buch, in dem sich der britische Historiker Mark Mazower die Geschichte seiner Familie erzählt, der ihm offenbar erst am Sterbebett seinen Vaters aufgegangen ist. Es geht nicht um verschwiegene Schuld, sondern einfach die verwickelten Lebensläufe russischer Emigranten, die von Moskau oder Petersburg aus nach Paris und London gingen, die aufwühlenden Zeiten erlebten und mehr oder weniger revolutionär blieben. Thadden wird ein wenig gefühlig angesichts diese Spurensuche, in der sich auch die Suche nach Heimat erkennt, und die Verneigung vor Eltern, die ihren Kindern ein Zuhause geben, obwohl sie selbst keines hatten.