Benjamin Kunkel

Unentschlossen

Roman
Cover: Unentschlossen
Bloomsbury Verlag, Berlin 2006
ISBN 9783827006806
Gebunden, 320 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Stefanie Röder. Unentschlossen ist der 28-jährige Dwight und zwar chronisch, dabei müsste er so viele Entscheidungen treffen: Gerade hat er seinen Job beim Pharmakonzern Pfizer verloren, seine WG steht kurz vor der Auflösung, und ob es mit Vaneetha etwas Ernstes werden soll, weiß er nicht so genau. Auch in Dwights Familie geht es drunter und drüber. Die Eltern haben sich getrennt. Der Vater ist bankrott und trinkt gerne mal einen Scotch zu viel. Dwights Mutter spielt mit dem Gedanken, sich weihen zu lassen und Nonne zu werden. Schließlich möchte sie um Himmelswillen keine von diesen alternden Village-Damen werden. Und dann ist da noch Dwights Punk-Schwester Alice, für die er weit mehr zu empfinden scheint als reine Geschwisterliebe. Dwights Lieblingsphilosoph Otto Knittel ist der Meinung, dass Hinauszögern der Ersatz für Unsterblichkeit ist. Ein Motto, das Dwight sich sehr zu Herzen nimmt. Doch dann schlägt sein Mitbewohner ihm vor, sich als Proband für "Abulinix" zur Verfügung zu stellen, ein neues Mittel gegen Unentschlossenheit. Für Dwight die Lösung all seiner Probleme, wie es scheint.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.03.2007

Das Charmante am Helden seien seine "schrägen Bonmots", erklärt Rezensent Ulrich Sonnenschein den großen Publikumserfolg des Debüt-Romans von Benjamin Kunkel. Außerdem sei Dwight Wilmerding dümmer als sein Autor, aber der Roman schlauer als nur komisch. In Wirklichkeit nämlich, erklärt der Rezensent seine rätselhafte Rede, liefere Benjamin Kunkel mit philosophischer "Präzision" und "bitterem" Humor ein Porträt seiner Generation, deren Haupteigenschaften nun einmal Entscheidungsunfähigkeit und Lebensüberdruss seien. Zum Beispiel Held Wilmerding, er verwandele sich dank eines vom Autor "kühn" zur Verfügung gestellten Medikamentes über Nacht von einem leidenschaftslosen Computerfachmann in einen Sozialisten mit Missionsbewusstsein. Diese Position wiederum sei kaum zu unterscheiden von einem "anarchistischen Pragmatismus", und eigentlich hätten die Vertreter dieser Generation jegliche Ideologie über Bord geworfen, das zeige Kunkels Roman "eindrucksvoll". Die wahren Vorbilder solcher Art fantastischer Geschichten mit absurden Einlagen sind dem Rezensenten zufolge die Schelmenromane des 18. Jahrhunderts und keineswegs irgendwelche Zeitgeistelaborate.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2006

Jens-Christian Rabe gibt es gerne zu, dieser Roman, der in Amerika so großen Erfolg hatte, hat Witz, zeigt Klugheit und ist wirklich eine durchaus unterhaltsame Lektüre. Das Problem der Hauptfigur Dwight Wilmerding ist - wie der Titel schon vermuten lässt - - trotz abgeschlossenem Philosophiestudium - Unentschlossenheit in allen Lebensfragen, aus der ihm erst am Schluss die Liebe und die Politik heraus hilft. Damit, glaubt der Rezensent, trifft der amerikanische Autor Benjamin Kunkel den "Nerv" der saturierten Amerikaner zwischen 20 und 30. Was Rabe dabei allerdings zunehmend stört, ist die allzu große Harmlosigkeit sowohl des Helden wie des ganzen Romans, und er meint irritiert, dass die politische Wandlung, die Dwight mit der Liebe durchmacht und die ihn zu einem "demokratischen Sozialismus" führt, allenfalls, wenn überhaupt, in Amerika als provokant aufgefasst werden könnte. Letztlich sei aber auch die Hinwendung zum entschlossenen politischen Handeln nur eine weitere Variante eines Selbstfindungstrips, so der Rezensent etwas abgestoßen. Auch an der Übersetzung von Stefanie Röder hat Rabe einiges auszusetzen. Zwar treffe sie den Tonfall und finde auch für knifflige Wortschöpfungen manch "glückliche" Entsprechung im Deutschen. Die philosophischen Anspielungen habe sie leider nicht verstanden, wie uns der auf diesem Gebiet offenbar beschlagene Rezensent aufklärt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.09.2006

Alle jubeln, Felicitas von Lovenberg nicht. Über Benjamin Kunkels Roman "Entschlossen" senkt sie entschlossen den Daumen. Dabei hat ihr das Buch bis Seite 130 gar nicht übel gefallen. Das "ironisch-skeptische" und witzige Selbstporträt des Helden, sein Bewusstseinsstrom haben Lovenberg beinahe auf einer schnellen Welle der Sorglosigkeit davon getragen. Beinahe. Denn die Initiation des Wischiwaschi-Helden zum erwachsenen Bürger hält Lovenberg für nicht mehr als eine "matte Persiflage eines Bildungsromans". Es sind die Unfähigkeit des Autors, Handlung zu schildern, und der klischeebeladeneText, den er seiner Hauptfigur in den Mund legt, die Lovenberg die Lektüre vermiest haben. Allen Jubelchören zum Trotz.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 23.09.2006

Marion Lühe hat Nachsicht mit dem Buch und seinem Autor Benjamin Kunkel. Zu komisch, zu unterhaltsam, zu intelligent dabei, zu moralisch ohne moralisierend zu sein findet sie die "menschliche Versuchsanordnung" in Szene gesetzt, durch die ein "ewig Pubertierender" zu einem korrekt engagierten Zeitgenossen umgepolt wird. Schlüssig nämlich kommt ihr die rasante wundersame Wandlung nicht vor. Auch den Umstand, dass Kunkel eine sozialkritisch engagierte Kulturschrift herausgibt und er den Erfolg seines Buches für ein Missverständnis hält, lässt Lühe lieber unkommentiert. Möglich, dass dort Fragen lauern, die Lühes Wohlwollen überstrapazieren würden.