Julia Albrecht, Corinna Ponto

Patentöchter

Im Schatten der RAF - ein Dialog
Cover: Patentöchter
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2011
ISBN 9783462042771
Gebunden, 206 Seiten, 18,95 EUR

Klappentext

Der Mord an Jürgen Ponto und die Folgen. Ein bewegendes Buch aus der Sicht von zwei Frauen, deren Familien einst eng miteinander verbunden waren und die durch den Mord an Jürgen Ponto auseinandergerissen worden sind. Die Autorinnen werfen einen neuen Blick auf die - bis heute hauptsächlich von Außenstehenden gedeutete - Geschichte der RAF, die Rolle der Täter und die Wunden, die ihre Taten geschlagen haben. 30. Juli 1977: Jürgen Ponto empfängt Susanne Albrecht, die Tochter seines Jugendfreundes Hans-Christian Albrecht, in seinem Haus in Oberursel. Ihre Begleiter Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar schießen auf Jürgen Ponto. Corinna, seine Tochter, ist zu diesem Zeitpunkt zwanzig Jahre alt, Julia, Susannes Schwester, dreizehn Jahre. Nach dem Mord war das Band zwischen den Familien durchschnitten.
30 Jahre danach nimmt Julia Albrecht - die Patentochter von Jürgen Ponto - Kontakt auf zu Corinna Ponto - der Patentochter von Hans-Christian Albrecht. Ein Briefwechsel entspinnt sich, eine erste Begegnung findet statt. Im Mittelpunkt ihres Buches stehen die Geschichte der RAF und der Umgang damit, die Fragen nach Schuld und den Hintergründen der Täterschaft, nach den Möglichkeiten von Aufarbeitung und Versöhnung. Und beide Frauen tauschen sich darüber aus, wie man mit den eigenen Kindern über diesen Teil der deutschen Geschichte spricht, der doch auch Teil der Geschichte ihrer Familien ist. - Täter und Opfer der RAF - der erste Dialog von Angehörigen beider Seiten.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.03.2011

Merklich beeindruckt berichtet Wolfgang Gast, RAF-Spezialist der taz, von seiner Lektüre dieses Buches, das er als wichtigen Markstein in der Auseinandersetzung mit dem deutschen Terrorismus gelesen hat. Es dokumentiert den Briefwechsel zwischen Julia Albrecht, Schwester der RAF-Terroristin Susanne Albrecht, und Corinna Ponto, Tochter des ermordeten Bankiers Jürgen Ponto. Vor der Tat waren die beiden Familien befreundet, Susanne Albrecht bereitete dem RAF-Kommando den Weg ins Haus der Pontos. 30 Jahre lang gab es keinen Kontakt zwischen den beiden Familien. Gast spricht von einem "ungewohnt offenen" Buch, liest mit Interesse, wie Julia Albrecht versucht war, ihre Schwester als verführtes Opfer zu betrachten, oder wie scharf sie die Weigerung der früheren RAF-Mitglieder kritisiert, an der Aufarbeitung ihrer Geschichte mitzuwirken. Beeindruckt haben ihn auch Corinna Pontos Erklärungen zur Verbindung von RAF und DDR-Staatssicherheit. Allerdings bemerkt er abschließend, dass das Buch bei allem ungeschminkten Offenheit doch eine große Leerstelle aufweist: Susanne Albrecht, die es noch immer ablehnt, über ihre Tat zu sprechen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.03.2011

Reichlich flach bleibt Regine Igels Besprechung des Buches von Julia Albrecht und Corinna Ponto. Das Anliegen des Buches filtert Igel eher aus den Selbsteinschätzungen der beiden Autorinnen. Es geht um Erinnerungsarbeit zu einer familiären RAF-Geschichte, klar, aber auch um den Versuch der Schwester von Susanne Albrecht und der Tochter von Jürgen Ponto, die Geschehnisse in ein anderes Licht zu rücken. Igel nimmt die Worte Pontos auf, wenn sie schreibt, dass die Spur der Täter in die damalige DDR führt. Das Buch bezeichnet sie als Aufruf zu weiterer Aufarbeitung, nicht als Aufarbeitung selbst.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2011

In einer großen Reportage auf der Seite drei widmet sich Thorsten Schmitz diesem Buch, das mit Julia Albrecht und Corinna Ponto erstmals Angehörige einer RAF-Täterin und eines RAF-Opfers zusammenbringt. Susanne Albrecht, Julia Albrechts Schwester, war an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto beteiligt, bis zu der Tat waren die beiden Familien befreundet, Susanne Albrecht hat dem RAF-Kommando den Zutritt zum Haus der Pontos verschafft. Schmitz unterhält sich mit der Witwe Ignes Ponto, der Tochter Corinna Ponto und mit Julia Albrecht über das Verbrechen, über Trauer, Einsamkeit und Schweigen. Und natürlich über die schwierige Annäherung der beiden Patentöchter aneinander. Seiner Ansicht nach haben die beiden mit ihrem im Jahr 2007 aufgenommenen Briefwechsel ein Buch vorgelegt, das die Ruhe der beteiligten und beharrlich schweigenden Ex-Terroristen stören wird. Denn auch wenn es "leise vom Ton" sei, meint Schmitz berge es "ein Ausrufezeichen: Jetzt reden wir!" Und zwar darüber, was es bedeute, wenn ein Verbrechen das Leben zweier Familie zerstöre.
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