Peter Härtling

Liebste Fenchel!

Das Leben der Fanny Hensel-Mendelssohn in Etüden und Intermezzi
Cover: Liebste Fenchel!
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2011
ISBN 9783462043129
Gebunden, 375 Seiten, 19,99 EUR

Klappentext

Eine deutsche Familie des neunzehnten Jahrhunderts: Fannys Großvater Moses Mendelssohn war einer der Vordenker der Aufklärung, ihr Vater Abraham Mendelssohn ist Stadtrat in Berlin, beteiligt am Aufstieg der Stadt zur deutschen Metropole, weltoffen und assimiliert, sehr auf die Förderung der musikalischen Anlagen seiner vier Kinder bedacht. Und die geben Anlass zu großen Hoffnungen: Während Fanny, die Älteste, am Klavier und als Sängerin reüssiert, erwirbt sich der vier Jahre jüngere Felix schnell den Ruf eines Wunderkindes - auch dank der Förderung durch seine Schwester, mit der er früh zu komponieren beginnt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.12.2011

Xaver Oehmen bescheinigt Peter Härtling Einfühlsamkeit für Fanny Hensel-Mendelssohn, die sich als Konzertpianistin und Komponistin in ihrer Zeit nicht entfalten konnte, da sie statt für die Bühne von ihrer Familie lediglich für die Ehe vorgesehen wurde. Allerdings ist dem Rezensenten diese Biografie etwas zu "zärtlich", wie er kritisiert. Er findet, dass der Autor mitunter in seiner nicht chronologisch voranschreitenden Lebensbeschreibung allzu sehr im Ungefähren verbleibt. Dadurch werden brisante Zuspitzungen in den familiären Konflikten weichgezeichnet und eine Fehlgeburt Fannys beispielsweise muss man sich aus Andeutungen zusammenreimen, moniert Oehmen, der es hier schon gern etwas zupackender gehabt hätte.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.08.2011

Volker Hagedorn freut es außerordentlich, dass Fanny Mendelssohn in der Romanbiografie von Peter Härtling einmal nicht in defensiver Manier oder rein im Opferblickwinkel erscheint. Der Erzähler tritt mal als Großvater auf, mal distanziert er sich entschieden von der historischen Welt, wenn er beispielsweise anmerkt, dass am Platz der Taufkirche der Mendelssohns heute das Springer-Hochhaus steht. Damit hält er sehr geschickt Fiktion und Biografie in der Schwebe, so der Rezensent eingenommen. Was ihm offenbar besonders zusagt, ist, dass Härtling auf historisches Dekor verzichtet, allenfalls diskret auf zeitgeschichtliche Besonderheiten eingeht und auch den politischen Kontext weitgehend ausspart, denn das kann man, wie er meint, auch anderswo nachlesen. Dafür gelinge es dem Autor in einer zeitlos anmutenden Sprache, beispielsweise die "Wucht der Konventionen" in einem Satz besser zu kondensieren als jede soziologische Studie, wie der Rezensent bewundernd feststellt. Hagedorn fällt besonders an den wenigen Stellen, die in die Klischeefalle tappen, auf, wie viele Stereotype der Autor hier umschifft hat und so richtig auszusetzen hat er deshalb nur etwas am Schluss, der ihm ein bisschen zu ahnungsreich und schicksalhaft geraten ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.08.2011

Viel Freude hatte Rezensentin Judith von Sternburg beim Lesen dieses Buches, in dem Peter Härtling ein Bild der Fanny Hensel zeichnet, das nicht frei sei von Projektionen, aber immer konzentriert bleibe: "mal leichthändig, mal leichtsinnig". Sternburg hat hierin Fanny Hensel gefunden, die zwar die Ungerechtigkeit spürt, dass ihr Bruder eine Wunderknabenkarriere starten darf, während ihre nicht geringeren Talente nur privat vorgeführt werden dürfen. Aber sie nimmt dies ohne Bitterkeit hin und bleibt zumindest bei Härtling das fröhliche Naturell. Sternburg folgt ihm darin gern.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.08.2011

Leicht enttäuscht zeigt sich Michael Stallknecht von Peter Härtlings Porträt der Fanny Hensel. Das Bild, das der Autor von der begabten Komponistin, Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy, zeichnet, erscheint ihm zu einseitig. Zwar hält er die Darstellung der innigen Beziehung zwischen den Geschwistern psychologisch für meisterlich. Aber die Kehrseite von Härtlings Konzentration auf das Innenleben ist für ihn, dass die äußeren Umstände in ihrer Bedeutung generell zu kurz kommen. Ihm fehlt die insbesondere Einbettung in den Kontext der Zeit, z.B. im Blick auf die Stellung der Frau. Zudem hält er Härtling vor, Fanny als "biedere Hausfrau mit Eheproblemen" zu imaginieren, ihre künstlerische Seite, das Komponieren, den Austausch mit Heine, den Brüdern Humboldt, Liszt, Paganini und anderen aber weitgehend unter den Tisch fallen zu lassen. Sein Fazit: "Härtling zementiert jenes Bild von Fanny als Frau, das er beklagt".
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