Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
26.04.2005. Diese Woche lesen Sie: Was der neue Chef der Frankfurter Buchmesse, Jürgen Boos unbedingt vermeiden möchte. Wie die Kinderbuchmesse in Bologna für die deutschen Verlage gelaufen ist. Wer die Buchkette Librairies Privat übernimmt. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Die Jury des vom Börsenverein gestifteten Deutschen Buchpreises hat ein großes Lesepensum zu bewältigen. Nach dem Einsendeschluss am 9. April steht fest, dass die Juroren 124 Manuskripte beurteilen müssen, bevor die Entscheidung für den "besten deutschen Roman des Jahres" fallen kann. "Rund die Hälfte der gemeldeten Titel erscheinen erst im Sommer beziehungsweise im Herbst 2005", erläutert das Börsenblatt. Der Deutsche Buchpreis wird heuer zum ersten Mal verliehen. Die Prämierung ist am 17. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse.

Das Gesetz zur Buchpreisbindung wird eventuell in einigen Punkten verändert, formuliert das Börsenblatt vorsichtig. Die Praxiserfahrung hätte Nachbesserungsbedarf beim Thema "Räumungsverkauf" offensichtlich gemacht. Bisher sei zum Beispiel keine Ausnahme von der Preisbindung bei einer Geschäftsaufgabe vorgesehen. Auch beim "Bibliotheksnachlass" könnte eine Modifizierung stattfinden, um den Missbrauch von Bibliotheksrabatten für private Bibliotheken auszuschließen.

"Alle schreiben von allen ab" betitelt Rainer Moritz, Chef des Literaturhauses Hamburg, seine Glosse und befasst sich mit den Plagiatsvorwürfen gegen Frank Schätzing (siehe auch Perlentaucher-Archiv).

In einem Special "Afrikanische Literatur" schreibt Thomas Blume über die zwei Wirklichkeiten in Büchern über Afrika. Afrikanische Autoren - mit Ausnahme der Nobelpreisträger und der Weltbestsellerautorin Waris Dirie ("Wüstenblume") blieben sie selbst dem aufmerksamsten Literaturkenner und Buchhändler kaum im Gedächtnis -, hätten oft eine harte, realistische Sichtweise und den Anspruch, in ihrer kulturellen und politischen Eigenart wahrgenommen zu werden. Demgegenüber stünden die Bücher nicht-afrikanischer Autoren, die oft in die Unterhaltungs- und Sensationsschublade passten. Klischeeüberladen setzten sie sich mit dem Leid und Elend des Kontinents auseinander oder befriedigten schlicht den Wunsch nach Exotik.

Der neue Chef der Frankfurter Buchmesse, Jürgen Boos, möchte insofern nicht in die Fußstapfen seines Vorgängers treten, als dass er "öffentliche Diskussionen um der Diskussion willen" vermeiden will. Das erzählte er im "Einstands"-Interview mit dem Börsenblatt und spielte auf die Debatte um die überteuerten Hotelpreise an. Ähnlich verhalte es sich mit der Event-Kultur, sagte Boos. "Das Event muss immer einen Bezug zu uns, zur Buchwelt haben. Der Aufmerksamkeit wegen in die Schlagzeilen zu kommen, ist nicht mein Ziel."

Die Reform des Börsenvereins ist einen Schritt voran gekommen: Nach längerer Diskussion schließt sich der Börsenvereinsvorstand den 40 Empfehlungen der elfköpfigen AG Verbandsreform an. Die Mitglieder des Vorstands unterstützten das Konzept "in Gänze", heißt es im Börsenblatt. Für Zündstoff hätte unter anderem der Vorschlag, die Abgeordnetenversammlung abzuschaffen und die Kompetenzen der Hauptversammlung (und damit auch die direkten Einflussmöglichkeiten der Mitglieder) zu stärken, gesorgt. Vor der Veröffentlichung der Empfehlungen werden sie diese Woche in den Gremien vorgestellt.

Personalien: Der irische Buchhändler John Mc Namee ist neuer Präsident der Europäischen Buchhändlervereinigung. Neu im Vorstand ist auch Dorothea Redeker, Geschäftsführerin des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein.

Meldungen: Die französische Tageszeitung Le Monde startet am 20. Mai die Edition "Le Musee du Monde" mit Kunstbüchern aus der Petite Collection des Taschen Verlags. Der von einem griechischen Gericht auf Grund "blasphemischer" Zeichnungen in seinem Comic "Das Leben des Jesus" verurteilte österreichische Karikaturist Gerhard Haderer ist in nächster Instanz freigesprochen worden.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die Deutschen lieben Angst und Schrecken. Das könnte man zumindest nach einem Blick auf die Bestsellerlisten meinen, "denn", so der Buchreport, "bei nahezu jedem zweiten Titel unter den 50 bestplatzierten Büchern handelt es sich um einen Krimi." Ganz anders vor 25 Jahren, als nur eine Hand voll Spannungsromane den Sprung in die "Top 50" schaffte. Die Entwicklung vorangetrieben hätten Autoren wie Donna Leon und Henning Mankell mit ihren zum Weiterlesen animierenden Serienhelden, schreibt das Branchenmagazin. Inzwischen seien auch Sub-Genres auf Erfolgskurs: Neben klassischen Krimis fänden sich sozialkritische Krimis, Justiz-, Mystik- und Wissenschafts-Thriller sowie Horrorbücher in den Verkaufs-Charts.

Johannes Paul II hat auf dem Buchmarkt Konkurrenz bekommen. "Nachdem der Konvent Joseph Kardinal Ratzinger zum neuen Papst proklamiert hat, ist die Nachfrage nach Buchtiteln aus seiner Feder explodiert", meldet der Buchreport. Die vier meist verkauften Titel bei Amazon seien mit Ratzingers Namen verbunden, Versender Weltbild habe dem 265. Oberhaupt der katholischen Kirche sogar einen eigenen Online-Shop eingerichtet. Unerwartet hat die Papst-Wahl die Verlage Kösel und Patmos getroffen: Die "Einführung in das Christentum" (ein Klassiker von 1968, für Generationen von Schülern fester Bestandteil des Religionsunterrichts) bzw. "Joseph Ratzinger" (eine von John L. Allen verfasste Biografie über den Kardinal) waren bereits Mittwochmorgen vergriffen und müssen nachgedruckt werden.

In überwiegend zufriedene Gesichter hat der Buchreport bei den Mitarbeitern der deutschen Verlage auf der Kinderbuchmesse in Bologna, der größten Lizenzmesse für Kinder- und Jugendbücher, geblickt. "Wenn wir klagen, dann auf hohem Niveau", zeichnete der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen, Klaus Willberg, ein Stimmungsbild. Auffällig sei ein Mangel an vielversprechenden Einzeltiteln, meinte Oetinger-Programmchef Markus Niesen, es werde derzeit stärker in Reihen gedacht. Nach Niesens Einschätzung hat sich das Fantasy-Genre nach dem "Harry Potter"-Boom wieder auf einem normalen Level eingependelt, aktuell nachgefragt würden besonders erzählende Sachbücher und historische Stoffe.

Die Brigitte-Hörbuchreihe "Starke Stimmen" hat Elke Heidenreich bereits erfolgreich angeschoben, jetzt wird sie im Auftrag der Frauenzeitschrift Geburtshelferin einer Buchedition. Frühestens ab Ende August sollen insgesamt 26 Titel, an deren Auswahl Heidenreich beteiligt ist, nacheinander im 14-tägigen Brigitte-Erscheinungsrhythmus ausgeliefert werden. Mit einer Billigbuch-Reihe möchten die Macher das Projekt nicht verglichen wissen: Die gebundenen Bücher kosten jeweils zehn Euro und sind somit doppelt so teuer wie die der SZ-Bibliothek, liegen jedoch unter dem Durchschnittspreis von Hardcovern (13,64 Euro in 2004).

Während "Baustellen-Manager" Marc-Oliver Sommer überlegt, an welchen Ecken und Enden beim Club Bertelsmann in Deutschland gespart werden kann (siehe "Die Buchmacher" von vergangener Woche), schöpft er in Frankreich wahrscheinlich bald aus den Vollen: Media Communications, französische Tochter der DirectGroup Bertelsmann und Holding für den Club France Loisirs, übernimmt - vorbehaltlich der Zustimmung des Kartellamts - die Buchkette Librairies Privat, berichtet der Buchreport. Damit stoße France Loisirs hinter Fnac auf Rang 2 im Ranking der größten französischen Buchhändler vor.

Personalien: Britta Kroker, Programmchefin und Mitglied der Geschäftsleitung bei Campus, verlässt das Unternehmen im Juni, um sich selbstständig zu machen.

Meldungen: Der in Südtirol lebende Schriftsteller Herbert Rosendorfer erhält dieses Jahr den Münchner Literaturpreis. Suhrkamp-Autor Thomas Meinecke tut es Rainald Goetz ("Abfall für alle") nach und stellt bis November aktuelle Notizen ins Internet. Mit "Lesen!" (ZDF) sorgt "die Heidenreich" weiterhin für Bestseller: Fünf der in der Sendung vom 12. April angepriesenen Bücher schafften diesmal auf Anhieb den Sprung in die "Top 50". Welche, hier.