Jakob Augstein, Martin Walser

Das Leben wortwörtlich

Ein Gespräch
Cover: Das Leben wortwörtlich
Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2017
ISBN 9783498006808
Gebunden, 352 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Martin Walser ist Schriftsteller. Jakob Augstein ist Journalist. Und sie sind Vater und Sohn. In diesem Buch sprechen sie über das Leben von Martin Walser, über dessen Jugend in Wasserburg am Bodensee, über den Vater, der Hölderlin gelesen hat, und die Mutter, die das Gasthaus geführt hat. Sie sprechen über den Krieg, über das Schreiben, über Geld und das Spielcasino in Bad Wiessee, über Uwe Johnson und Willy Brandt. Sex sei kein Sujet, sagt Walser, und so sprechen sie stattdessen über das Lieben. Und dann über das Beten. Jakob Augstein fragt Walser nach der umstrittenen Rede in der Paulskirche und der öffentlichen Fehde mit Marcel Reich-Ranicki. Und natürlich spielen Auschwitz und die deutsche Vergangenheit eine Rolle, ohne die das Leben und die Romane von Walser nicht zu denken sind. Und sie sprechen auch über sich.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2017

Ziemlich kunstvoll arrangiert findet Rezensent Jan Wiele diesen Gesprächsband zwischen Martin Walser und Jakob Augstein, in dem sich Vater und Sohn in zwölf Kapiteln und mit zahlreichen Zitaten gerüstet mit Walsers Lebensthemen auseinandersetzen. Distanz, Vorsicht, mitunter auch kritischen Witz attestiert Wiele dem fragestellenden Augstein, der seinem Vater manche Rechtfertigung, etwa zu dessen politischem Engagement, zu seiner Paulskirchenrede oder seinem Umgang mit Kritik entlockt. Dass die Gesprächspartner diesen Band mit Novalis' "Monolog", der den Riss zwischen Sprache und Wirklichkeit verhandelt, beschließen, erscheint dem Rezensenten klug.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2017

Recht feierlich bespricht Martin Oehlen diesen Gesprächsband von Martin Walser und Jakob Augstein. Allerdings baut er auch falschen Erwartungen vor: In dem Gespräch zwischen Vater und Sohn geht es vor allem um Walser, der Sohn und dessen Mutter Maria Carlsson spielen eine so geringe Rolle wie Walsers Frau Käthe. Augstein befragt also Walser, und der erzählt von seiner Kindheit und Jugend in Wasserburg, von den bundesrepublikanischen Granden des literarischen Lebens, von Siegfried Unseld, Uwe Johnson, Marcel Reich-Ranicki und Günter Grass. Wie genau und auch wie schmerzlich manche Momente dem alten Schriftsteller in Erinnerung sind, beeindruckt den Rezensenten. "Lebensklug" findet er auch, wie Walser Augsteins Fragen nach dem Nationalsozialismus pariert. Der solle nicht von Schuld reden, wie "ein Blinder von der Farbe".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.11.2017

Rezensentin Iris Radisch warnt vor: Über das Verhältnis zwischen Martin Walser, Rudolf Augstein und Jakob Augsteins Mutter Maria Carlsson gibt es hier allenfalls ein paar nüchterne Fakten zu erfahren. Und auch sonst entdeckt die Kritikerin in dem Band, den sie weniger als Gespräch denn als Walser'schen Monolog mit Jakob Augstein als literarisch versiertem Stichwortgeber bezeichnen möchte, zunächst nicht viel Neues. Walsers Familiengeschichte kennt sie aus dessen Romanen, zum Paulskirchen-Skandal und zu Marcel Reich-Ranicki ist im Grunde auch alles gesagt, meint die Rezensentin und der Rückblick des Fünfzig- und des Neunzigjährigen auf die deutsche Vergangenheit erscheint ihr "milde", ja geradezu "therapeutisch". Aber dann: Wenn Walser Jungvolk und Hitlerjugend als "reine Gesangsstunden" abtut, seine Wehrmachtszeit als "wunderbar" bezeichnet, die NSDAP-Mitgliedschaft der Mutter auf "wirtschaftliche Gründe" und die deutsche Schuld am Krieg auf das "Diktat" von Versailles schiebt, staunt Radisch doch über die so bisher nicht bekannte "Nuancenfreiheit", mit der Walser seine deutsche "Sonderwahrheit" vorträgt.