Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
05.09.2005. Diese Woche lesen Sie: Warum Amazon eigentlich den kompletten Klick-Stream seiner Kunden speichern muss. Wie es um die Jury-Mitglieder des Deutschen Buchpreises steht. Und weshalb die Buchhändler unter der Novitätenauslieferung ächzen. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Das Börsenblatt ist wütend und fragt: Wie soll sich eine Kultur des Paid-Content im Internet entwickeln, wenn exklusive Kurzgeschichten für 49 Cent (bei Amazon, siehe Archiv) oder gleich kostenlos (für registrierte User: bei Weltbild.de) angeboten werden? Etwas Gutes haben die Aktionen aber, gesteht das Börsenblat: Sie gäben Aufschluss darüber, wie groß die Akzeptanz für digitale Literatur im Netz inzwischen sei.

Deutsche Publikumsverlage wollen zunächst nicht auf das Pferd mit dem "digitalen Content" setzen, nur Skepsis gegenüber dieser Geschäftsidee hörte das Börsenblatt bei seiner Umfrage unter Verlagsmitarbeitern heraus.

Orhan Pamuk, der im Oktober den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (mehr) erhalten soll, droht in seiner Heimat Türkei eine Haftstrafe. Zur Last gelegt werden dem Schriftsteller Äußerungen, mit denen er - im Schweizer Tages-Anzeiger - auf den Völkermord an den Armeniern und Kurden Bezug genommen hat. Börsenvereins-Vorsteher Dieter Schormann fordert die Einstellung des Verfahrens gegen Pamuk. Die Freiheit des Wortes gehöre zu den Grundwerten einer demokratischen Gesellschaft, so Schormann.

Bodo Kirchhoff, Jurymitglied des Deutschen Buchpreises, ist nach dem viermonatigen Lesemarathon - 150 Romane, darunter nicht wenige mit 500 Seiten - für die Longlist-Auswahl (siehe Archiv) geschafft. Das Bücherpensum und das in jeder Hinsicht Neue an der angestrebten Auszeichnung für den "besten deutschsprachigen Roman des Jahres" hätten es der Jury maximal schwer gemacht, schreibt Kirchhoff im Börsenblatt. Es gebe zweifellos vergnüglichere Arbeiten, aber im Hinblick auf die deutschsprachige Literatur im Moment keine wichtigere. Zeit zum Vergnügen haben Kirchhoff und die anderen Juroren erst nach dem 19. September: Bis dahin müssen sie aus den 20 Titeln der Longlist eine Shortlist mit sechs Titeln machen.

Meldungen: Franz Kafka hat eine eigene Internetseite bekommen. Und: die neue SWR-Bestenliste.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Der Buchreport fordert von den Verlagen eine Reform der Novitätenauslieferung. Das Gros der Buchhändler kritisiere, dass "die Masse der Neuerscheinungen in der Belletristik und im Sachbuch nahezu zeitgleich im Februar und März und dann noch einmal im August und September" auf den Markt geworfen werden. Eine Entzerrung der Auslieferung würde den Sortimentern zu einer stressfreieren Bewältigung des Wareneingangs und einer besseren Verteilung der Rechnungen verhelfen. Weiterer Vorteil: Auch in traditionell umsatzschwachen Monaten - etwa Juni, Juli - könnten Kaufanreize geschaffen werden. Einige wenige Verlage praktizieren übrigens schon erfolgreich das Konzept der "über das Jahr verteilten Novitätenauslieferung".

Mit Spannung erwartet der Buchreport die erste Resonanz auf die von Elke Heidenreich präsentierte 26-bändige "Brigitte-Buchedition" (Start-Termin war: 27. August). Zwar hält das Magazin Heidenreich für "Deutschlands überzeugendste Buchverkäuferin", dennoch müsse sich die Reihe der Frauenzeitschrift erst noch bewähren: Sie richtet sich nur an die Hälfte der Bevölkerung, hat weniger populäre und literarisch anspruchsvollere Titel als zum Beispiel die "Bild-Bestseller-Bibliothek", kostet aber das Doppelte.

Immer mehr Verlage schwimmen auf der Sonderausgaben-Welle mit. Zum selben "Kampfpreis", mit dem sich die Hardcover der SZ-Bibliothek und der "Bild-Bestseller-Bibliothek" so wunderbar verkauft haben, schiebt DuMont den Vorgänger von Michel Houellebecqs neuem Roman "Die Möglichkeit einer Insel" an: Für 4,95 Euro konkurriert "Plattform" als so genannte gebundene Erfolgsausgabe mit der Taschenbuch-Ausgabe (bei Rowohlt), die für einen Preis von 9,90 Euro schätzungsweise nur noch schwerlich Abnehmer finden wird. Schaden begrenzend für Rowohlt, dass die Sonderausgabe eine Limitierung bis zum Jahresende hat.

Die Nachfrage nach fremdsprachigen Original-Hardcovern steigt. Warum, und welche Konsequenzen dieser Trend für die Kalkulation in deutschen Verlagen hat, hier.

Amazon gelingt es fast jede Woche, sich ins Gespräch zu bringen. Diesmal schlägt Patrick Breyer Alarm: Die Online-Buchhandlung gehe unsensibel, gar gesetzwidrig mit Kundendaten um. "Amazon speichert den kompletten Klick-Stream der Kunden mit Adressen, Zahlungsdaten und Suchwörtern. Außerdem werden diese Daten gemeinsam mit ebenfalls aufgezeichneten Bestellungen und Verkäufen ohne jede zeitliche Befristung aufbewahrt", so der Vorwurf des Frankfurter Juristen im Detail. Das angegriffene Unternehmen antwortete im Buchreport, es wolle mit den gespeicherten Informationen lediglich das Einkaufserlebnis der Kunden individuell gestalten und verbessern.

Meldungen: Die Titel, die "Bücherfee" Heidenreich in ihrer "Lesen!"-Sendung (morgen, 22:15 Uhr, ZDF) bespricht, stehen fest. Zwei Tage vor der Wahl wird auf dem "Blauen Sofa" (zum ersten Mal in Berlin, im Rahmen des internationalen literaturfestivals) die Rolle der Kultur in der Politik diskutiert. Der Schriftsteller Josef Winckler bekommt in seiner Geburtsstadt Rheine ein eigenes Museum; Eröffnung ist am 27. November. Libri hat als erstes Barsortiment ein eigenes Hörbuch-Downloadportal gestartet. Die Spiegel Bestsellerliste HC Belletristik verzeichnet diese Woche zwei Neueinsteiger, wie sie unterschiedlicher kaum sein können: Susanne Fröhlich und Michel Houellebecq. Mehr.