Thomas Theodor Heine

Die Wahrheit ist oft unwahrscheinlich

Thomas Theodor Heines Briefe an Franz Schoenberner aus dem Exil
Cover: Die Wahrheit ist oft unwahrscheinlich
Wallstein Verlag, Göttingen 2004
ISBN 9783892444657
Gebunden, 472 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Thomas Raff. Wo immer bis heute der Name Th. Th. Heines (1867-1948) fällt, wird sein künstlerischer Anteil an der von ihm und dem Verleger Albert Langen 1896 gegründeten satirischen Wochenschrift "Simplicissimus" in Erinnerung gebracht. Nach der Machtübernahme hatte sich die nationalsozialistische Führung unverzüglich gegen Heine gerichtet, ihn verfemt und verfolgt. Noch im April 1933 verließ Heine München und gelangte zunächst in die Tschechoslowakei, wo er bis 1938 lebte und arbeitete, dann floh er weiter nach Oslo. Während der deutschen Besetzung Norwegens erneut verfolgt und durch die SS verhört, floh Heine in einem organisierten Flüchtlingstransport nach Schweden. Über seine bislang so gut wie nicht erforschten Exiljahre unterrichten Heines vollständig erhaltenen 125 Briefe und Karten an Franz Schoenberner (1872-1970). Schoenberner war der letzte Redakteur des "Simplicissimus" vor Hitlers Machtübernahme. Als radikaler Liberaler und deutlicher Gegner des Nationalsozialismus war er bere its im März 1933 über die Schweiz nach Frankreich geflohen, von wo er 1942 die Erlaubnis zur Ausreise in die USA erhielt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.12.2004

Wer sich von diesem Band ein "scharfes Licht" auf die politische Lage im Exil während des Nationalsozialismus erwartet, wird sich "enttäuscht" sehen, warnt Jens Malte Fischer. Thomas Theodor Heine, bis zur "Gleichschaltung" des Satire-Magazins 1933 Karikaturist beim "Simplicissimus", wird, bereits 66-jährig, ins Exil gezwungen und korrespondiert aus Prag und Norwegen zwischen 1933 bis 1940 und dann seit 1945 bis 1947 regelmäßig mit seinem Exkollegen Franz Schoenberner, weiß der Rezensent zu berichten. Das "unpolitische Naturell" und mangelndes Vertrauen auf das Postgeheimnis macht Fischer für die fehlende politische Dimension in den Briefen verantwortlich und hier sieht er auch die "Begrenzung" dieses Briefwechsels. Dennoch meint er, dass die Briefe, die offenbar im Gegensatz zu den gänzlich verlorenen Antwortbriefen Schoenberners vollständig erhalten geblieben sind, ein "ungewöhnlich dichtes Bild" des Karikaturisten im Exil zu bieten haben. Er lobt nachdrücklich die "kundige" Edierung und den Kommentar von Herausgeber Thomas Raff und betont, dass wenn dieser Band auch nicht zu den "großen Dokumenten des Exils" gehört, doch zumindest eine schon allein wegen des Alters des Zeichners "durchaus nicht gewöhnliche Emigrantenexistenz" in den Blick rückt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.11.2004

Fritz J. Raddatz lobt die editorische Arbeit an den Briefen von Thomas Theodor Heine an Franz Schoenberner, die mit "höchst kenntnisreichen" Kommentaren versehen sind. Die Person des ehemaligen Simplicissimus-Zeichners und Briefautors aber ist ihm unheimlich. Heine sei als Jude zwar emigriert, habe sich aber im Exil politisch so sehr enthalten, dass Raddatz nur verstört daneben stehen und zusehen kann. Hier werde das "Exil als Blümchentapete" geschildert, Berichte über Badeausflüge, schlecht bezahlende Auftraggeber und andere Nebensächlichkeiten dominieren nicht nur das Bild, sondern füllen es aus. Der Nationalsozialismus tropft an Heine ab, registriert Raddatz fassungslos, diese "Teilnahmslosigkeit" hinterlässt bei ihm einen "faden Nachgeschmack". Und so wirkt dieses Buch auf ihn als auf seine Weise "einmalig" und "unerwartet", aber und vor allem auch "erschreckend".