Spätaffäre

Erfolge, Verrücktheiten und Gewalt

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
24.02.2014. Für die Augen: ein ganz früher Klassiker von Hitchcock und eine alte BBC-Doku über den Neuen Deutschen Film. Für die Ohren: Das Internet und die Wissenschaft und ein hinreißender Christian Gerhaher. Für den Kopf im allgemeinen: ein Fotobuch über den Großen Terror.

Für Sinn und Verstand

Für die Reiseausgabe des New York Times Magazine besucht Jon Mooallem den Mittelpunkt der Erde. Der liegt auf halber Strecke zwischen San Diego und Phoenix, Arizona, und ist Teil des steingewordenen Wolkenkuckucksheims des Milliardärs Jacques-André Istel. Istels Wüstenstadt "Felicity" ist eine Ansammlung monumentaler Gebäude und erdbebensicher verankerter Granitblöcke, in die ein Künstler seit 13 Jahren die Geschichte der Menschheit einmeißelt: "Ein Verzeichnis menschlicher Erfolge, Verrücktheiten und Gewalt. Van Goghs 'Sternennacht', das erste Polospiel 600 vor Christus, die Ausbreitung des Islam, H. G. Wells, Laotse, der Hamburger... Und weil Istel nicht vorhersehen kann, wie der künftige Besucher all dessen aussehen wird, vermittelt er fundamentale Wahrheiten, als wären sie eben erst entdeckt worden: 'Schön und romantisch anzuschauen, beeinflusst der Mond die Menschen aufs Tiefste.'" Istel hat Millionen in sein Lebensprojekt gesteckt, erhält aber bislang nur wenig Aufmerksamkeit. Werbung macht er keine, er hat ja Zeit. Seine "Felszeichnungen" sollen mindestens 4000 Jahre überdauern.

La vie des idees stellt ein neues Buch des polnischen Fotografen Tomasz Kizny und der Journalistin Dominique Roynette vor, das die Epoche des Großen Terror respektive der gigantischen "Säuberungswelle" in der Sowjetunion in den Jahren 1937 und 1938 aufarbeitet. Es umfasst Textbeiträge, unter anderem des russischen Historikers und Menschenrechtlers Arseni Roginski sowie des französischen Historikers Nicolas Werth, der schon 2009 eine historische Analyse (L'Ivrogne et la marchande de fleurs. Autopsie d'un meurtre de masse. 1937-1938) dieser Epoche vorlegte, vor allem jedoch lange unter Verschluss gehaltene Porträtfotos von Verhafteten, die das stalinistische Regime laut Kizny prinzipiell aufnahm, damit es bei späteren Exekutionen nicht zu "Verwechslungen" kam. "Häufiger jedoch wurden sie erst kurz vor der Erschießung aufgenommen, bevor sie in die Geheimarchive des NKWD wanderten. Mit ihrer Veröffentlichung gibt das Buch den Opfern ein starkes und einzigartiges Bild zurück, aus dem einfachen Grund, dass jede Fotografie eine ganze Seite einnimmt, und der Schwerpunkt auf einer Gegenüberstellung mit einer Reihe von Informationen aus Akten des NKWD liegt."


Stichwörter: Phoenix, Großer Terror, Werther

Für die Ohren

Wie rassistisch ist das deutsche Theater? Die Debatte um Blackfacing und die Rolle migrantischer Darsteller im Betrieb führte im vergangenen Jahr zu einer heftigen Auseinandersetzung. In einem ausführlichen Feature für den Zündfunk beim br fühlt Sammy Khamis dem Theaterbetrieb nun auf den Zahn. Hier zum Nachhören (58 Min.)

Wie verändert das World Wide Web die Zusammenarbeit von Forschern weltweit? Welche Forscher bloggen, welche nicht? Und aus welchen Gründen? Karl Urban ist diesen Fragen in einem kleinen Feature für den SWR nachgegangen. Hier zum Nachhören. (23 Min.)

Neu im Konzertplayer von WDR3: Eine Aufzeichnung der Berliner Philharmoniker von Robert Schumanns "Szenen aus Goethes Faust" vom vergangenen Dezember. Es dirigierte Daniel Harding. "Wie Christian Gerhaher in der Bergschluchtszene als Doktor Marianus dem Staunen über die aufziehende Himmelsvision reinsten Ausdruck verleiht, wirkt gestalterisch so überwältigend schön, dass allein dafür der Konzertbesuch lohnt", schrieb Martin Wilkening in der Berliner Zeitung. Hier zum Nachhören oder im folgenden eingebettet (118 Min.)


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Für die Augen

"The Lodger" von 1926, eine frühe Bearbeitung des Jack-the-Ripper-Stoffs und zugleich ein frühes Meisterwerk von Alfred Hitchcock. Der hatte zwar schon zuvor einige Filme gedreht, hält aber "The Lodger" selbst für den ersten "wirklichen" Hitchcock-Film. Bis heute hat der Film wegen seiner expressiven Bildsprache und seiner avancierten Inszenierung nichts von seiner Faszinationskraft eingebüßt. Da auf ZDF gerade eine recht sehenswerte "Ripper"-Serie der BBC läuft, passt das doch. Via CineNet legal auf Youtube (71 Min):



(via)Ein Fundstück aus den BBC-Archiven: "Signs of Vigorous Life", eine halbstündige Dokumentation aus dem Jahr 1976 über den Neuen Deutschen Film, bzw. dessen zentrale Protagonisten. Auch als Stück Zeitgeschichte interessant. (32 Min.)


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