Herman Bang

Stuck

Roman
Cover: Stuck
Manesse Verlag, Zürich 2005
ISBN 9783717520740
Gebunden, 510 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem Dänischen von Ingeborg und Aldo Keel. Das schöne Kopenhagen gibt die Kulisse ab für diesen bitterbösen, 1887 erschienenen Gründerzeitroman, in dem Herman Bang mit modernsten Kunstmitteln Größenwahn, Philistertum und Provinzialität seiner Heimat aufs Korn nimmt. Die neue Generation ist jung, dynamisch, erfolgreich - genial sowieso. Herluf Berg, ein junger Journalist, steht indes im Abseits. Rettung naht, als ihm der Posten eines Kodirektors am neu errichteten Victoria-Theater angetragen wird - vor dem Hintergrund aufgeblasener Kopenhagener Weltstadtträume das Prestigeobjekt der Bürgerschaft. Kurz entschlossen ergibt er sich dem quecksilbrigen Treiben. Doch Stuck und schöner Schein überdecken die Leere nur notdürftig. Im Nu hat der Romanheld erkannt, daß die Theaterwelt nicht weniger banal, kommerzialisiert und von Hochstapelei korrumpiert ist als die Gründerzeitgesellschaft insgesamt.
Thematisch dem Naturalismus verpflichtet, nimmt Bang mit großer formaler Kühnheit bereits den Duktus der literarischen Moderne vorweg. Seine Karikaturen reihen sich zu einem Panoptikum der Lächerlichkeiten. Sei es Herr Ornulf, der gealterte Held, die "Violinfee" Miss Thea, die zehn Jahre lang als Fünfzehnjährige zwei Erdteile bereiste, oder Patti, die "belgische Nachtigall", die sich weigert, auf Kredit zu singen - genialische Künstler und Blender werden hier ebenso erbarmungslos vorgeführt wie bigotte Bürger und halbseidene Bankdirektoren in Champagnerlaune.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.03.2006

Herman Bangs Roman "Stuck" überzeugt Sabine Peters als ein "entlarvendes Porträt der bürgerlichen Gesellschaft" aus der Gründerzeit Dänemarks, wobei sie findet, dass es auch heute noch durchaus aktuell erscheint. Das bereits 1887 erschienene Buch blickt hinter die schillernde Fassade eines Theaters und lässt dahinter Falschheit, Bankrott und Intrigen aufscheinen, erklärt die Rezensentin. Der Titel deute schon an, dass hinter der "schönen Fassade" des neu gebauten Theaters "nichts ist", so Peters, die lobend die "formal souveräne" Konstruktion des Romans herausstreicht. Sie findet es sehr angenehm, dass Bang seine Erzählung vom Niedergang nicht mit "bedeutungsschweren Hinweisen" und Fingerzeigen pflastert, sondern den Fall des Theaters variantenreich andeutet. Dem Autor gelingt es zudem, "Furor und Disziplin zu balancieren", so dass die Leser die vielen Details nicht verwirren, lobt Peters. Für sie ist ein vielschichtiger Roman, der nicht nur ein Bild der dänischen Gründerjahre zeichnet, sondern auch als "aktuelles Spiegelbild der Reichen und Schönen" und nicht zuletzt als eindrucksvolles "Memento mori" zu lesen ist.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.01.2006

Großes Lob vom Rezensenten Johan Schloemann erntet dieser 1887 erschienene und nun in einer "schönen" und gut übersetzten deutschen Neuausgabe vorliegende Roman des dänischen Schriftstellers Herman Bang. In "Stuck" beleuchte Bang den Aufstieg und Niedergang Kopenhagens in der anbrechenden Moderne, und zwar exemplarisch an der Figur des zum Theaterdirektor aufgestiegenen Feuilletonisten Herluf Berg - der nicht nur klanglich in die Nähe des Autors gerückt werden kann. Im besten Sinne schwindelerregend wirkt die Schilderung des aufstrebenden, aufgeregten Kopenhagen auf den Rezensenten. Ein Kopenhagen, das "mit großem dramatischen Talent Paris spielt". Doch aus "Goldregen" wird "Ascheregen" - wie die Überschriften der beiden Romanteile ankündigen - und auch der einsetzende Niedergang, der Kopenhagen letztendlich zur "kranken", "übernervösen" Großstadt machen soll, ist von Bang mit dem ironischen Blick des Kulturbetriebskenners beschrieben, bemerkt der Rezensent voller Bewunderung für dieses "große Gesellschaftspanorama".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.11.2005

Überaus angetan ist Rezensent Martin Meyer von diesem Roman des dänischen Schriftstellers Herman Bang (1857-1912), der "Passionen aus der Gründerzeit" vor Augen führt, Kopenhagen als eine Metropole des Aufbruchs, des Geldes, des Baubooms und der Kunst, aus der Sicht des aufstrebenden Journalisten Berg. Die versammelten Motive - Hochblüten der Kultur neben den Niederungen des Fleisches, Stolz der Reputation und Brüchigkeit der Existenz, Pathos und Komik, viel Haltung und Untergang - erinnern Meyer an das Werk Thomas Manns, der Bang sehr schätze. Allerdings hält er auch fest, dass Bang kein Großbürger wie Mann war, ja nicht einmal ein Bürger wie Theodor Fontane. Meyer charakterisiert den Journalisten und Pfarrersohn als einen "getriebenen Reisenden in Sachen Literatur", ansässig zwischen Prag, Paris und Berlin, und zuletzt Amerika. Sein Roman "Stuck" eröffnet seines Erachtens den Blick auf die "Zeit der Belle Epoque als Panoptikum zwischen Biedersinn und Größenwahn, schwüler Erotik und kaltem Kalkül".