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Wolf Jobst Siedler: Wir waren noch einmal davongekommen

Ausgewählte Leseproben.
17.09.2004. Der junge Heinrich Böll besucht Wolf Jobst Siedler in dessen Dahlemer Elternhaus, Siedler verleiht als Juryvorsitzender Martin Walser seinen ersten Literaturpreis, im Kolbe-Haus trifft er den damals halbverfemten Gottfried Benn, der aus ungedruckten Gedichten liest.... Lesen Sie einen Auszug aus den Erinnerungen des letzten Berliner Bürgers Wolf Jobst Siedler: "Wir waren noch einmal davongekommen"
Wolf Jobst Siedler: Wir waren noch einmal davongekommen

Siedler Verlag, München 2004
496 Seiten, gebunden, Euro 24,90

Erscheint am 28. September 2004

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Klappentext:
Als der 21-jährige Wolf Jobst Siedler 1947 aus der Kriegsgefangenschaft nach Berlin zurückkehrt, ist die ehemalige Reichshauptstadt eine in Trümmern liegende "Viermächtestadt". Aber selten war das intellektuelle Leben so aufregend, und Siedler hatte daran teil. Im Osten ging er in die Premiere von Bertolt Brechts "Mutter Courage", im Westen in die deutsche Uraufführung von Sartres "Fliegen" und Thornton Wilders "Wir sind noch einmal davongekommen", die Sensation der damaligen Berliner Theatersaison. Für noch mehr Furore sorgten damals junge Autoren, und das Buch erzählt von ihnen. Der junge Heinrich Böll besucht Wolf Jobst Siedler in dessen Dahlemer Elternhaus. Siedler verleiht als Juryvorsitzender Martin Walser seinen ersten Literaturpreis für den Roman "Ehen in Philippsburg", im Kolbe-Haus trifft er den damals halbverfemten Gottfried Benn, der aus ungedruckten Gedichten liest.
Als Panzer den Aufstand vom 17. Juni gerade niedergeschlagen haben, wird Siedler 1953 zum Sekretär des "Kongresses für die kulturelle Freiheit" bestellt. Mit 29 Jahren leitet er das Feuilleton des "Tagesspiegels" und wird zu einem Schrittmacher im literarischen und kulturellen Leben der geteilten Stadt. Er erzählt seine Begegnungen: mit Thomas Mann in Bad Gastein, mit Konrad Adenauer im Hotel am Zoo, er erinnert sich an Hannah Arendt und Verhandlungen mit Martin Heidegger, an Ernst Jünger und an ein Autorengespräch mit Carl Schmitt. Die legendären Berliner Lokalitäten lässt der Autor vor seinem inneren Auge Revue passieren. Episoden wechseln sich ab mit unvergesslichen Begegnungen und prägenden Lektüren.
Wenn die Literaturkritik bislang den Berlin-Roman vermisste, hier findet sie ihn: freilich ein Roman mit einem strengen Realitätsprinzip. Mit leidenschaftlicher Skepsis hat Wolf Jobst Siedler immer wieder auf Versäumnisse und Fehlentwicklungen hingewiesen. Sein Buch "Die gemordete Stadt" sorgte 1964 für Furore. Neben die Kritik tritt der Spaziergang über die "Pfaueninsel": zwei Facetten einer Stadt, deren Zukunft Wolf Jobst Siedler uns in ihrer Vergangenheit entschlüsselt.

Zum Autor:
Wolf Jobst Siedler, 1926 in Berlin geboren, wurde in den fünfziger Jahren einer der bedeutendsten Publizisten und Verleger Deutschlands. Er leitete fast zwanzig Jahre die Verlage Ullstein und Propyläen und von 1980 bis 1998 den von ihm gegründeten Siedler Verlag, dem er bis heute mit Rat und Tat zur Seite steht. Siedler ist durch zahlreiche Aufsätze und Bücher als Kritiker und Kommentator der politischen Zustände Deutschlands hervorgetreten. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem dem Großen Schinkel-Preis und dem Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik, ausgezeichnet. Im Herbst 2000 erschien der erste Band seiner Erinnerungen "Ein Leben wird besichtigt".