Gustav Seibt

Canaletto im Bahnhofsviertel

Kulturkritik und Gegenwartsbewusstsein
Cover: Canaletto im Bahnhofsviertel
zu Klampen Verlag, Springe 2005
ISBN 9783934920767
Gebunden, 208 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Sämtliche hier versammelten Essays ob zu Borchardt, Nietzsche, Weber, Thomas Mann oder zum deutschen Bildungsbürger stellen sich der Frage nach Abhängigkeit und Autonomie geistiger Leistung und nach dem Zusammenhang von Freiheit und Geschichtsbewußtsein. Ergänzt werden sie durch autobiografisch geprägte Miniaturen und amüsantabgründige Einblicke in das Leben einer nicht nur architektonisch zerrissenen Hauptstadt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 10.01.2006

Viel kann Rudolf Walther mit Gustav Seibts Essays nicht anfangen. Schon das Vorwort und die ersten zwanzig Seiten über das Leben in Berlin findet er ärgerlich. Hier gehe Seibt unter sein Niveau, strebe eine unerreichbare Ganzheitlichkeit an und werfe anderen Werken ihre Bruchstückhaftigkeit vor. Seibt reihe krampfhaft "Kalauer an Kalauer" und bringe nicht wirklich neue Erkenntnisse. Von "Parallelwelten" wisse man schließlich schon seit der Antike, schimpft Rudolf Walther. "Wer sich so weit aus dem Fenster hängt, kann nur hinausfallen ins rundum Flache". Doch in einigen der 14 Glossen, die in den letzten zwölf Jahren in verschiedenen deutschen Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind, zeige der Autor, dass er auch anders kann. Die Charakterisierung Petrarcas als "moralisierenden Literaten und Weltfremdling" lobt der Rezensent immerhin als "treffsicher". Das abschließende Selbstporträt wiederum verdirbt Walther die zart aufkeimende gute Laune schon wieder.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.11.2005

Aus Sicht des Rezensenten geht Gustav Seibt in seinen kulturkritischen Essays eine Art Dritten Weg der "Spielräume" zwischen den negativistischen und affirmativen Extremen. Phänomene wie die Love-Parade würde Seibt auch darum nicht einfach verdammen, weil er um vergleichbare "zivilisatorische Zustände" wisse und Kulturkritik nie ohne "historische Perspektive" betreibe. Dagegen biete der Autor, so Rezensent Joachim Güntner, einige Überraschungscoups gegen Zustände einer vermeintlichen Hochkultur. Petrarca werde beispielsweise als "intellektueller Hysteriker" beschrieben, oder der heutige Kunstbetrieb und sein Diskurs als "scholastisch" und "aufgeschäumt". Trotz aller Bewunderung für die "Schatzkammern des Wissens" des Autors, "dieses spätmodernen Bildungsbürgers", weist der Rezensent gleichwohl auf dessen Fähigkeiten "zum Angeber" hin. Ein Mann wie Gustav Seibt, konzediert Güntner, habe dazu aber allemal "das Recht".

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