Spätaffäre

Kunst in Serie

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
22.05.2014. Der Deutschlandfunk beschäftigt sich mit Wiederholung und Variation in den Künsten. In der London Review of Books analysiert Perry Anderson das Desaster der italienischen Politik. Népszabadság stellt Kornél Mundruczós in Cannes gezeigten Film "Fehér Isten" vor. Außerdem betten wir Richard Linklaters Debüt "Slacker" ein.

Für die Ohren

In einem Feature für den Deutschlandfunk geht Andreas Main der "Wiederholung in den Künsten" nach - von Pop bis zur bildenden Kunst. Aus dem Programmtext: "Von Dreher bis Warhol, von Minimal Music bis Techno: Wiederholung ist überall. Auch im Film lassen Regisseure täglich das Murmeltier grüßen, und die US-Band The National spielte in einem New Yorker Museum mehr als sechs Stunden lang die immer gleiche Ballade: "Sorrow". 105 Mal. Doch wozu? Warum überhaupt Kunst in Serie? Längst nicht alle können der Wiederholung in den Künsten etwas abgewinnen. Musikjournalisten machen sich lustig über die 'Retromania' im Pop, doch gibt es überhaupt eine Variation ohne Wiederholung?" Hier gibt es die Sendung online (52 Minuten).

Deutschlandradio Kultur hatte vor kurzem Holger Siemanns Kriminalhörspiel "Mord am Hindukusch" im Programm, eine Produktion des WDR von 2013. Die Geschichte: "Staatsanwalt Johannes Wintrup soll die Umstände aufklären, die zum Tod des Boxers Patrick Koslowski alias "Omme" geführt haben. Koslowski war wegen der Beleidigung eines Funktionärs aus dem Olympiakader geflogen und hatte sich freiwillig und medienwirksam nach Afghanistan gemeldet. Vor Ort in Camp North erfährt Wintrup, dass Koslowski mit einem Spezialkommando unterwegs war, um havarierte Technik zu bergen. Dabei wurde er von einer Handgranate am Oberschenkel getroffen und verblutete. Der Staatsanwalt kommt 'ARVis' auf die Spur, einem Kampfroboter-Projekt." (50 Minuten)
Archiv: Für die Ohren

Für Sinn und Verstand

In einem ellenlangen Artikel rekonstruiert Perry Anderson in der LRB das "italienische Desaster", die Korrumpierung und Personalisierung seiner Politik, die Berlusconi so erfolgreich betrieben hat, dass dessen Nachfolger Matteo Renzi vom Mitte-links-Bündnis PD sie nicht mehr bekämpft, sondern übernimmt. Aber, meint Anderson: "Makro-Personalisierung ist ideologisch nicht neutral. Sie ist die Antwort auf eine Welt, in der Personen grotesk aufgeblasen werden - Super Mario und so weiter - und im gleichen Maße parteipolitische Differenzen, und damit Wählerentscheidungen, minimiert. Berlusconis bleibender Erfolg besteht darin, wie er sich sehr wohl bewusst ist, mit Renzi nicht einfach nur einen Führungsstil reproduziert zu haben, sondern eine Politikmarke, die seiner sehr ähnlich ist, so wie Thatcher es mit Blair getan hat. Ihm sei zu verdanken, hat er oft behauptet, dass Renzi die PD umgekrempelt und für alle jede Spur ihrer sozialistisch-kommunistischen Vergangenheit getilgt hat. Er behauptet es zu Recht."

John Lanchester fällt zudem auf, dass die britische Regierung eigentlich nur einen Plan für das Referendum im September hat: Dass die Schotten gegen die Unabhängigkeit stimmen. Michael Wood huldigt Yasujiro Ozus Klassiker "Ein Herbstnachmittag", der im Londoner BFI gezeigt wird.

Am Wochenende wurde der neue Film des ungarischen Regisseurs Kornél Mundruczó "Fehér Isten" in Cannes gezeigt. Géza Csákvári stellt ihn in Népszabadság vor: "Der 'Weiße Gott' stellt einen Epochenwechsel dar. Am meisten aus der Sicht von Regisseur Mundruczó: Im Stil und in der Atmosphäre schafft er es, sich von den bisherigen Arbeiten seines Lebenswerkes zu entfernen... Trotz der formalen und sprachlichen Universalisierung ist der Film aber in seiner Thematik und kulturellen Kodierung ungarischer als alles zuvor. Vor allem in Ungarn werden die frustrierten und an einem gestörten Polizeistaat erinnernden gesellschaftlichen Anomalien ernst genommen werden. In den glücklicheren Teilen der Welt wird sicherlich davon ausgegangen werden, dass der dramaturgische Grundlage des Drehbuchs eine gigantische Fiktion ist."

Für die Augen

Auf der Berlinale hat Richard Linklater gerade erst mit seinem "Boyhood" die Herzen der Filmkritik für sich gewonnen (hier unsere Kritik - der Film kommt im Juni regulär ins Kino), da lohnt sich erst recht ein Blick auf die filmischen Anfänge des Regisseurs. Dass der amerikanische Vetrieb Filmbuff dessen Debüt "Slacker" in voller Länge bei Youtube online gestellt hat, kommt da gerade recht. Für das amerikanische Indiekino stellt dieser 1991 weitgehend improvisierte Film eine kleine Inititalzündung statt. Hier in voller Länge oder unten eingebettet (100 Minuten).




Interviews auf der Schriftstellerkonferenz Berlin: 31 Autoren aus 25 Ländern trafen sich am 8. und 9. Mai 2014 zur Europäischen Schriftstellerkonferenz in Berlin. Tina Mendelsohn hat mit neun von ihnen - Ágnes Heller, Nicol Ljubic, Oksana Sabusch, Nicoleta Esinencu, Maja Haderlap, György Dalos, Michail Schischkin, Mely Kiyak und John Burnside - vor Ort über ihre Idee von Europa gesprochen. (Neun Einzelvideos - insgesamt circa 100 Minuten) - Und die Schauspieler Judith Hofmann, Barbara Schnitzler und Matthias Neukirch verlesen das Autoren-Manifest zu Europa (Video-Start - 23.18 Min.)
Archiv: Für die Augen