Carola Stern

Doppelleben

Eine Autobiografie
Cover: Doppelleben
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2001
ISBN 9783462029819
Gebunden, 320 Seiten, 20,40 EUR

Klappentext

Carola Stern erzählt die Geschichte ihres Lebens, von Verstrickungen und Konflikten, Angst und Glück. Aufgewachsen auf der Insel Usedom, heuert die einstige Jungmädelführerin Erika Assmus nach Kriegsende in einem Raketeninstitut der Russen im Harz als Bibliothekarin an. Doch wenige Monate später erhalten die deutschen Spezialisten den Marschbefehl in die UdSSR. "Eka" bleibt in der damaligen SBZ, träumt vom kleinen beschaulichen Glück und lässt sich zur Lehrerin ausbilden. Doch dann taucht ein "Mr. Becker" vom amerikanischen Geheimdienst auf, und ihr Leben nimmt fortan einen ganz anderen Verlauf ... Sie flüchtet nach Westberlin. Unter dem Pseudonym Carola Stern beginnt sie zu schreiben und entgeht zwei Entführungsversuchen der Stasi. 1960 beginnt ihr drittes Leben. Sie arbeitet für den Verlag Kiepenheuer&Witsch, wird dann Journalistin beim WDR. Mit Gerd Ruge gründet sie amnesty international und mit Böll und Grass die Zeitschrift "L 76".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.12.2001

Jürgen Verdofsky folgt den Spuren der Carola Stern bis zu dem Moment, da jenes Doppelleben in der DDR beginnt, das dieser Autobiografie den Titel gab. Allerdings hält er die Offenbarung der US-Agentin Stern dann nicht für allzu spektakulär: "Um das eigentliche Doppelleben wird ein großer Bogen geschlagen". Dabei traut Verdofsky der Autorin durchaus zu, "aufdecken zu können, was auch westliche Geheimdienst-Maschinen in Menschen verwüsten", und hat es sogar schon von ihr gelesen, in dem vor 15 Jahren erschienenen Buch "In den Netzen der Erinnerung". Für diesmal aber bleibt dem Rezensenten nur der "unerbittliche Blick" Sterns auf die eigene Nazi- Jugend, die Krisen nach dem Neubeginn im Westen, sowie auf ihre facettenreiche Erfolgsgeschichte ebenda. Garniert mit einem Strauß von Anekdoten über "Gastmahle und Urlaube" mit Zeitgenossen und serviert in einem Plauderton, "der die Geschichte von dem Doppelleben einer unerkannten Agentin so unwirklich aus der Zeit hebt".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.04.2001

Auch wenn Thomas Fitzel dies nicht dezidiert zum Ausdruck bringt, so scheint ihm dieses Buch durchaus gefallen zu haben. Dem unkundigen Leser listet er dabei die wichtigsten Lebensstationen Carola Sterns alias Erika Assmus auf, wobei er auch auf ihr Geständnis, sie sei in die SED als amerikanische Agentin eingetreten, eingeht. Fitzel gefällt, dass Stern über die damit verbundenen Umstände "sehr ernüchternd" berichtet und sich hier nicht als "schillernde Spionin" präsentiert. Fitzel ist davon abgesehen aufgefallen, dass Stern ihre Zeit als BDM-Führerin - anders als früher - nicht mehr so sehr unter dem Aspekt des "falschen Heroismus" betrachtet, sondern familiäre Umstände in den Vordergrund stellt und sogar "Fabulierlust" an den Tag legt, wobei seiner Ansicht nach auch komische Momente eine Rolle spielen. Dies alles wird nach Fitzel knapp, aber doch eindringlich geschildert. Die Lebensstationen Sterns nach ihrer Flucht in den Westen werden nach der Diagnose des Rezensenten zunehmende "kursorisch und nonchalant" abgehandelt. Insgesamt sieht er in diesem Buch jedoch die Aufzeichnung eines "exemplarischen" Lebens, das die Entwicklung der Gesellschaft begleitete.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Als "ein bisweilen etwas ermüdender Versuch der Selbstrechtfertigung" bezeichnet Cathrin Kahlweit die nun vorliegende vollständige Biografie der Journalistin und Schriftstellerin Carola Stern. Nach dem Bericht über ihre Jugend als BDM-Mädel in ihrer bereits veröffentlichten Teilbiografie "In den Netzen der Erinnerung" beschreibe Carola Stern, die als Erika Assmus geboren wurde, nun weiter, wie sie sich nach einer Dozenten-Karriere an einer SED-Schule in den Westen absetzte. Kahlweit wirft Stern vor, einerseits ihre Vergangenheit ausführlich zu rechtfertigen, obwohl niemand "der alten Dame noch mangelnden Charakter vorwerfen" würde. Andererseits berichte sie gerade über die "Untiefen ihrer Seele" in "beschwingtem Parlando". Das Buch sei zwar informativ und humorvoll, doch für eine "mutige Selbstoffenbarung", als die es der Verlag preise, zu oberflächlich geraten.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.02.2001

Zum Glück kennt der Rezensent Volker Mauersberger, wie er selbst sagt, die Autorin, sonst hätte er nach den ersten 158 Seiten, die "viel Geduld" erfordern, nicht mehr weiter gelesen. In diesem Teil erzählt Stern, wie sie von einer begeisterten Hitlerjugendführerin zum für den Westen spionierenden SED-Mitglied wurde. Schon an dem "oft zähen Stil" merke man, dass es Stern sichtlich schwer fiel, darüber zu schreiben. Sind aber die ersten 10 Nachkriegsjahre endlich überwunden, komme die Autobiografie in Fahrt und wird nach Meinung des Rezensenten zu einem uneingeschränkten, auch stilistischen, Lesevergnügen.