T.C. Boyle

Sprich mit mir

Roman
Cover: Sprich mit mir
Carl Hanser Verlag, München 2021
ISBN 9783446269156
Gebunden, 352 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren. Wer ist menschlicher? Der Mensch oder der Affe? Sam, der Schimpanse, den Professor Schemerhorn in eine TV-Show bringt, kann in der Gebärdensprache nicht nur einen Cheeseburger bestellen, sondern auch seinen Namen sagen. Wie ein Kind wächst er umsorgt von Wissenschaftlern auf. Als die schüchterne Aimee dazu stößt, entspinnt sich eine einzigartige Beziehung: Sam erwidert ihre Gefühle und entwickelt sich regelrecht zu einem Individuum. Als jedoch die Vision Schemerhorns, der an das Menschliche im Tier glaubt, keine Schule macht, wird er für Tierexperimente von einer anderen Universität beschlagnahmt. Aimee ist am Boden zerstört und fasst einen verrückten Plan.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 26.02.2021

Yannic Han Biao Federer lässt sich von T.C. Boyles Roman mitreißen, der von der Forschung an einem menschlich sozialisierten, sprechenden Affen namens Sam und dessen spezieller Beziehung zur Forscherin Aimee erzählt. Inspiriert sei der Plot vom echten Fall des Primatenforschers Roger Fouts, der wie im Roman gegen seinen rabiaten Nachfolger und das Aussterben des Forschungszweigs ankämpfen musste, weiß der Rezensent. Langsam werde man sich bei der Lektüre der Konsequenzen einer Grenzaufhebung zwischen "nutzbarem Tier und beseeltem Menschen" bewusst, grübelt Han Biao Federer - am Ende des Romans, das ihn an Boris Karloffs Frankenstein erinnert, verwandle sich Sam zum wütenden Monstrum, verrät er.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.2021

Rezensentin Rose-Maria Gropp ist überwältigt von T.C. Boyles Roman über den Schimpansen Sam, der von einem Forscher und seiner jungen Assistentin in den siebziger Jahren aufgezogen und so gut im Sprechen trainiert wird, bis er sich über Gebärden verständlich machen kann. Eindrückliche Szenen gelingen Boyle, ganz reizende etwa, wenn Sam um Süßigkeiten bittet oder "Pizza mit allem" bestellt, oder bittere, wenn das eingesperrte Tier den Schlüssel verlangt. Aber den Kern des Buches sieht sie gerade darin, dass Boyle nicht auf die Nähe von Mensch und Affe abzielt, sondern im Gegenteil auf die Hybris des Menschen, eine Kreatur nach seinen Vorstellungen zuzurichten versucht. Damit kann er nur Monstren schaffen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.02.2021

In "Sprich mit mir" wendet sich T.C. Boyle einmal mehr dem Hauptthema seines Lebens und Schreibens zu: das Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Dabei läuft er laut Rezensentin Irene Binal zu literarischer Hochform aber auch zum Höhepunkt der Tragik auf: So gut und gleichzeitig so traurig war selten eine Geschichte des amerikanischen Autors. Alles beginnt mit einem vielversprechenden Experiment, und zwar sowohl auf der Handlungs- als auch auf der Konzept-Ebene. Ein Wissenschaftler will zeigen, dass Kommunikation zwischen Mensch und Schimpanse möglich ist. Und Boyle will zeigen, dass ein Autor sich in tierisches Denken und Fühlen hineinversetzen kann. "Zweifellos gewagt" ist der Versuch, als Autor aus der Perspektive eines Affen zu schreiben, so Binal. Umso erstaunlicher ist, dass es gelingt - ganz im Gegensatz zum Anliegen des Wissenschaftlers und seiner jungen Assistentin Aimee. Eine Geschichte, die die Grenzen zwischen den Welten verwischt, so die hingerissene Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.02.2021

Rezensent Burkhard Müller schätzt die intensive Recherche, die T.C. Boyle vor seinen Romanen betreibt. Für sein neues Werk hat er sich die in den sechziger und siebziger Jahren durchgeführten Sprachexperimente mit Menschenaffen vorgenommen, die den Hintergrund des Romans bilden. Aber Boyle wäre nicht Boyle, wenn er daraus einen Historienschinken bauen würde, fährt der Kritiker fort, der hier der Liebesgeschichte zwischen Aimee, wissenschaftliche Hilfskraft bei Forscher Guy, und dem Schimpansen Sam folgt. Sam wurde dem Team vom "zynischen" Moncrief, laut Müller ein "Schurke wie bei Charles Dickens", zur Verfügung gestellt; dieser holt ihn nun zurück und sperrt ihn ein, worauf Aimee mit dem Affen durchbrennt, resümiert der Rezensent. Spannender noch als die Story findet er allerdings Boyles Erzählform: Nicht nur aus Aimees Perspektive wird erzählt, sondern auch aus der von Sam, wobei das Sprachverständnis des Affen bei Boyle weit über den Forschungsstand hinausgeht. Und doch findet Müller den Roman erstaunlich schlüssig.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.01.2021

Rezensentin Petra Kohse freut sich auch über die 29. literarische Veröffentlichung von T. C. Boyle. Seine Geschichte von Menschen und Affen erzählt der Autor entlang historischer Ereignisse, erklärt Kohse, angelehnt an die Schimpansenforschung der späten siebziger Jahre. Wie Boyle die Handlung multiperspektivisch entfaltet, findet die Rezensentin wiederum raffiniert, spannend und das Ende geradezu sensationell. Boyles Respekt für die äffische Intelligenz scheint ihr bemerkenswert, die Geschichte filmisch, cool und auch "sehr traurig".