Spätaffäre

Immer nur ins Schwärzeste

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
22.01.2014. Unsere Vorschläge fürs Abendprogramm: der neueste "Tatort", eine Konzert-Gala zu Ehren von Krzysztof Penderecki bei arte, Radiodiskussionen über Max Frischs "Berliner Journal" und den immersiven Dokumentarfilm sowie interessante Lesestücke über Monopoly und Bollywood.

Für die Augen

Warum heute nichts ins Konzert? arte präsentiert eine Hommage an den polnischen "Neue Musik"-Komponisten Krzysztof Penderecki, der im vergangenen November 80 Jahre alt wurde (hier zudem ein interessantes Gespräch mit ihm). Gezeigt wird eine Gala im Warschauer Teatr Wielki. Die Aufnahme dauert 108 Minuten.

Außerdem ist der 61. Geburtstag von Jim Jarmusch ein willkommener Anlass, sich noch einmal die vielleicht schönste Episode aus "Coffee and Cigarettes" anzuschauen. (18 Min.)



"Tatort" am letzten Sonntag auch verpasst? Offenbar ein Fehler, wenn man "Tatort"-Experte Matthias Dell im Freitag folgt: Er sieht in der Episode "Todesspiel" ausnahmsweise "ein Feuerwerk der deutschen Fernsehfilmkunst, bei dem ein Kracher nach dem andern abgefackelt wird. Wenn jeder Spitzeneinfall dieser Folge (...) als Pfeil beim Dartwerfen in der Eckkneipe zum Einsatz käme - er träfe doch immer nur ins Schwärzeste." (Nachtrag, mit Dank an Ekkehard Knörer für den Hinweis: Im Kommentar löst Dell das Rätsel seiner Begeisterung auf: Alles nur, leider, Ironie, bzw. "Gegenteiltag". Schade.) Hier kann man die Folge, aus Jugendschutzgründen allerdings erst ab 20 Uhr, online sehen. (90 Min.)
Archiv: Für die Augen

Für die Ohren

Kaum ein Buch war in den vergangenen Tagen so präsent in den Feuilletons wie Max Frischs 20 Jahre weggeschlossenes "Berliner Journal", das die Tagebücher der Friedenauer Zeit des Autors bündelt. Beim SWR2-Forum spricht Ursula Nusser mit Volker Hage (Spiegel), Frauke Meyer-Gosau (Cicero/Literaturen) und Volker Weidermann (FAS) über die Veröffentlichung. (44 Min.)

In der BBC diskutiert Simon Smith mit den Dokumentarfilmern Louis Theroux, Lee Phillips and Nelufar Hedayat über die Frage, wie weit man als Reporter in die Welt eintauchen darf, aus der man berichtet (20 Min.):



Und schließlich:

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Für Sinn und Verstand

Auf Eurogamer erzählt Christian Donlan in einer langen Reportage die Geschichte von Monopoly im Zweiten Weltkrieg. Insbesondere als Schmuggelaccessoire für die britischen Kriegsgefangenen der Deutschen diente das seit den 30ern enorm populäre Brettspiel, das sich diesen gewandelten Bedürfnissen auch äußerlich anpasste. Bis dahin wurden Spielbrett und Utensilien in separaten Verpackungen verkauft: "Obwohl das im Allgemeinen ausreichte, war das für den MI9 und seine Fluchtforscher ziemlich unnütz. Sie benötigten Boxen von ausreichender Größe, um ihre Tricksereien zu verbergen. Wohl auch aus diesem Grund wurde die schickere - und teurere - Deluxe-Ausgabe eingeführt. ... Die geschickten Techniker beim Hersteller Waddingtons schnitten präzise Öffnungen für die Werkzeuge in den Rand des Spielbretts, während ausländische Währungen unter dem Spielgeld versteckt wurde. ... Hat das funktioniert? Laut Monopoly-Historiker Orbanes sogar perfekt: Teilweise, weil sich die deutschen Soldaten von den Care-Paketen fern hielten, um die Gefangenenaustauschprogramme nicht zu gefährden, teilweise aber auch, weil, je nun, wer sollte Monopoly auch schon nicht mögen? 'Die deutschen Wachen wussten, dass die Gefangenen, wenn sie sich mit etwas Unterhaltung - etwa eine Runde Monopoly - zerstreuen, dass sie dann wohl weniger Zeit darauf verwenden würden, über Flucht nachzudenken', lacht Orbanes."

Im indischen Magazin Frontline versucht der Filmwissenschaftler und Publizist M.K. Raghavendra am Bollywood-Kino den Wandel der indischen Gesellschaft und ihrer Werte abzulesen. Bedenklich erscheint ihm, dass die ethische Orientierung zunehmend zugunsten von Geschichten aufgegeben wird, die persönliche Bereicherung - durchaus auch mit kriminellen Mitteln - propagieren: "Der wirtschaftliche Aufschwung in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends ließ anglophone Inder in die Städte streben und bescherte ihnen höhere Löhne und größere Zahlungskraft. Der wachsende Wohlstand in den Metropolen schlägt sich im Film in einem klaren Bruch nieder. Hatte sich das Hindi-Kino einst mit den Armen, insbesondere den Bauern, identifiziert, erscheinen sie nun als geeigneter Gegenstand für ethnografische Studien. In dem Maß, wie sich der Fokus auf das persönliche Fortkommen verschiebt, kann Bollywood nicht mehr die moralische Rolle spielen, die es bis dato innehatte."

Auch Sashi Kumar beschreibt Veränderung im Bollywood-Kino, jedoch auf technischer Ebene: Mit der Schließung des Prasad Colour Lab, Indiens größtem kommerziellen Filmentwicklungslabor, sieht er das Ende des analogen Produktionsprozesses besiegelt.
Stichwörter: Bollywood, Kriegsgefangene