A. L. Kennedy

Süßer Ernst

Roman
Cover: Süßer Ernst
Carl Hanser Verlag, München 2018
ISBN 9783446260023
Gebunden, 400 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Jon ist ein guter Mensch in einer schlechten Welt. Als Staatsdiener der britischen Regierung in London muss er täglich unmoralisch handeln. Um seiner Entfremdung zu entkommen, schreibt er Liebesbriefe im Auftrag alleinstehender Frauen. Eine von ihnen ist Meg, die sich gerade von ihrer Alkoholsucht erholt. Von seiner Handschrift und seinen Worten betört, sucht sie Jon inmitten der pulsierenden Großstadt auf… Gibt es sie wirklich, jene Liebe, die wahrhaft süß ist, weil sie den anderen - seine Verletzungen, seine Einsamkeit - ernst nimmt?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.12.2018

Carola Ebeling taucht mit A. L. Kennedys Roman ein in die Liebesgeschichte des hohen Staatsbeamten Jon und der seit einem Jahr trockenen Buchhalterin Meg. Die an einem einzigen Tag in London spielende Story besticht laut Rezensentin durch Genauigkeit, Komik und zarten Ernst, Empathie mit den Figuren und Skepsis gegenüber den Dingen der Liebe. Wie Kennedy das Sehnen und Wünschen der Figuren mit den politischen und sozialen Realitäten Englands (Brexit, der Brand im Grenfell Tower, sexueller Missbrauch etc.) erzählerisch verbindet, scheint Ebeling bemerkenswert. Die Szenen und Figuren des Romans wirken noch lange nach, stellt die Rezensentin fest.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.11.2018

Im neuen Roman der schottischen Autorin A.L. Kennedy trifft der frustrierte Beamte Jon auf die bankrotte Wirtschaftsprüferin Meg, erzählt Rezensent Hans-Peter Kunisch. Während Jon sowohl von einer hässlichen Scheidung als auch von seiner Rolle als Schönredner in der politischen Öffentlichkeitsarbeit mitgenommen ist, kämpft Meg mit ihrer Armut und muss außerdem einen Missbrauch und ihre frühere Alkoholabhängigkeit verdauen, so Kunisch. Kennedy hier einen "literarisch-politischen Coup" gelandet, freut er sich: In einem Zug berichte sie nicht nur zartfühlend von der schüchternen Annäherung zweier gebeutelter Engländer, sondern biete dank der Berufe der Hauptfiguren und ihrer seelischen Auswirkungen auch eine messerscharfe Analyse des politischen und wirtschaftlichen Niedergangs des Vereinigten Königreichs. Der Rezensent ist beeindruckt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.11.2018

Rezensent Tilman Spreckelsen gefällt an A.L. Kennedys neuem Roman, wie die Autorin zwei Menschen im London der Jetztzeit beim Hadern mit Fake News, Psychopathen und einer Haltung zum Leben, zur Welt beobachtet, im perspektivischen Wechsel, Haken schlagend und letztlich ins Offene hinein, ohne Antwort. Liebe, Familie, Beruf, Selbsthass, Alkoholsucht spielen eine Rolle, lesen wir. Wenn Kennedy ihre Geschichte gelegentlich allzu stark symbolisch auflädt und die Konstruktion des Textes offen zutage tritt, kann Spreckelsen das verschmerzen.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 10.11.2018

Endlich einmal wieder ein gelungenes Buch über die "LIEBE in Versalien", freut sich Peter Praschl über A.L. Kennedys neuen Roman "Süßer Ernst". Der Rezensent findet es berückend, dass die Autorin es hier zwei vom Leben angeschlagenen Menschen ermöglicht, noch zueinander zu finden: Ein frustrierter politischer Beamter und eine ehemalige Trinkerin lernen sich über eine Zeitungsannonce kennen, erzählt er. Wegen ihrer schlechten Erfahrungen gestaltet sich ihre Annäherung schwierig, so Praschl, gelingt aber letztlich auf das Schönste. Für den Rezensenten ist dieser ausgesprochen nieveauvolle Roman auch eine hochwillkommene Abwechslung zu den "domestizierten" Beziehungsgeschichten, die in unserem aufgeklärt-bürgerlichen Zeitalter als Liebesromane verkauft werden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2018

Angela Schader entdeckt die Größe von A. L. Kennedy vor allem in den kunstvoll gearbeiteten Miniaturen, Charakterzeichnungen und Tableaus und episodischen Spannungsmomenten im Text. Die über 24 Stunden dokumentierte Paarkrise, ein komplizierter Pas de deux, wie Schader schreibt, Alkoholsucht, Verlustängste inklusive, wirkt zwar mitunter auf Schader überspannt oder auch absehbar, und die stilistische Brillanz und der Witz hätten durch "Nachschliff" noch besser herausgearbeitet werden können, findet sie, die prinzipielle Freude der Rezensentin über das Buch kann all das aber nicht eintrüben.