9punkt - Die Debattenrundschau

Ein Häuptling, sozusagen

Rundblick durch die Feuilletondebatten. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
09.07.2014. In der taz erklärt der venezolanische Soziologe Edgardo Lander, warum auch eine Demokratisierung des Landes vom Umgang mit dem Öl abhängt.  In der FAZ rät David Grossman dringlich, noch einmal den Weg des Friedens suchen. Glenn Greenwald berichtet, dass die NSA prominente muslimische Bürger der USA ausspionierte. Die Zahlen der Zeitungen sind gesunken, werden aber sehr unterschiedlich interpretiert. Und die besten Tweets zum unglaublichen Spiel von gestern Abend.
Efeu - Die Kulturrundschau vom 09.07.2014 finden Sie hier

Gesellschaft

Laut Mashable haben Twitter-Nutzer ihren Schock über das gestrige Spiel Brasilien-Deutschland mit dem Hashtag #ThingMoreLikelyThanBrazilWinningTheWorldCup verarbeitet. Mehr auch hier: "The Miserable Agony of Being a Brazil Fan Today."


(Via Stefan Plöchinger) Nicht einmal der Oberempiriker Nate Silver hat das Ergebnis vorhersehen können: "It"s not that a German win was all that unlikely. Germany had a 35 percent chance of victory, according to our model. But the 7-1 scoreline was truly shocking."
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Überwachung

(Via Mashable) NSA und FBI haben mehrere prominente muslimische Bürger der USA ausspioniert, berichten Glenn Greenwald und Murtaza Hussain in The Intercept. "In der Praxis erlaubt der Autorisierungsprozess für die NSA ein weitreichendes Aushorchen von US-Bürgern. Die fünf Amerikaner, deren E-Mailkonten überwacht wurden, sind sehr öffentliche und unbescholtene Figuren. Alle bestreiten vehement, mit Spionage oder Terrorismus zu tun zu haben, keiner tritt für den gewaltsamen Dschihad ein."

In der SZ kommentiert Nicolas Richter ziemlich bitter die Spionageaktivitäten der USA in Deutschland: "Der einstige US-Geheimdienstchef Richard Helms hat einmal gesagt, die USA seien unfähig, einen Spionagedienst zu organisieren, weil sie sich zu wenig für das interessierten, was auf der Welt passiere. Das Desinteresse der USA an den Deutschen ist viel schlimmer als die Gier der CIA nach wertlosem Papier."

In Daily Beast schreibt Christopher Dickey der CIA ins Stammbuch, dass es schon um etwas gehen sollte, wenn man das gute Verhältnis zu anderen Staaten riskiert. Aber ach: "Die CIA hat offenbar wieder einmal auf einen Versager gesetzt. Während sich die Schlagzeilen auf die Vertrauenskrise zwischen nordatlantischen Verbündeten konzentrieren, ist doch die eigentliche Frage: Wie konnte die CIA, wie konnten ihre Leute in Berlin so unglaublich blöd sein?"
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Medien

Es ist immer wieder ergreifend, wie sich deutsche Zeitungsverleger für Gerechtigkeit einsetzen. In Christian Meiers Meedia-Bericht über die Verlautbarungen des Zeitungsverlegeverbands zu den jüngsten Zahlen liest sich das so: "Als unfair erachtet der BDZV das Vorgehen der Bundesregierung beim Mindestlohn. Der soll auch für Zeitungszusteller eingeführt werden. Hier fordern die Zeitungsverleger eine "Sonderregelung". Ein Kompromissvorschlag, der von einem Ausschuss unter Leitung von SPD-Frau Andrea Nahles erarbeitet wurde, wurde im Bundestag (mutmaßlich mit den Stimmen von CDU und CSU, vermuten die Verleger) "vom Tisch gewischt"."

Nach den Zahlen des Verbands sind die Umsätze der Zeitungen um 4,4 Prozent gesunken, die der Wochenzeitungen sogar um 7,5 Prozent. In der FAZ wird die traurige Meldung so angeteasert: "Deutschlands Tageszeitungen sehen sich trotz sinkender Auflagen auf Papier gut für die Zukunft gerüstet. Immer mehr Verlage seien dabei, mit Online-Journalismus Geld zu verdienen. Beim E-Paper-Verkauf erlebe die Branche einen Boom."

In ihrer taz-Kolumne sorgt sich Silke Burmester um ARD-Programmdirektor Volker Herres: "Ein Häuptling, sozusagen. Und was macht er? Twittert täglich Dinge wie: "Rote Rosen: Jenny Jürgens übernimmt die Hauptrolle in der elften Staffel." Sag mal, Medienredaktion, ist das nicht etwas … unter Niveau?"
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Geschichte

Alexander Kluy besucht für die Welt die Ausstellung "Krieg! Juden zwischen den Fronten 1914-1918" im Jüdischen Museum in München.
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Politik

Israel hat allen Grund zu Sorge und Vorsicht, meint der Schriftsteller David Grossman in der FAZ, aber seine Militärmacht könnte ihm auch ein wenig Mut verleihen: "Interessant ist, dass wir den Weg des Friedens mit den Palästinensern ernsthaft nur einmal, 1993, beschritten haben. Der Versuch ist gescheitert, und es hat den Anschein, als hätte Israel daraufhin beschlossen, diese Option ein für alle Mal zu begraben. Auch hier ist die verzerrte Logik der Verzweiflung am Werk. Den Weg des Kriegs, der Besatzung, des Terrors, des Hasses haben wir Dutzende Male beschritten, ohne dessen müde zu werden oder daran verzweifelt zu sein. Was hat es damit auf sich, dass wir uns ausgerechnet vom Frieden überstürzt und endgültig trennen wollen, nachdem wir nur einmal gescheitert sind?"

Die Bevölkerung im post-chavistischen Venezuela muss sich emanzipieren, meint der Soziologe Edgardo Lander im taz-Interview mit Wolf-Dieter Vogel. Doch das sei nicht so leicht, Venezuela lebt vom Erdölexport, die breite Bevölkerung von Petro-Dollars: "Die Menschen müssen mehr Kontrolle über ihr eigenes Leben bekommen und sich die Produktion aneignen. Das geht nur, wenn man das Produktionsmodell ändert. Solange das Ölrentenmodell herrscht, werden Basisorganisationen ständig ausgebremst, weil deren Kontinuität von staatlichen Zahlungen abhängt. Da sabotiert der Rentier-Staat eine demokratische Entwicklung."
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Gesellschaft

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Stichwörter: Fußball-WM

Internet

400 europäische Unternehmen wollen Kartellklage gegen Google bei der Europäischen Kommission einreichen, angeführt von einem Google-geängstigten Mathias Döpfner. Der ehemalige amerikanische Botschafter John Kornblum warnt (jetzt online) in der FAZ und erinnert an eine Parallele - den Kampf des Autokonzerns Ford gegen den Konkurrenten GM per Kartellklagen: "Die Dominanz von GM wurde schließlich auf dem Markt gebrochen, aber nicht von Ford, sondern durch innovative deutsche und japanische Importe. Diese Geschichte hält eine wichtige Lektion bereit. Juristische Angriffe gegen einen starken Konkurrenten sind fast immer erfolglos."

Johannes Boie berichtet in der SZ, dass sich beim neuseeländischen Internetprovider Slingshot das Geoblocking ausschalten lässt und Nutzer im Global Mode surfen können.
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Gesellschaft

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Stichwörter: Fußball-WM, Merkel, Angela