Jan Karski

Mein Bericht an die Welt

Geschichte eines Staates im Untergrund
Cover: Mein Bericht an die Welt
Antje Kunstmann Verlag, München 2011
ISBN 9783888977053
Gebunden, 620 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem englischen Originaltext und der französischen Neuausgabe von 2010 übersetzt von Franka Reinhart und Ursel Schäfer. Herausgegeben von Celine Gervais-Francelle. Dass Jan Karski, eine der zentralen Figuren des polnischen Widerstands, die Alliierten schon 1942/43 mit der Realität des Holocaust konfrontierte, hat ihm in Israel einen Platz unter den "Gerechten" eingetragen. Sein Lebensbericht "Story of a Secret State", 1944 unmittelbar unter dem Eindruck der Ereignisse geschrieben, wurde in den USA zu einem Sensationserfolg. Danach schienen Autor und Buch verschollen, bis Claude Lanzmann den herausragenden Zeitzeugen für seinen Film "Shoah" interviewte.
Heute wird Jan Karski neu entdeckt, und erstmals liegen seine außergewöhnlichen Memoiren auf Deutsch vor ein Dokument allerersten Ranges, Zeitgeschichte, die sich wie ein Kriminalroman liest. Als Hitler Polen überfällt, flieht der junge Offizier mit der zerschlagenen Armee gen Osten und läuft den Sowjets in die Arme, die ihn an die Deutschen ausliefern. Damit beginnt die abenteuerliche Odyssee Karskis durch ein Europa in Krieg und Aufruhr.
In tollkühner Flucht schlägt er sich zur polnischen Untergrundbewegung durch, wird rasch mit wichtigen Missionen betraut. Jüdische Partisanen schleusen ihn heimlich ins Warschauer Ghetto und ein Konzentrationslager, wo er Augenzeuge der Judenvernichtung wird. Karski gerät in die Fänge der Gestapo, wird gefoltert, flieht erneut. Seine wichtigste Mission als Kurier für den Widerstand führt ihn schließlich 1942 quer durch Nazi-Deutschland nach England und Amerika, um Anthony Eden und Roosevelt persönlich Bericht zu erstatten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.05.2011

Für Marta Kijowska erzählt Jan Karskis "bewegendes" Buch unter anderem von der Liebe des Autors zu seinem Land. Nicht nur als Bericht von den Geschehnissen im Warschauer Ghetto und im Konzentrationslager Izbica Lubelska, den der Autor, wie Kijowska versichert, mit höchstem Engagement zusammenstellte, als Zeitdokument ersten Ranges also, erscheint ihr das Buch sensationell. Spannend (mitunter wie ein Agententhriller) findet sie die Lektüre auch seiner plastischen Erzählweise, seiner lebendigen Dialoge und suggestiven Bilder wegen, mit denen Karski den Holocaust und, daran erinnert die Rezensentin eigens, den polnischen Widerstand beschreibt, für den er als Kurier tätig war.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.04.2011

Heinrich Senfft tut nicht mehr, als die Lebensgeschichte Jan Karskis in aller Kürze nachzuerzählen. Doch das genügt, um zu ermessen, welche Geschichte mit diesem Buch nun endlich auch auf Deutsch vorliegt, nach englischen, französischen, schwedischen und norwegischen Ausgaben noch während des Krieges. Wichtig findet Senfft das Buch, weil es das Grauen nicht versteckt, Karskis Erfahrungen im Warschauer Ghetto und im Lager Belzec vor allem, aber auch als Gestapo-Gefangener und später dann bei seinen folgenlosen Audienzen mit britischen und amerikanischen Politikern, u. a. Präsident Roosevelt. Dass Karskis Bericht über den Holocaust niemanden zum Handeln bewegte, empfindet der Rezensent als schockierend, den Autor zeigen die Umstände umso mehr als Kämpfer für die Gerechtigkeit.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.03.2011

67 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung erscheint Jan Karskis "Bericht an die Welt" auch auf Deutsch. Dass es so lange gedauert hat, liegt nicht nur an deutscher Ignoranz, weiß Rezensent Gerhard Gnauck zu berichten, sondern auch daran, dass Karski lange keine deutsche Ausgabe wollte, schließlich habe er aus seiner Abneigung gegen die Deutschen darin kein Hehl gemacht. 1944 hat Karski seine wahnwitzigen Erlebnisse als Kurier des polnischen Untergrunds aufgeschrieben. Durch halb Europa reiste er im Dienste der Heimatarmee, wurde von der Gestapo gejagt, gefasst und gefoltert und schnitt sich einmal sogar aus Angst, er könnte der Folter erliegen, die Pulsadern auf. Er schaffte es, in Washington mit Roosevelt zusammenzutreffen (in London wollte ihn Außenminister Eden nicht zu Churchill vorlassen), um von den Schrecken zu berichten, die sich im besetzten Polen zutrugen. Gnauck hat dies alles mit angehaltenem Atem und sehr beklommen gelesen, bereitet aber auch darauf vor, dass dieses Buch durchaus seiner Zeit und damaligen diplomatischen Prioritäten verpflichtet ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.03.2011

Jan Karskis Bericht an die Welt hat den Rezensenten Christian Semler tief beeindruckt und bewegt. Das 1944 von dem polnischen Offizier und Kurier des polnischen Widerstands verfasste Werk liegt zu seiner Freude jetzt endlich in deutscher Übersetzung vor. Er würdigt Karski, der sich ins Warschauer Ghetto und ins Lager Izbica einschleusen ließ, um als Augenzeuge der Welt vom Massenmord an den Juden zu berichten, als wahren Helden. Karskis "Bericht an die Welt" bietet in seinen Augen eine ungemein packende Agentengeschichte und eine instruktive Schilderung des polnischen Untergrundstaates während der deutschen Besatzung. Vor allem hebt Semler aber die beiden erschütternden Kapitel "das Ghetto" und "letzte Etappe", die die Zuständen im Warschauer Ghetto und im Lager Izbica schildern. Mit Lob bedenkt er das erhellende Vorwort von Celine Gervais-Francelle sowie den exzellenten Anmerkungsapparat. Das Fazit des Rezensenten: "Eine schmerzliche, eine unverzichtbare Lektüre".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2011

Dass Jan Karskis Autobiografie nun erstmals auf Deutsch erscheint, hält Rezensentin Katarina Bader für eine sehr positive Begleiterscheinung von Yannick Haenels Buch über den legendären Kurier der polnischen Heimatarmee, über das sie sonst nichts Positives sagen kann. Mit angehaltenem Atem hat sie dagegen die Autobiografie von Karski gelesen, der bereits im Alter von 30 Jahren Unvorstellbares erlebt hatte. Als polnischer Kurier wurde er von den Nazis durch ganz Europa gejagt, auch verhaftet und gefoltert, von jüdischen Untergrundgruppen wurde er in das Warschauer Ghetto und in ein Konzentrationslager geschleust. Mit besonderem Interesse registriert Bader, dass er in dieser Autobiografie auch schildert, dass die Verbrechen an den europäischen Juden nicht sein vorrangiges Anliegen war, als er sich mit dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt traf: Ihm ging es um den Untergang Polens und die drohende Besetzung durch die Sowjetunion. Aber trotzdem, seine Schilderungen aus dem Lager haben die Rezensentin gerade wegen ihrer Unbeholfenheit tief ergriffen: "Er hatte dafür keine Vorbilder - es gab noch kein Holocaustvokabular."

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2011

Hocherfreut zeigt sich Rezensentin Renate Wiggershaus über die nun vorliegende deutsche Übersetzung von Jan Karskis "Bericht an die Welt". Dieses Werk des Offiziers und Kuriers des polnischen Widerstands gegen die Nazis, der sich mehrmals ins Wahrschauer Ghetto und in Vernichtungslager Isbica Lubelska einschleusen ließ, um als Augenzeuge zu berichten und der Welt die Hilfsappelle der Juden zu übermitteln, ist in ihren Augen eine berührende, erschütternde Lektüre. Neben dem Bericht über diese gefährliche Mission hebt sie die Schilderungen des polnischen Untergrundstaates und der Widerstandsgruppen sowie der Verbrechen der Wehrmacht und der Gestapo hervor. Sie attestiert dem Bericht eine enorme Intensität, die Ereignisse, die Karski schildert, findet sie oft einfach "atemberaubend". Auch literarisch ist das Werk ihres Erachtens von hoher Qualität. Und nicht zuletzt lobt sie das informative Vorwort und die Anmerkungen der Historikerin Celine Gervais-Francelle.