Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
26.04.2004. Diese Woche lesen Sie: Im Börsenblatt polemisiert Peter Urban gegen seine Übersetzerkollegen. Der Buchreport-Express beklagt den Niedergang des Buchhandels in den neuen Bundesländern. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Übersetzungen haben in jüngster Vergangenheit in den Feuilletons für Wirbel gesorgt - diese Woche sind sie Schwerpunkt-Thema im Börsenblatt. Der Übersetzer Peter Urban glaubt: "Der deutsche Leser kann bis heute noch nicht wissen, wie die Klassiker der Russen geschrieben sind." Gründe für die bisher sehr unterschiedlich ausgefallenen Übersetzungen findet Urban in der "selbstherrlichen Arroganz" deutscher Übersetzer, in deren Stilempfinden und der zum Teil "höchst oberflächlichen Kenntnis der Sprache". Nachdem er zahlreiche Beispiele genannt hat, kommt Urban in Bezug auf die Russen-Klassiker zu dem Schluss: "Mit dem Übersetzen ihres Stils, ihrer Formen und Strukturen stehen wir erst ganz am Anfang."

Über "außerordentlich geglückte Übersetzungen", gerade in den zurückliegenden Jahren, freut sich Wolfgang Schneider im Börsenblatt. So seien etwa die neuen deutschen Fassungen von Flauberts "Bouvard und Pecuchet", Stendhals "Rot und Schwarz" und Celines "Reise ans Ende der Nacht" hervorzuheben. Übersetzungen sind immer Kompromisse. Nach wie vor gelte, dass sich eine gute Übersetzung nicht wie eine Übersetzung lesen dürfe, beschreibt Schneider die Schwierigkeit des Transfers. Hinzu komme, dass heutzutage Werktreue oberstes Gebot sei und Abweichungen vom Wortlaut sich nur schwer legitimieren ließen.

Schon wieder "Endstufe": Die von Thor Kunkel für seinen umstrittenen Roman als Vorlage benutzten "Sachsenwald-Pornos" sind nicht im Dritten Reich, sondern erst in den 50er und 60er Jahren gedreht worden. Das behauptet der Hamburger Kinobetreiber Werner Grassmann. "Endstufe"-Verleger Wolfgang Hörner entkräftet die Vorwürfe im Börsenblatt: "Kunkel hat Zeugen dafür, dass die Filme (...) schon 1945/46 im Gespräch waren. Auch eine der Akteurinnen der Filme hat er besucht." Im übrigen könne ein Roman, der - im Unterschied zu einem historischen Roman - über die Epoche hinaus etwas über die Gegenwart aussagen wolle, durchaus mit anachronistischen Elementen spielen.

Wegen des "schleppenden Geschäfts" hatte sich der Münchener E-Book-Spezialist Epodium vergangenes Jahr zurückgezogen. Jetzt hat er - unter demselben Namen - einen Neustart im Printsektor gewagt, berichtet das Börsenblatt. Neben dem Aufbau einer belletristischen Reihe plant der Verlag den Ausbau eines schon länger bestehenden kleinen Programms wissenschaftlicher Titel, die Reihe "Intervisionen - Texte zu Theater und anderen Künsten". Außerdem biete Epodium Kunden an, deren Biografie zu verlegen.

Lesen liegt bei Jugendlichen im Trend. Das hat eine Studie des Börsenvereins ergeben. Knapp 70 Prozent der befragten Jugendlichen hätten in den letzten Sommerferien ein Buch gelesen. Weitere Ergebnisse der Studie: Das Interesse an Büchern steigt mit der Höhe des Schultyps, unter den jugendlichen "Lesefans" sind mehr Mädchen als Jungen, gekauft werden Bücher von Jugendlichen zum größten Teil in Buchhandlungen, bei Mädchen stehen Romane über Liebe und Freundschaft an erster Stelle, bei Jungen Fantasy.

Hanser-Verleger und Autor Michael Krüger erhält den mit 15.000 Euro dotierten Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Weitere Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Random House hat die Pläne, einen eigenen Rackjobbing-Zweig für die Belieferung von Nebenmärkten aufzubauen, auf Eis gelegt. Der Branchenumsatz der Deutschen Fachpresse ist in 2003 um 4,8 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zurückgegangen, die Zeichen für eine Erholung des Fachinformationsmarkts sind allerdings gut.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Bedrohliche Signale sieht der Buchreport für den Buchhandel in den neuen Bundesländern: "Insbesondere in Sachsen-Anhalt und Brandenburg, aber auch - sieht man von den Großstädten einmal ab - in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern brechen die Umsätze weg." Gründe könnten der starke Kaufkraftverlust und das Abwandern potenzieller Buchkäufer in den Westen sein. Dass es nicht zu einem "epidemieartigen Buchhandelssterben" gekommen ist, führen die Landesverbände auf die "Selbstausbeutung der Buchhändler", etwa wegen unablösbarer Kredite, zurück.

Mit A9 ist die Testversion einer eigenen Suchmaschine von Amazon online gegangen. Sie präsentiert auf derselben Oberfläche Ergebnisse aus dem Netz und dem Amazon-Buchangebot - inklusive der passenden Textstellen aus der integrierten "Search Inside the Book"-Funktion (siehe Archiv). Künftig buhlt der neue Amazon-Service nicht nur mit Konkurrenz-Suchmaschinen um die Gunst der Surfer. Internet-Buchhändler wie buch.de, buecher.de und booxtra.de müssten auf lange Sicht um Marktanteile bangen, prognostiziert der Buchreport.

Die SZ-Bibliothek (mehr) hat ihr Umsatzziel - acht bis zehn Millionen Euro - bereits nach fünf Wochen erreicht. Allein vom Handel seien rund drei Millionen SZ-Bücher vorbestellt worden, berichtet der Buchreport. Aufgrund der positiven Eröffnungsbilanz sollen die Bände 6 bis 50 mit einer Auflage von mindestens je 150.000 Exemplaren starten. Der Erfolg lässt den Süddeutsche Verlag an Nachfolgeprojekte denken. "Eines kommt wahrscheinlich vor Weihnachten", kündigte Verlagsgeschäftsführer Klaus Josef Lutz in einem Branchenmagazin an.

Die Spielregeln sind schleierhaft, Risiken nicht einschätzbar: Dennoch drängen immer mehr Publikumsverlage mit eigenen TV-Büchern auf den Markt. Die Zahl der Begleitveröffentlichungen dürfte derzeit pro Jahr bei über 150 Titeln liegen. "Sender wie das ZDF fordern in der Regel eine Absatzbeteiligung von den Verlagen: mindestens vier Prozent", klärt der Buchreport auf. "Da Begleitbücher meist lange vor Ausstrahlung der Serien geplant werden, sind Erfolgsprognosen für Verlage heikel." Beim Lizenzkauf sei außerdem oft noch nicht klar, wie viele Serienteile der Sender plane.

Kommt die Ausbildungsabgabe, dann könnte es den Buchhandel doppelt treffen. Zu Ausbildungsplätzen zählen, hat der Buchreport herausgefunden, keine Volontärsstellen, in die private Medienunternehmen und Verlage - zum Teil auch Buchhandlungen - investieren, um ihren Nachwuchs auszubilden.

Meldungen: Die Kölner Staatsanwaltschaft hat beim Amtsgericht Köln Anklage gegen Ludwig Könemann erhoben, weil er den Konkurs seines ehemaligen Verlags verschleppt haben soll. Und: die Bestsellerlisten.