Marlene Streeruwitz

Gegen die tägliche Beleidigung

Vorlesungen
Cover: Gegen die tägliche Beleidigung
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783100744289
Gebunden, 160 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Bei den Demonstrationen 2000 gegen die Rechtsregierung in Wien ging immer ein junges Paar. Sie trugen ein Plakat mit sich: "Gegen die tägliche Beleidigung" stand auf den Deckel einer Obstkiste geschrieben. Sie trugen das Plakat gemeinsam, eng aneinandergelehnt. Gegen die Verächtlichkeit von Macht ging es da. Gegen die sichtbare Beleidigung aller außerhalb der Gemeinschaft der Mächtigen. Aber wie kommt es zu Macht? In welchen Verhüllungen und Verkleidungen tritt sie auf? Marlene Streeruwitz übersetzt in einem Streifzug durch Texte der Hochkultur und des Trivialen diese Texte ins Wörtliche und kommt so der Architektur der Macht auf die Spur. Das ist eine leidenschaftliche Reise mit Hilfe von Verlangsamung und Untertönung, die Frage entlang, wie die Erzählung von der Macht weitergegeben wird. Das Ergebnis ist eine vorsichtige Eroberung ertragbarer Unsicherheiten und die Erkenntnisse daraus.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.01.2005

In den von Marlene Streeruwitz zwischen 2001 und 2004 gehaltenen und in diesem Band versammelten Vorlesungen sieht Rezensent Günther Stocker eine gute Gelegenheit, die Autorin als politische Denkerin kennen zu lernen. Wenn auch nicht alles darin neu sei, etwa über die "spezifisch österreichischen Formen der Geschichtsklitterung" oder die Gründe für den Erfolg Haiders, so musste vieles davon nach Meinung des Rezensenten damals "einfach gesagt werden". Die besten Beiträge, etwa über die subtilen Formen österreichischer Machtausübung oder die moderne Gefühlskultur, lobt Stocker als "zugleich luzide und provokant".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Die beiden Österreicherinnen Marlene Streeruwitz und Elffriede Jelinek werden häufig verglichen: ihre radikal weibliche Sicht provoziert. Nun hat Jelinek den Literaturnobelpreis erhalten, mal sehen, ob Streeruwitz davon profitiert oder mehr ins Abseits gerät. Beiden Autorinnen ist eine politische Sicht der Welt zu eigen, die vor allem konservativen männlichen Kritikern oft nicht behagt. Verena Auffermann allerdings stört sich weniger an Streeruwitz' kämpferischem Geist und ihrem politischen Engagement als vielmehr an der dahinter sich verbergenden gekränkten Haltung, die Auffermann "schwer zu ertragen" findet. Doch schärft solches Gekränktsein von der Welt, von den Verhältnissen, von einer Textur, die aus Sicht der Autorin immer männlich gewirkt ist, den Blick und bringt analytische Fähigkeiten hervor, die sich durchaus sehen und lesen lassen können - das belegt der nun erschienene Essayband für Auffermann zweifelsfrei. Streeruwitz' Angst, ihr Engagement seien echt und nervenaufreibend, gesteht die Rezensentin ein, dafür aber auch produktiv. Allerdings vermisst sie bei Streeruwitz die Selbstironie, das sei ähnlich wie bei Jelinek, aber anders als ihre Kollegin wolle Streeruwitz ihre Geschlechtsgenossinnen nicht denunzieren. Marlene Streeruwitz habe das "Gewissen eines Schutzengels", schreibt Auffermann und erteilt damit der Autorin ein höchst zwiespältiges Kompliment.

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