Vorgeblättert

Leseprobe zu Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Bd. 7. Teil 1

29.08.2011.
Karl-Heinz L. beobachtet am 15. Juli 1941 gemeinsam mit anderen Wehrmachtsangehörigen die Massenerschießung von Juden in Libau (Liepaja) (1)

Handschriftl. Tagebuch von Karl-Heinz L., (2) Eintrag vom 15.7.1941 (3)

Libau, 15. Jl.
Ein drückender Sommertag geht zu Ende. Wir haben uns das Motorboot klargemacht und fahren hinüber an den Strand. Nach des Tages Dienst und Hitze tut ein kühles Bad unendlich wohl. Wir tummeln uns im Wasser und versuchen mit den kleinen lettischen Deerns anzubändeln. Aber alles hat ja auch mal sein Ende, und um 8 Uhr muß alles an Bord sein. Langsam schlendern wir zurück und stoßen unweit des Strandes auf einen Haufen Menschen, es sieht fast so aus, als ob hier etwas verschenkt wird. Auf den Bunkern, die hier liegen, überall drängt sich Marine und Militär. Die meisten im Bade- oder Sportzeug, gerade so wie sie vom Strand kommen.

Man denkt auf den ersten Blick, hier findet eine Sportveranstaltung statt. Ja, eine Sportveranstaltung, wenn auch etwas anderer Art. Wir sind auf dem Platz angelangt, auf dem allabendlich so und soviele Heckenschützen erschossen werden. Ein neben mir stehender Matrose erzählt, es kämen heute abend 45 Männer und 7 Frauen dran!! Auf meine Frage: es wäre doch an und für sich etwas geschmacklos, hier im Angesicht so vieler Soldaten die Exekution zu vollziehen? schüttelt er bloß mit dem Kopf.

Ringsum stehen Soldaten, ich schätze rund 600-800 Mann stehen hier um ihre grausame Neugier zu befriedigen. Es werden ja aber auch wohl sicher einige hier sein, die durch die Hand dieser Heckenschützen ihre besten Kameraden verloren haben, und denen kann man ja nachfühlen, daß sie diese Genugtuung mit ansehen möchten. Schräg vor mir liegt der ominöse Graben, der eine ziemliche Tiefe besitzt, die ich aber nicht feststellen kann.

Zigarettenrauchend und schwatzend stehen alle Besucher dieser "Zirkusvorstellung" da, als der erste Wagen eintrifft. Ein LKW; man sieht nur zwei Männer der lettischen Heimwehr(4) darauf sitzen.

Der Wagen stoppt. "Raus, raus", ertönts von einem SS-Mann, und plötzlich sehen wir 5 Mann Köpfe hochkommen. Irrsinnige Angst verzerrt ihr Gesicht. "Los, raus, dalli." Wer nicht so schnell hochkommt, dem wird mit dem Gummiknüttel nachgeholfen. Hierbei tut sich in hervorragender Weise gerade die Heimwehr hervor, diese Leute, die vielleicht allen Grund hätten, etwas vorsichtiger zu sein.(5) 5 Männer stehen jetzt vor dem Wagen. Soweit man erkennen kann sind 2 Juden darunter. "Vorwärts, laufen" heißt?s nun und die fünf Mann werden in ihr offenstehendes Grab getrieben. Der letzte, ein alter, ziemlich krummer Jude erhält noch einen Tritt in das Achterteil und landet mit Schwung im Graben. Hier und da ertönt ein rohes Lachen. Hier und dort recken sich Hälse, um nur ja nicht etwas von diesem Schauspiel zu entbehren. Die fünf Delinquenten stehen nun mit dem Kopf Gesicht an der Grabenwand. Was mag in diesem Moment in den Verurteilten vorgehen?

Inzwischen ist das Exekutivkommando auf den Grabenrand getreten. Es ist zehn Mann, es kommen also zwei Schützen auf jeden.(6) Ein SS-Feldwebel gibt das Kommando. "Fertigmachen!" Zehn Gewehre richten sich auf die Nacken der Verurteilten. "Feuer." Wie ein scharfer Peitschenknall hören sich die Schüsse an. Das Peloton tritt zurück. Man sieht, wie einige der Schützen sich sofort umdrehen, einige andere schauen interessiert in den Graben; in dem die Delinquenten zusammengesunken sind. Nun tritt der Feldwebel heran, in der Hand die Maschinenpistole. Aufmerksam schaut er auf die Toten. Das Peloton hat anscheinend gut gefeuert, er geht von einem zum anderen. Beim letzten endlich hebt er sein Gewehr, er zögert noch, da, ein ganz kurzer trockener Knall, und die Exekution ist vorbei. Ein Wink, und Heimwehrleute werfen auf, greifen zum Spaten und werfen Sand auf die Leichen. Alles geht ruckzuck. Die ganze Exekution hat nur wenige Minuten gedauert. Das Peloton steht zusammen, erzählend und rauchend. Ich studiere die Gesichter der Umstehenden. Teilnahmslosigkeit, Gleichgültig oder Befriedigung steht in ihnen geschrieben. Ein neben mir stehender, etwa 17-18jähriger Jüngling gibt seine Meinung zum besten. "Man müßte diese Banditen mit dem Bajonett totstechen, abstechen wie die Schweine." Auf meine Frage, ob er dieses Henkeramt übernehmen wolle, meint er naiv lächelnd: "Ja." Sic tibbi terra levi.(7) Hinter mir fragt einer, ob nicht bald eine neue Ladung käme!

Es sind ungefähr 10 Minuten vergangen, als daß da kommt der Wagen wieder. Es wiederholt sich alles. Runter vom Wagen, im Laufschritt rein in den Graben, und ein kurzer scharfer Knall. Und wieder sind fünf Leben ausgelöscht. Auf die Leichen der eben Erschossenen müssen sich die neuen Opfer stellen, ein kurzer scharfer Knall und schon sind wieder fünf Leben vorbei. Die Heimwehrleute werfen wieder Sand in den Graben und nun liegen schon zwei Schichten von Leichen da. Aber auf hierauf kommen noch einmal fünf Leichen, so daß immer drei Mann übereinanderliegen. Massengrab! Heute abend kommen nun noch so nach und nach kommt der Wagen nun noch dreimal wieder und lädt seine Opfer ab. Immer spielt sich das gleiche ab, eine Sache von Sekunden, so routiniert geht es. Einmal ist ein älterer, dicker Jude dazwischen, anscheinend ein Schlachter, er trägt noch eine weiße Schürze. Er kann nicht vom Wagen hochkommen, anscheinend hat er ein kaputtes oder steifes Bein. Ein Lette stößt ihn vom Auto herunter und wirft ihm seinen Stock hinterher. Rohes Lachen ertönt. Von zwei seiner Mitgefangenen getragen wankt er seinem Schicksal entgegen. Aus dem letzten Auto springt unter andern auch ein kleiner, schwarzer Jude, mit Backenbart und Gebetskäppi, herunter.(8) "Hier, der Rabbi als erster", ruft der Feldwebel des Pelotons. Im Graben will er sein Käppi noch auf den Rand hinauflegen, aber der Feldwebel herrscht ihn an, er solle sie sich vor die Füße legen. "Feuer" und auch der Rabbi ist hinüber. Fünfmal war das Auto gekommen, fünfundzwanzig Mann sind heute erschossen worden.

Langsam zerstreut sich alles. Wie mag es in dem Innern der Schützen aussehen? Abend für Abend diese Arbeit, das kann nur etwas sein für Leute, die von Natur Nerven wie Stahltaue besitzen. Auch wir begeben uns wieder auf den Heimweg, lachend und schwatzend unterhalten sich die Meisten und können sich nicht grausig genug das Erlebte ausmalen. Mir wird wahrscheinlich das Geschene ewig gegenwärtig bleiben. Es gehört zu dem Erlebten, das man nie vergessen wird.(9)
 
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Der Leiter der Einsatzgruppe B berichtet dem Oberkommando der Heeresgruppe Mitte im Juli 1941 über Massenmorde an Juden und Kommunisten (10)

Polizeilicher Tätigkeitsbericht (streng vertraulich) der Einsatzgruppe B, gez. Nebe, für die Zeit 9.-16.7.1941 an das Heeresgruppenkommando Mitte, o.D. [vor dem 20.7.1941] (11)

Abt. III (Polizeiliche Angelegenheiten) (12)
Nach weiteren Berichten aus Bialystok ist es wegen des starken Übergewichts der jüdischen Bevölkerung und wegen der Stumpfheit der Weißrussen nahezu unmöglich, Pogrome gegen die Juden zu veranlassen. Die dort befindlichen Unterstützungstrupps(13) stellen jedoch ihre Arbeit auf die Provozierung derartiger Pogrome ein, um dadurch eine Entlastung auf dem eigenen Arbeitsgebiet herbeizuführen. Durch Ansetzen von V-Männern und infolge enger Zusammenarbeit mit der Wehrmacht und der GFP [Geheimen Feldpolizei] konnten in Bialystok weitere 37 Personen festgenommen und auf Grund des gegen sie erstellten Beweismaterials liquidiert werden.(14) Es handelte sich um: 4 politische Kommissare der Roten Armee, 7 Russen wegen kommunistischer Agitation und begründeten Verdachts der feindseligen Betätigung im Rücken der deutschen Truppen, 3 Weißrussen (KP-Mitglieder) wegen kommunistischer Betätigung, 8 Polen wegen kommunistischer Betätigung und Plünderns, 12 Juden wegen kommunistischer Betätigung, deutschfeindlichen Verhaltens und Plünderns, 3 Polen - entsprungene Häftlinge - wegen Plünderns.

Neben diesen Liquidierten erfolgten weitere 15 Exekutionen aus gleichgelagerten Gründen. Die Kennzeichnung der Juden ist in dem Gebiet von Bialystok nunmehr restlos durchgeführt. Der jüdischen Bevölkerung wurde eine Kontribution in Höhe von 1 Million Rubel, 5 kg Gold und 100 kg Silber auferlegt.

Aus Nowogrodek wird von dem dortigen Unterstützungstrupp gemeldet, daß in der Nacht zum 8. und 9.7.41 irreguläres russisches Militär in Stärke von 60 bis 150 Mann den Ort passierte und sich in die ostwärts des Ortes gelegenen großen Waldungen begab, in denen sich noch starke russische Verbände aufhalten, die von Offizieren und roten Kommissaren geführt werden. Ein durch Nowogrodek ziehendes Kommando der Wehrmacht und ebenso die Feldkommandantur erhielten umgehend von dem Unterstützungstrupp die erforderlichen Mitteilungen, um gegen diese Partisanengruppe vorgehen zu können.

Nach einer Meldung des z.Zt. in Wilna befindlichen Ek [Einsatzkommando] (15) fand auf das Dienstgebäude der Polizei in der Nacht vom 12. auf 13.7. ein Feuerüberfall statt, durch den jedoch niemand verletzt wurde. Als Vergeltungsmaßnahme wurden 408 Juden festgenommen und nach Beschlagnahme ihres Vermögens erschossen. Am 15.7. wurde in Zusammenarbeit mit dem litauischen Ordnungsdienst eine gleiche Maßnahme gegen weitere 219 Juden durchgeführt. 202 vom litauischen Selbstschutz vor dem Einrücken der deutschen Truppen festgenommene Personen wurden dem Einsatzkommando überstellt, das sie z.Zt. überprüft. 7 Kommunisten, die bereits vorher von den litauischen Gerichten wegen kommunistischer Agitation zum Tode verurteilt worden waren, wurden nach Übergabe an das Ek liquidiert. Das gleiche geschah mit 6 von der GFP übergebenen russischen Gefangenen, die als bolschewistische Propaganda- und Schulungsleiter festgestellt werden konnten. In Podreczie, 24 km nördlich von Wilna, hatten Überfälle von Soldaten und Juden stattgefunden. Durch einen vom Ek abgestellten Trupp wurden darauf am 14.7. die um den genannten Ort liegenden Waldungen durchkämmt. Es wurde ein verlassenes Lager von ca. 40 bis 60 Personen aufgefunden. Nach Aussagen von 3 im Verlauf dieser Aktion aufgegriffenen russischen Soldaten waren die Urheber des Überfalls in unbekannter Richtung abgezogen. Obgleich das Kommando oft beschossen worden ist, sind bisher keine Verluste eingetreten. In Minsk wurden in der Zeit vom 14. bis 16.7.41 349 Angehörige der jüdischen Intelligenz als Vergeltungsmaßnahme wegen der täglich von Juden in Minsk vorgenommenen Brandstiftungen liquidiert. Weiter liquidiert wurden in der gleichen Zeit Andrei Kazlowski, sowjetrussischer Gemeindevorsteher in Zazelka, der überführt wurde, Angehörige seiner Gemeinde nach Sibirien verschickt und sich deren Vermögen angeeignet zu haben. K. war Mitglied der KP;
ferner die politischen Kommissare Sawarow Formas und Koslow Lew. Auf dem Gute Lachaza, Kreis Minsk, konnten der stellv. Güterdirektor Ilja Hawrylozyk (Weißrusse) und der jüdische Tierarzt Chaja Süßkind auf Grund von Angaben der Gutsangehörigen und eigener Geständnisse überführt werden, daß sie nach Abrücken der russischen Truppen sich 6 Gewehre beschafften und versuchten, eine Gruppe Heckenschützen zu organisieren. Das Unternehmen mißlang jedoch. H. und S. wurden gleichfalls am 16.7. liquidiert. Der sich noch im Minsker Zivilgefangenenlager befindliche Rest von 2500 Juden wird laufend weiter aussortiert.(16) Jüdische Intelligenz ist nicht mehr darunter, jedoch ist es gelungen, durch jüdische V-Personen ungefähr 100 jüdische Mitglieder der KP, Spitzel usw. festzustellen, die heute exekutiert werden. Soweit die noch im Lager vorhandenen Juden nicht unbedingt zu dringenden wirtschaftlichen Arbeiten benötigt werden, erfolgt weiter eine laufende Liquidierung.

Nach Berichten des in Baranowicze liegenden Ek (17) sind die sicherheitspolizeilichen Maßnahmen durch die eingesetzten V-Männer erheblich gefördert worden. Die Fahndungen und Erhebungen leiden aber noch unter dem gänzlichen oder teilweisen Fehlen der Melderegister. Die Aufstellung von Einwohnermeldelisten ist bereits angeordnet worden. Hemmend wirkt sich bei der Personenfahndung noch die Ansicht der Bevölkerung aus, daß die z.Zt. von der deutschen Wehrmacht besetzten Orte wieder von den Sowjets zurückerobert werden könnten. Die Bevölkerung wird jedoch durch öffentliche Anschläge zur Mitarbeit aufgefordert und ihre Furcht vor der Rückkehr der Sowjets durch entsprechende Hinweise zu zerstreuen versucht. Die bereits einlaufenden Anzeigen beweisen, daß die Weißrussen sich langsam an der Fahndung nach den Funktionären beteiligen. In Baranowizce, Slonim, Lachowicze, Stolpce und in der Umgebung dieser Städte wurden Razzien durchgeführt und 400 Festnahmen vorgenommen. Es wurden vorerst nach Überprüfung 39 Personen in Slonim und 21 in Baranowicze liquidiert.(18) Es handelt sich vornehmlich um Angehörige der kommunistischen-jüdischen Intelligenz sowie um Personen, die noch nach dem Rückzug der Sowjettruppen nachweislich versucht haben, mit den Sowjets in Verbindung zu bleiben, Spitzeldienste zu leisten und die Bevölkerung durch Wucher und Drohungen zu terrorisieren. Die Exekution dieser Personen wurde zur Abschreckung durch öffentlichen Anschlag bekanntgegeben. Der Rest der Festgenommenen wird z.Zt. noch überprüft. Im Zuge dieser Aktion wurde ein Pole exekutiert, der zwei Einwohner Slonims fälschlich der Unterstützung sowjetrussischer Truppen beschuldigt hatte. Ein vom Ek eingerichteter ziviler Ordnungsdienst unterstützt unsere Maßnahmen. Die Bildung eines abgeschlossenen jüdischen Wohnbezirks in den genannten Orten wurde in die Wege geleitet. Der nach Stolpce abgeordnete Sondertrupp konnte feststellen, daß sich in den Wäldern nördlich dieser Ortschaft Partisanengruppen befinden. Die Wehrmacht wurde sofort unterrichtet.

In Grodno wurden von dem dortigen Ek (19) weitere 16 Juden festgenommen, die nachweislich während der Sowjetherrschaft für den NKWD gearbeitet haben und nach dem Einmarsch der deutschen Truppen die Bevölkerung zum Widerstand gegen die deutsche Wehrmacht aufreizten. Sie wurden am 15.7. 41 mit weiteren 7 Juden aus Indura (1 komm. Jugendfunktionär und 6 Angehörige einer Räuberbande) liquidiert. Der gleichen Verbrechen wird eine größere Anzahl anderer Juden aus Grodno beschuldigt. (20) Ihre Überprüfung, Festnahme und Liquidierung erfolgt laufend. Ferner konnte das Ek 4 NKWD-Dienststellen ermitteln. In mehrfach versiegelten Briefen wurden Aufmarschpläne der russischen Armee für den Mob[ilisierungs]fall vorgefunden, die unverzüglich dem Ic der 87. Division übergeben wurden.

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(1) BArch, RM 123/2089. Abdruck in: Norbert Haase, "?eine Sportveranstaltung, wenn auch etwas anderer Art?" Der Mord an den Libauer Juden im Sommer 1941. Aus dem Tagebuch eines Augenzeugen, in: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums 30 (1991), S. 207 f.
(2) Karl-Heinz L. (*1919), Seemann; 1937 SA-Eintritt, im Juli 1941 Marinesoldat in Liepaja.
(3) Die sprachlichen Eigenheiten des Originals wurden beibehalten.
(4) Gemeint sind lett. Selbstschutzverbände, die in den ersten Tagen nach dem deutschen Überfall von ehemaligen Angehörigen der lett. Armee gegründet und von den Deutschen als Hilfstruppen übernommen wurden.
(5) Damit spielt der Autor auf die Kollaboration von Letten mit den sowj. Besatzern in den Jahren 1940/41 an.
(6) Die Männer wurden von einem Kommando des am 10.7.1941 eingesetzten SSPF Libau, Wolfgang Kügler (gest. 1959), erschossen; Ezergailis, The Holocaust in Latvia, S. 295 f.
(7) Korrekt muss es heißen: "Sit tibi terra levis" (lat.: Möge dir die Erde leicht sein; Grabinschrift).
(8) Möglicherweise Rabbiner Isser Polonski (*1870), den Küglers Männer am Tag zuvor verhaftet und gezwungen hatten, auf den Torah-Rollen der großen Choral-Synagoge herumzustampfen, bevor sie ihn am 15.7.1941 erschossen.
(9) Wenige Tage nach dieser Exekution forderte der Kommandant von Libau, Fregattenkapitän Dr. Hans Kawelmacher, 100 weitere SS-Männer und 50 Polizisten an, um die Exekutionen zu beschleunigen. Schon am 24.7. traf Viktor Arajs mit seinem lett. Exekutionskommando in Liepaja ein, dessen Angehörige in den folgenden beiden Tagen etwa 1100 jüdische Männer erschossen; Heinz-Ludger Borgert: Die Kriegsmarine und das Unternehmen "Barbarossa", in: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv, 7 (1999), Heft 1, S. 52-66.
(10) BStU, RHE 4/85, SU, Bd. 7, Bl. 172-175. Abdruck in: Johannes Hürter, Auf dem Weg zur Militäropposition. Tresckow, Gersdorff, der Vernichtungskrieg und der Judenmord. Neue Dokumente über das Verhältnis der Heeresgruppe Mitte zur Einsatzgruppe B im Jahr 1941, in: VfZ, 52 (2004), S. 527-562.
(11) Vermerk von unbekannter Hand am Kopf: "Streng vertraulich. Hptm. Henrici zur persönlichen Information" und: "O.B., Chef, Ia, Ib" (Verteiler von Rudolf-Christoph von Gersdorff). Am Kopf des Dokuments befinden sich die auf den 20.-22.7. datierten Paraphen folgender Personen: Fedor von Bock; Hans von Greiffenberg (1893-1951), Chef des Generalstabs der H.Gr.B/Mitte; Henning von Tresckow (1901-1944), Ia der H.Gr.B/Mitte,; Günther von Gericke, Ib der H.Gr.B/Mitte; Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff, Leiter der Ic-Abt. H.Gr. Mitte. Laufende Randvermerke Gersdorffs über die Zahl der Liquidierten, mit Gesamtzahl am Ende des Dokuments: 1330. Dort befinden sich auch zwei Paraphen von unbekannter Hand vom 18.7. und der Vermerk z.d.A.
(12) Abt. III war die Gestapo.
(13) Möglicherweise sind damit Trupps des Ek z.b.V. gemeint, die von Polizeidienststellen des Generalgouvernements entsandt wurden.
(14) Bis zum 9.7.1941 hatten Angehörige der Sipo und des Polizeibataillons 309 in Bialystok bereits mindestens 2000 Juden ermordet.
(15) Dort operierte seit dem 2.7.1941 das Ek 9 unter Albert Filbert.
(16) In Minsk waren nach Einmarsch der Wehrmacht alle Männer im wehrfähigen Alter in einem Lager der Wehrmacht interniert worden.
(17) Ek 8 unter Dr. Otto Bradfisch.
(18) Am 17.7.1941 erschossen Angehörige eines Teilkommandos des Ek 8 und des Polizeibataillons 316 in Slonim 1159 Männer im Alter von 18 bis 50 Jahren, am 18.7.1941 ermordeten Angehörige eines andereren Teilkommandos des Ek 8 in Baranovici 381 Juden; BArch, R 58/214, Bl. 17-29, hier Bl. 20 f., EM Nr. 32 vom 24.7.1941.
(19) Gemeint ist ein Teilkommando des Ek 9.
(20) Nebe hatte bereits eine Woche zuvor gemeldet, dass in Grodno "in den ersten Tagen nur 96 Juden exekutiert wurden" und er befohlen habe, "hier erheblich zu intensivieren"; BArch, R 58/215, Bl. 17-30, EM Nr. 21 vom 13.7.1941.

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