David M. Crowe

Oskar Schindler

Die Biografie
Cover: Oskar Schindler
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783821807591
Gebunden, 856 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Spätestens seit Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" glaubt man, über Oskar Schindler Bescheid zu wissen: Er war der Mann, der unter Lebensgefahr und unter Aufopferung seines Vermögens selbstlos über tausend unschuldiger Mitmenschen vor dem Tod in den Konzentrationslagern der Nazis rettete. David M. Crowes monumentale Biografie zeigt, wie spannend, widersprüchlich und wechselhaft dieses außergewöhnliche Leben wirklich war.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.01.2006

Die Biografie des amerikanischen Historikers David M. Crowe von Oskar Schindler "rückt" so einiges der Spielberg-Version "zurecht", stellt Tanjev Schultz fest. Trotzdem bleibe auch nach der "akribischen" Darstellung ein "ähnliches Bild" von Schindler als Spion, "gewitztem Geschäftsmann" und Frauenheld erhalten, also "alles andere als ein Heiliger", der trotzdem durch sein mutiges Handeln viele Menschen rettete. Ein bisschen muss Schultz allerdings auch schmunzeln über die "detailverliebte" Darstellung Crowes, der den Lesern selbst den Streckenverlauf eines von dem begeisterten Motorradfahrers Schindler bestrittenen Rennens nicht vorenthält.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.01.2006

Dafür, dass der amerikanische Historiker David Crowe den Anspruch erhebt, die einzig wahre Biografie Oskar Schindlers geschrieben zu haben, sind seine Schilderungen ziemlich blass, konstatiert Michael Wildt. Überhaupt stört sich der Rezensent an den vielen "Spiegelfechtereien", die der Autor mit Steven Spielberg führt, der das Leben des Mannes in "Schindlers Liste" verfilmt hatte. Crowe habe, berichtet Rezensent Wildt, sieben Jahre in Archiven zugebracht, Interviews mit überlebenden Juden geführt und Schindlers Nachlass gesichtet. Doch viel Neues hat er dabei in Wildts Augen nicht zutage gefördert. Dass Schindler eine moralisch zweifelhafte Gestalt war, ein ein Nazi, Frauenheld und Spieler sei auch vorher schon bekannt gewesen, bemerkt der Rezensent unzufrieden. Und die entscheidende Frage, was diesen haltlosen Mann dazu bewog, seinem Leben eine andere Richtung zu geben und seinen tausend Zwangsarbeitern das leben zu retten, könne er überhaupt nicht beantworten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 04.01.2006

Schindlers Liste habe es nicht gegeben! Für Rezensent Jan Süselbeck ist dies die Haupterkenntnis von Crowes Biografie. In einem einzigen Satz werde der Mythos zerstört. Weit weniger effizient seien dagegen Crowes Recherchen zum Leben Schindlers, da er sich aus Quellenmangel auf Thomas Keneallys Roman und Spielbergs Film beziehen musste, und dies auch im Vorwort einräume. Dies führt aus Sicht des Rezensenten zu einer viel zu umfangreich geratenen "Abgleichung zweifelhafter Quellen". Ein weiterer Kritikpunkt ist eine sehr distanzlose Perspektive auf Schindler, wenn der Autor ihn beispielsweise nur "Oskar" nenne. Den bekannten Sinneswandel vom Folterer und Nazi-Ideologen zum Judenretter könne Crowe allerdings differenzierter als bisher üblich darstellen, wobei im Vordergrund stehe, dass Schindler nach Stalingrad seine eigene Haut zu retten versucht habe. Die eigentlichen Stärken der Biografie lägen "paradoxerweise", so der Rezensent, in Crowes mehr erzählerischer Beschreibung des KZ Plaszow, aus dem Schindler die jüdischen Arbeiter bezog. Crowe liefere beispielsweise eine "beklemmenden Quellensammlung" zu den Taten des zweiten Protagonisten des Buches Amon Göth.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 01.09.2005

David M. Crowes Biografie von Oskar Schindler kommt mit über 100 Seiten Anmerkungen, dazu noch 50 Seiten Bibliografie und Index wuchtig daher. Eher zahm dagegen die Ergebnisse der Studie, merkt Christine Brinck an. "Akribisch" verfolgt der Historiker die Spuren seines Gegenstands, zieht "Interviews, Briefe, Aktennotizen" heran, um die historische Wahrheit ans Licht zu heben. Und? Bei all dem Dokumentenwälzen kam heraus, so Brinck, dass Spielberg sich geirrt habe; Coup des Buches ist, dass Schindler mit der berühmten Liste rein gar nichts zu tun gehabt habe. Vielmehr soll ein Marcel Goldberg, ein "korrupter jüdischer Sicherheitspolizist", die Liste nach Gutdünken zusammengestellt haben. Brinck hält diese Darstellung nicht für plausibel. Nicht nur, dass es dem widersprechende Äußerungen von Beteiligten gibt; auch der Zeuge, auf den Crowe sich wesentlich stützt, hatte das Lager Plaszow zum Zeitpunkt der Abfassung von Schindlers Liste bereits verlassen. Das erhöht die Glaubwürdigkeit seiner Aussage nicht. Ansonsten fügt Crowes Studie unserem Schindler-Bild keine wesentlichen neuen Züge hinzu; er vertieft nur die Schatten und erhellt die strahlenden Seiten. Unberührt von allen Diskussionen bleibt, wie Brinck feststellt, dass uns die Figur des Oskar Schindler immer noch berühren könne; wie da ein notorischer Abenteurer, Spion und Weiberheld die Wandlung zum Retter von 1000 Häftlingen wurde - das vermag immer noch unsere Bewunderung zu erwecken.